Falsche Brüder
Bögen mit Folie überdeckt, als
plötzlich ein Schatten auf mich fiel.
Neben uns setzte ein Schweber auf, ein kleiner, wie ich ihn nie
gesehen hatte. Eine Kugel glitt heraus, kam auf mich zu und
fragte
– ja fragte im Tonfall einer Frage: „Du
bist
Wachsexperte?“
Ich lächelte und log: „Ja – wir sagen Landwirtschaft.“
„Ich bin es auch.“
Mir fuhr ein gelinder Schreck in die Glieder. Wenn dieser jetzt
zu fachsimpeln begann, konnte es eine Frage von Minuten sein,
bis er mich bloßstellte.
„Es sind gewisse“, er zögerte, „Forschungsarbeiten zu
verkürzen. Du wirst daran mitarbeiten.“
„Sehr wohl, Chef“, dachte ich sarkastisch. „Ob ich will, ist
absolute Nebensache.“
„Ab wann?“, fragte ich.
Es entstand eine Pause.
„Wie meinst du das?“, fragte er. „Natürlich ab – jetzt.“
Wieder spürte ich, wie eine Wärmewelle der Angst mich
durchströmte. „Zeit gewinnen“, dachte ich. „Wenn es sich zum
Beispiel um Bodenanalysen handelt, müsste ich einige Materialien
haben, Reagenzien, ein Mikroskop…“ Fieberhaft gingen meine
Gedanken, was ich noch benötigte; „Wichtig ist, zu wissen, was
dort wachsen soll, welchen Bedarf die Pflanzen haben.“
„Gut, das verstehe ich. Wie lange brauchst du, um diese Dinge
zu besorgen?“
Ich atmete auf. „Ich bin euer Gefangener und nicht Herr
meines Tuns.“
„Du bekommst einen Begleiter und ein Bewegzeug – für das
Gebiet, in dem wir sind.“
„Zwei Tage.“
„Das ist zu viel. Morgen – nach der Mitte des Tages begeben
wir uns zur Basis.“ Er stand einen Augenblick unbeweglich, als
dächte er nach. Wahrscheinlich sprach er mit den Seinen, denn er
trollte sich, als eine andere grüne Kugel anschwebte. Diese blieb
stumm, aber stets in unserer Nähe. Mein Bewacher…
Im Grunde frohlockte ich; sie hatten angebissen! Die Angst
saß mir allerdings im Nacken. Ich konnte mir leicht ausdenken,
was geschähe, wenn sie sich genasführt fühlten.
Ab diesem Augenblick wurden wir, Nemo, Fred und ich, von
unserer Arbeit befreit und wussten mit unserer Freizeit nichts
anzufangen. Das heißt, ich brannte vor Tätigkeitseifer, benötigte
dazu keineswegs die grüne Kugel. „Nemo, Fred“, schlug ich
daher vor, „ihr besorgt das Mikroskop und einfache Reagenzien,
Lackmus, Salzsäure. Nemo, du müsstest wissen, wo sich eine
landwirtschaftliche Einrichtung, eine Gärtnerei oder ähnliches
befindet Versucht dort euer Glück. Ich“, mit einem Blick auf die
Kugel, „mache mir eine – Konzeption.“ Ich hoffte, Nemo
verstand mich. Dass dieser Fred mit von der Partie sein sollte,
behagte mir nicht. Im Augenblick verfolgte er unser Gebaren
sehr aufmerksam, ohne sich in die Gespräche zu mischen.
Andere Arbeitskollegen bedachten uns ebenfalls mit
misstrauischen Blicken, einige stellten Fragen, die aber offenbar
durch Feldwirkungen schnell gestoppt wurden.
Nemo verstand mich. Wie selbstverständlich ging er auf den
kleinen Schweber zu, forderte Fred auf, ihm zu folgen, und
herrschte die Kugel an. „Na, Freund, worauf wartest du noch?
Hast ja gehört, dass wir uns beeilen müssen.“ Nemo hatte die
Situation voll erfasst, wusste, dass er mich jetzt entlasten musste.
Es klappte. Die Kugel öffnete den Schweber, verschwand
selbst darin, Nemo und Fred folgten.
„Viel Glück“, sagte Nemo noch von der Luke her.
Ich trat auf die Sprecherkugel zu. „Ich benötige Schreibzeug,
Papier“, sagte ich fordernd.
Mein Sonderstatus hatte sich herumgesprochen. „Ich habe so
etwas nicht, du musst es dir besorgen“, antwortete die Kugel.
Die Flachbauten bildeten drei Seiten eines Vierecks. Die vierte
Seite verkürzte ein einstöckiges, kleines Gebäude. Ich
schlussfolgerte: ein Verwaltungsbau. „Ich vermute“, sagte ich,
„dass ich dort drin alles finde.“
„Dann tu das!“ Die Kugel gestattete gnädig.
Fast hätte ich einen Freudensprung gemacht. Besser ging’s
nicht. Eilig begab ich mich ins Gebäude.
Schon im Treppenhaus hatte ich den Eindruck, dass man
eilig aufgebrochen war. Türen standen offen, gebündelte Papiere
lagen herum, Topfpflanzen ließen die Köpfe hängen. Bereits im
ersten Zimmer hätte ich gefunden, was ich angeblich benötigte
aber es ging mir um anderes. Ich eilte nach oben, trat in ein
Zimmer, das ein Fenster zum Wald hinaus hatte, öffnete dieses,
um beste Bedingungen zu schaffen, und rief Sven. Er meldete
sich beinahe sofort.
Ich gab ihm hastig meine Wünsche nach Angaben über
Bodentyp und welcher Dünger für
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