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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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dachtest? Und bei der Gelegenheit wolltest du dir auch gleich noch die Taschen füllen, du verfluchter Piratenjäger«, zischte Señor Botero unbeeindruckt.
    »Schach und matt«, kam da die spöttische Stimme von Fiona durch den Eingang. »Wie wär’s zur Abwechslung mit höflich fragen, Senhor Finch?«
    »Frau an Bord!«, kreischte Sparrow aus der Dunkelheit, flog auf und segelte an Finchs Kopf vorbei durch die Tür in den Garten, wo er sich auf das Flachdach zurückzog und Fiona interessiert beäugte.
    »Böttcher sagtest du?« Señor Botero ließ den Säbel sinken. »Was willst du von Böttcher? Der ist schon lange tot.«
    Fiona, die vor dem Haus stehen geblieben war, sah Vincente forschend an, aber der schüttelte nur den Kopf. Er deutete in die Dunkelheit des Vorraums und nickte bestätigend.
    »Señor Böttcher, mein Name ist Fiona Klausner, und der Mann, dem Sie beinahe die Kehle durchgeschnitten hätten, heißt John Finch. Mein Großvater hat uns geschickt, um Sie zu finden.« Fiona zog in aller Ruhe einen Gartensessel heran und setzte sich. »Ich würde vorschlagen, Sie kommen heraus, und wir genehmigen uns erst einmal einen Kaffee. Wir hatten nämlich noch kein Frühstück heute.«

La Candelaria,
Bogotá/Kolumbien
    Der Totenkopf auf dem Ring schien Georg Gruber herausfordernd anzugrinsen.
    »Ein schönes Stück, wirklich!« Die schmale, zerbrechlich wirkende Frau hinter dem Tresen strahlte Gruber an. »Diese Ringe sind selten geworden«, stellte sie geschäftig fest, »die meisten sind miserable Kopien aus Polen oder Fernost. Aber dieser hier …« Sie nahm ihn von der Glasplatte und drehte ihn vorsichtig zwischen den Fingern.
    »Können Sie mir etwas dazu erzählen?«
    Georg Gruber hatte auf dem Weg in die Agentur einen Abstecher nach La Candelaria, ins historische Zentrum von Bogotá, unternommen, weil er sich in einem der zahlreichen Antiquitätenläden rund um den Palacio de San Carlos Aufschluss über den Ring versprach. Nach zwei vergeblichen Anläufen in Geschäften, deren Besitzer gleich abwinkten, weil sie keine Ahnung hatten, schickte ihn ein Dritter in eine schmale Nebenstraße nahe der Freien Universität. »Gehen Sie zu Señora Valeria, die hat sich auf solche Dinge spezialisiert. Der kleine Laden mit der blauen Eingangstür, Sie können ihn nicht verfehlen.«
    Nun stand er Señora Valeria gegenüber, einer Mittfünfzigern mit randloser Brille, durch deren Gläser die kleinen dunklen Knopfaugen etwas fragend in die Welt blickten. Doch der Eindruck täuschte. Antiquitätenhändlerin in dritter Generation, hatte Valeria das Handwerk von ihrem Großvater Juan Mendez gelernt, der am Ende des Ersten Weltkriegs die Zeichen der Zeit erkannt hatte und auf Militaria umgestiegen war. Die nächsten dreißig Jahre hatten sein kleines Geschäft in ganz Kolumbien bekannt gemacht. Nach 1945 war Mendez & Sons für Sammler in aller Welt zur anerkannten Autorität in Sachen Devotionalien des Dritten Reichs avanciert. Zwanzig Jahre später hatte Juan das Geschäft seinem Sohn übergeben, eine große Hazienda in den Bergen gekauft und sich zurückgezogen.
    Nach dem frühen Tod ihres Vaters stand nun Señora Valeria Mendez seit sechzehn Jahren an der Spitze eines Versandgeschäfts, das Militaria-Liebhaber in der ganzen Welt mit ausgesuchten Stücken versorgte.
    Der kleine Laden war eine Goldgrube.
    »Was möchten Sie denn wissen?«, lächelte die Antiquitätenhändlerin, holte ein Silberputztuch aus einer Schublade und begann den alten Ring zu polieren. »Ich könnte stundenlang Geschichten über Totenkopfringe erzählen, aber ich möchte Sie nicht langweilen.«
    »Das tun Sie keineswegs«, wehrte Gruber ab und stützte sich auf die Ladentheke. »Genau deswegen bin ich zu Ihnen gekommen.«
    Die Knopfaugen hinter den Brillengläsern blitzten auf. »Dann lassen Sie mich ein wenig ausholen. Dieser Totenkopfring oder SS -Ehrenring war ursprünglich von Reichsleiter- SS Heinrich Himmler als eine private Auszeichnung gedacht. Er sollte allen SS -Angehörigen mit einer Mitgliedsnummer unter 5000 verliehen werden.« Señora Valeria machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber wie meist im Dritten Reich wurde dieser strikte Ansatz bald verwässert. Es dauerte nicht lange, und der Ring wurde generell an alle SS -Angehörigen verliehen, die erfolgreich die › SS -Führerschule‹ abgeschlossen hatten. Im Zweiten Weltkrieg trug bereits das gesamte SS -Führerkorps einschließlich der Offiziere der Waffen- SS und der Gestapo

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