Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
Vom Netzwerk:
gehen Sie nach Hause.«
    »Großvater hält große Stücke auf Sie, Senhor Finch«, fuhr sie unbeirrt fort.
    Der Pilot seufzte. »Soll ich mich jetzt geehrt fühlen?«
    »Ja.« Ihre Antwort war eine einfache Feststellung. Kein Pathos, keine Überheblichkeit. Das brachte Finch etwas aus dem Konzept.
    »Außer der Tatsache, dass er über jede Menge Geld verfügen muss, weiß ich nichts über Ihren Großvater«, gab er zu bedenken.
    »Dann sind wir bereits zwei«, sagte Fiona leise. »Ich kann Ihnen zwar über seine Krankheit berichten, über seine Ehe mit meiner Großmutter, die vorbildlich war, aber das ist auch schon alles. Ich habe keine Ahnung von der Vergangenheit des alten Mannes im Rollstuhl.«
    »Sie waren es doch, die mir erzählt hat, dass er in den letzten zehn Jahren nur mit wenigen Menschen gesprochen hat«, erinnerte sie Finch mit einem ärgerlichen Unterton.
    Die Frau neben ihm winkte ab. »Das habe ich nicht gemeint. Aber in unserer Familie wurde nie ein einziges Wort darüber verloren, was mein Großvater in Europa machte, damals, bevor er nach Südamerika kam.«
    Finch schwieg und lauschte den Geräuschen der Nacht.
    »Was hat er Ihnen angeboten?« Sie ließ nicht locker.
    »Fünf Millionen Dollar und einen stilvollen Tod.«
    Fiona versuchte erst gar nicht, ihre Überraschung zu verbergen. »Fünf Millionen? Das ist … Wahnsinn … Das …«
    »Zum zweiten Teil des Deals fällt Ihnen nichts ein?«, unterbrach er sie ungehalten. »Schlafen Sie gut, Fiona, ich sehe wirklich nicht, wohin das führen soll. Wenn Ihr Großvater einen Selbstmörder sucht, dann bin ich eindeutig der Falsche. Dazu liebe ich das Leben zu sehr. Ich war schon immer ein Anhänger des kalkulierten Risikos, sonst stünde ich nicht mehr hier.«
    »Und Sie waren stets ein Geschäftsmann«, ergänzte die junge Frau, »der den Wert eines Angebots zu schätzen wusste. Wie viele Menschen sollen Sie umbringen für diese Summe?«
    »Ihr Großvater meinte, ich solle für ihn arbeiten. Einiges herausfinden, wie er es nannte.« Finch versenkte seine Hände tief in den Taschen der Cargo-Hose. »Wenn ich annehme, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist, dann habe ich gerade gar keine Lust, Titanic zu spielen.«
    »Das kann ich verstehen«, antwortete Fiona nachdenklich.
    Hinter ihnen sprang die Tür auf, und die drei volltrunkenen Matrosen drängten aus der Bar. Sie konnten sich kaum mehr auf den Beinen halten. Einer zeigte mit ausgestrecktem Arm auf Finch und Fiona, machte eine unflätige Bemerkung über die junge Frau und ihren grauhaarigen Gesprächspartner, bevor alle drei laut lachend davontorkelten und in der Dunkelheit verschwanden.
    »Andererseits …«, setzte der Pilot an und warf den drei Matrosen einen eher belustigten Blick hinterher, »andererseits wird es vielleicht wirklich Zeit, dieses Kaff mit einer etwas kultivierteren Gegend zu vertauschen.«
    »Wie damals in Kairo?«, stichelte die junge Frau lächelnd.
    »Das ist eine andere Geschichte.« Er überlegte kurz. »Ach was, richten Sie Ihrem Großvater aus, dass ich sein Angebot annehme. Ich lege zwar noch keinen Wert auf meinen Tod, aber die fünf Millionen könnten mir den Weg dahin pflastern. Ich erwarte seine Instruktionen morgen früh.«
    Fiona sah ihn für einen Moment ausdruckslos an. Dann, ohne ihn aus den Augen zu lassen, griff sie in ihre Jacke, zog langsam einen weißen Umschlag hervor und hielt ihn dem Piloten hin.
    »Es ist morgen früh«, meinte sie leise. Damit drehte sie sich um und ließ einen verblüfften John Finch stehen, der sich fragte, ob sein Schutzengel nicht gerade ins Koma gefallen war.

Nuestra Señora de Fatima,
Medellín/Kolumbien
    Das Handy läutete, und der durchdringende Klingelton holte Alfredo aus seiner tiefen Bewusstlosigkeit. Hitze wogte in Wellen durch seinen Körper, ausgehend von der Schusswunde an der Hüfte. Gleich darauf schüttelten ihn Kälteschauer. Seine Hände tasteten zitternd nach dem Mobiltelefon. Als er versuchte, die Nummer oder den Namen des Anrufers zu erkennen, verschwammen die Buchstaben vor seinen Augen.
    Mit einem Krächzen nahm er das Gespräch an. Bei jeder Bewegung zündete eine kleine Explosion in seiner Hüfte. Der Sicario sank zurück auf das raue Flachdach des Kirchturms und versuchte, still zu liegen. Er drückte das Handy mit beiden Händen an sein Ohr wie eine Lebensader, durch die auf wundersame Weise seine Rettung kommen würde.
    Ein Vorhang aus dicht gesponnener Watte schien seinen Kopf zu umgeben. Die

Weitere Kostenlose Bücher