Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
wären wie
Roboter auf immer wiederkehrende Vorgänge – einschließlich
ihrer eigenen Kräftereproduktion – programmiert, Männer wie
Frauen. „Also“, hatte der Fahrer gesagt, „nicht mehr Idioten
machen sie, die sie uns nach dem Überrollen eines Gebiets
hinterlassen, sondern
eine Art Arbeitstiere, die hart für sie
schuften müssen.“ Niemand wüsste, was man in dieser Anlage
herstellte. Aus der Entfernung hätte man die Vorgänge
beobachtet, denn eigenartigerweise gelänge es, die besetzten
Areale in großer Höhe mit Flugzeugen zu überfliegen. Dorthin
reichten ihre Blitze und die Strahlen wahrscheinlich bisher
nicht. Deshalb also die vorgesehenen Bombardierungen.
    „Es wird nicht lange dauern“, dachte ich bei diesem Gespräch,
„und sie können ihre Strahlen auch gegen noch so
hoch
fliegende Flugzeuge fokussieren.“
    Am Zug gab es Streit. Noch immer strömten die Evakuierten,
wurden offenbar in die Waggons gepfercht. Das Militär hatte
sehr schnell traditionelle Privilegien hervorgekramt und sich in
jedem Zug Sonderabteile reserviert.
    Wenig später jedoch wies man eine junge Mutter mit einem
Säugling auf dem Arm und einem Rucksack in mein Abteil. Ich
half, das Gepäck zu verstauen. Das Kind greinte, ließ sich weder
durch Wiegen noch gutes Zureden beruhigen. Schließlich legte es
die Frau an die Brust. Und gierig stillte der kleine Mensch
seinen Hunger. Wenig später schlief er friedlich in den Armen
seiner Mutter ein.
    Ich nahm das Bild in mir auf. Mich durchzogen Wehmut und
Trauer. Was würde aus den Menschen werden in diesen Zeiten?
Ich glaubte nicht mehr daran, dass es gelingen konnte, die
Aggressoren zum Stehen, gar zum Rückzug und zum Verlassen
der Erde zu bringen. Wir waren bereits, wenn auch auf einem
vergleichsweise winzigen Stück des Planeten, völlig von ihrem
Willen abhängig, ihnen unterworfen. Und die Erde würde in
einigen Jahrzehnten so sein, wie sie es wollten. Parallelen
fielen mir ein: Hatten nicht jene, die als erste Menschen die
Atombombe besaßen, Ähnliches beabsichtigt? Also sind die
Fremdlinge vielleicht deshalb so menschenverachtend, weil sie
die Macht haben. Wenn es ihnen gefällt, dass von uns welche
überleben, dann wird es so sein, wenn nicht, eben nicht. Ich
dachte an meine Auseinandersetzung mit Dagmar. Und indem ich
mich erinnerte, packte mich erneut Ärger. Hatte sie nicht genug
erlebt? Ich dachte an die Order, derentwegen ich unterwegs war
und die den Streit ausgelöst hatte. Nach Rostock zum Auswerten
des in der Gefangenschaft Erlebten! Ich sei der einzige, der
unbeschadet so etwas überstanden habe, und ich könne
außerdem Angaben zu dem von mir erbeuteten Werfer machen.
Ich hatte mir vorgestellt, dass gerade dieses Mitbringsel beitrüge,
mir und Dagmar einen längeren Urlaub zu verschaffen. War
man dann erst einmal fort von der Truppe…
    Die letzten Erlebnisse hatten mir deutlich gemacht, dass ich mit
dem eigenen Untergang spielte. Ich sah nunmehr die einzige
Überlebenschance darin, den Mördern so lange wie möglich
auszuweichen.
    Aber natürlich hatte man gegen den Urlaub Bedenken, man
wies auf unmittelbar bevorstehende Entscheidungen hin, die
einfach dazu zwängen, allem, was man bisher von ihnen wusste,
nachzugehen. Und ich wisse, noch nie sei jemand aus der
Gefangenschaft zurückgekehrt. Ich konnte es schon nicht mehr
hören! Eine Beurteilung durch Experten sei unumgänglich, das
müsse ich doch verstehen. Und bringe man erst den Werfer in
Gang, könne ihn gar nachbauen, sei man ihnen wenigstens
darin ebenbürtig. Und es sei mein Verdienst, dass die
Menschheit nun diese Waffe besitze. Man erwarte da schon,
dass ich mich nun auch weiter engagiere. Später werde man
natürlich die Verdienste in geeigneter Weise zu würdigen wissen.
Da sei ja auf dem Konto bereits der Abschuss des Diskus, ja,
man habe das nicht vergessen…Nun, das alles war sicher
ärgerlich, aber irgendwie zu überstehen. Ich war ja einsichtig.
Schließlich musste ich sogar damit rechnen, dass die Führung in
solcher Lage berechtigt Bedenken äußerte. Aber dass dann
Dagmar, die vor Angst beinahe in ein Trauma gefallen war, in
dasselbe Horn stieß, damit hatte ich nicht gerechnet. Ob ich
denn den Werfer gar vorsätzlich mitgenommen hätte, um mich
von der Truppe loszukaufen? Sie habe meinen Mut bewundert,
schlotternd vor Angst unter der Rampe, habe mir Vorwürfe
gemacht, dass ich so die Gefahr verlängern würde. Nur weil sie
darin ein

Weitere Kostenlose Bücher