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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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wohnt? Du meinst in diesem Haus?«
    Vincente nickte und wartete.
    Sie legte einen Finger an ihre Lippen und dachte kurz nach. »Ich bin auch noch nicht so lange hier, höchstens drei Monate länger als du. Aber frag einmal Señor Botero, hinten im Gartenhaus. Der muss ja schon auf die hundert zugehen und schielt noch immer den Weibern hinterher«, kicherte sie. Dann machte sie mit einem Finger ein kreisendes Zeichen an ihrer Schläfe. »Und ein wenig loco ist er auch …«
    Sein Weg auf die Rückseite des Gartens führte Vincente an den überfüllten Müllcontainern vorbei, an skelettierten Fahrrädern und bemoosten Reifenstapeln, aus denen Gras wuchs. Er war noch nie hier gewesen. Die Fenster von Alfredos Wohnung gingen nach vorn auf die Straße hinaus. Der Garten war Neuland, und von einem Gartenhaus hatte Vincente noch nie gehört.
    Je weiter er auf dem schmalen Weg vordrang, Zweige zur Seite schob und Brennnesselstauden auswich, umso dichter wurde die Vegetation links und rechts. Dann, mit einem Mal, sah er das kleine Haus, an dessen Mauer Orchideen blühten. Es war ein niedriger, gedrungener Bau, vielleicht eine alte Garage oder ein Pferdestall, mit grünen Fensterläden und einem Flachdach, auf dem unzählige Blumentöpfe standen.
    Vincente schnupperte. Der Duft von Kaffee lag in der Luft. Drei ausgebleichte Stühle mit durchhängender, geflochtener Sitzfläche waren um einen weißen, runden Tisch aus Gusseisen gruppiert, auf dem eine Laterne stand, wie man sie aus den alten Cowboy-Filmen kannte.
    Auf einem der Sessel lag eine rot getigerte Katze und beobachtete den Eindringling durch halbgeschlossene Augen. Alles sah überraschend sauber und gepflegt aus. Wenn Señor Botero tatsächlich bereits im Greisenalter war, dann musste er ein rüstiger und ordnungsliebender Greis sein, dachte Vincente und betrat vorsichtig durch eine sehr schmale, aber offen stehende Tür einen kleinen, fensterlosen Vorraum. Es war dunkel, und sein Körper schirmte noch zusätzlich das Tageslicht ab. Der Geruch von verloschenen Kerzen und frisch gebrühtem Kaffee lag in der Luft.
    Im ersten Moment sah Vincente gar nichts. Er zögerte, versuchte seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, lauschte, aber alles blieb stumm. Kein Laut war aus dem Inneren des kleinen Häuschens zu hören. Vielleicht sollte er sich bemerkbar machen, aber er wollte andererseits nicht den womöglich schreckhaften alten Bewohner mit seinen Urmenschlauten verstören.
    Also hob er die Hand, um an den Rahmen der Eingangstür zu klopfen, als ihn ein sirrendes Geräusch erstarren ließ. Einen Wimpernschlag später presste sich die Spitze einer langen Klinge an seinen Hals, kraftvoll und mit Nachdruck, während eine skurril hohe Stimme über ihm »Entert die Schaluppe! Entert die Schaluppe!« kreischte. Dazu ertönte ein tiefes Lachen aus dem Dunkel neben ihm.
    Vincente standen die Haare zu Berge.
    »Willkommen auf meinem Schiff«, flüsterte jemand, während sich der Druck auf die Spitze an seinem Hals verstärkte. »Der Fliegende Holländer ist eine Ausflugsjacht im Vergleich zu dieser Brigg und Davy Jones ein Wohltäter der Menschheit … gegen mich!« Die letzte Silbe des Wortes klang wie das Fauchen einer Wildkatze.
    Das Gekreische über seinem Kopf ging schon wieder los. »Kielholen! Auspeitschen!«
    »Vielleicht gar keine schlechte Idee.« Diese zischelnde, leise Stimme klang gefährlicher als jede Drohung, die Vincente in seinem Leben je gehört hatte. Und der Unterton von schleichendem Irrsinn machte alles nur noch schlimmer.
    »Hast du die Sprache verloren, junger Freibeuter?«, klang es spöttisch aus der Dunkelheit. »Bist du auf deinen Raubzügen an die falsche Adresse geraten? Hat dich keiner gewarnt?«
    Vincente wollte verneinend den Kopf drehen, spürte den Stahl an seinem Hals und ließ es besser bleiben.
    Das Geräusch eines Streichholzes durchdrang das Dunkel, und mit einem Mal wurde es heller in dem kleinen Vorraum. Direkt vor sich sah Vincente eine Wand mit mehreren Ölbildern.
    Es waren Erhängte in den verschiedensten Stadien der Verwesung.
    Davor baumelte eine große Schlinge aus einem dicken Seil. Im flackernden Kerzenlicht schien das Tau zu leben und sich zu bewegen.
    »Man nannte es den Tanz am Hanfstrick«, flüsterte die Stimme. »Die Strafe für Piraten, die man gefangen nahm und verurteilte. Nachdem das Zucken aufgehört hatte, ließ man den Leichnam für drei Gezeiten am Galgen hängen, zur Abschreckung.« Das kichernde Lachen ging

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