Falsch
dass wir Sie so schnell gefunden haben«, antwortete Finch. »Ich hatte mich schon auf eine wochenlange Suche eingestellt.«
»Willi also«, murmelte Böttcher und nickte nachdenklich, »der gute alte Willi. Er war immer der Zäheste von uns. Der Spruch mit Kruppstahl und Leder war für ihn geschaffen worden. Wo lebt er jetzt? «
»Im Dschungel des Amazonas, am Oberlauf des Rio Negro«, antwortete Finch und leerte seine Tasse.
»Bei den Wilden?«, fuhr Böttcher auf und lachte kurz. »Da gibt es doch nichts außer Urwald, Schlangen, ein paar Eingeborenen mit Blasrohren und die Aussicht auf ein einsames Begräbnis.«
»Fast korrekt«, lächelte Fiona, während sie noch immer tippte.
»Sie werden es bald mit eigenen Augen sehen«, meinte Finch trocken. »Wie lange brauchen Sie zum Packen?«
»Wie lange brauchen Sie zum Packen!«, äffte Böttcher ihn nach. »Wer sagt Ihnen, dass ich überhaupt irgendwohin gehe? Wer sind Sie denn? Ich kenne keinen von Ihnen. Sie kommen hierher, nennen einen Namen und glauben, ich falle darauf rein?«
Finch runzelte die Stirn. Dass es nicht einfach werden würde, hatte er angenommen. Aber so, wie es aussah, würde es eher noch schwieriger werden. Alte, starrsinnige Männer standen auf seiner Prioritätenliste nicht unbedingt ganz oben.
»Señor Böttcher, ich nehme an, Sie haben vor kurzem einen Hinweis bekommen. Eine Brieftaube hat ihn gebracht.« Fiona legte Ihr Handy zurück und schaute den alten Mann auffordernd an. »Mein Großvater hat ebenfalls gefiederten Besuch erhalten. Eine dritte Taube soll in Bogotá gelandet sein. Señor Finch hier ist beauftragt worden, alle Hinweise und ihre Empfänger auf das Anwesen meines Großvaters zu bringen. Er versucht nur, seinen Job zu machen.«
»Ach was«, gab Böttcher halsstarrig zurück. »Vielleicht stecken Sie ja mit Señor Finch unter einer Decke? Erzählen können Sie mir viel! Aber können Sie es auch beweisen?«
»Ich habe mir gedacht, dass Sie das sagen werden. Deshalb habe ich meinem Großvater eine SMS geschickt und ihn gebeten, mich zurückzurufen.« Wie auf Bestellung meldete sich das Handy mit einem melodischen Klingelton. »Das wird er sein. Ihr Gespräch, Señor Böttcher.«
Der alte Mann musterte das kleine schwarze Telefon mit misstrauischem Blick. Er kratzte sich an der Wange, dann schoss schließlich seine Hand vor, und er nahm das Gespräch mit einem »Ja?« an.
Gut eine Minute lang hörte er wortlos zu.
Vincente beobachtete ihn aufmerksam, während John Finch leise mit Fiona konferierte. Böttchers Gesicht blieb erst unbewegt. Dann geschah etwas, das Vincente tief berührte. Eine Träne lief über die Wange des alten Piraten und zog eine silberne Spur bis in seinen struppigen Bart. Er sagte nur ein einziges Wort: »Willi.« Anschließend stand er auf, das Handy immer noch am Ohr, und ging langsam ins Haus.
»Wir fliegen am besten von hier nach Bogotá und suchen nach den Grubers«, schlug Finch vor. »Dann bringen wir alle gemeinsam zu Ihrem Großvater. Morgen, spätestens übermorgen, sollten wir wieder am Rio Negro sein.«
»Vergessen Sie nicht, dass wir Gruber erst finden müssen«, gab Fiona zu bedenken. »Oder seine Nachfahren. Das kann schwierig werden. Haben Sie Kontakte in der Hauptstadt?«
»Einen alten Polizisten, dessen Familie aus São Gabriel da Cachoeira stammt und der vor langer Zeit nach Bogotá zog, um sein Glück zu versuchen«, antwortete Finch. »Er landete bei der städtischen Polizei und machte Karriere, bevor er angeschossen wurde und in Frühpension ging. Jetzt widmet er sich nur mehr seinem Hobby, dem Fischen. Ich habe ihn ein paarmal im Amazonas-Gebiet zu den Fischgründen geflogen.«
»Das klingt gut«, gab Fiona zu. »Also haben wir reelle Chancen, dass wir die Grubers rasch finden, wenn sie noch in Bogotá sind. Wenn Böttcher das Telefonat beendet hat, machen wir uns auf den Weg.«
Eine Handbewegung von Vincente unterbrach sie. Er legte den Finger auf die Lippen und schien angestrengt zu lauschen. Finch sah den Jungen fragend an.
Lautlos stand Vincente auf und blickte sich vorsichtig um, dann bedeutete er Fiona und Finch, an ihren Plätzen zu bleiben, und verschwand zwischen den Gebüschen des Gartens.
Sparrow flog auf und segelte ebenfalls in Richtung Haupthaus. Aus dem Inneren des Gartenhauses hörte Finch den alten Mann telefonieren.
Alles schien ruhig und friedlich, und doch …
John Finch versuchte, ungewöhnliche Geräusche aus dem leisen Umgebungslärm der Stadt
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