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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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auffordern,
sich uns anzuschließen. Aber er folgte uns bereits, sacht
angeschoben, wie ich bemerkte.
Auf halbem Weg kam uns eine Gruppe der Erdtransporter
entgegen. Ich musste wegsehen, und wie von selbst ballten sich
mir die Fäuste.
Ohne uns anzublicken, schritten sie rasch vorüber, hastig, wie
von einer inneren Kraft getrieben.
„Beruhige dich“, raunte Nemo. Und erneut fiel mir auf, dass er
mit einem Akzent sprach. Und eines überraschte mich. Mir
schien, als flüsterte er so, damit es Fred, der in dem schmalen
Gang hinter uns lief, nicht unbedingt hören musste. Aber ich
konnte mich täuschen, nahm mir jedoch vor, künftig auf sein
Verhalten Fred gegenüber zu achten.
Als wir die hintere Giebelseite des etwa zweihundert Meter
langen Hauses erreicht hatten, schob sich einen Meter über dem
Boden ein Schweber näher. In mir stieg das Bild von
Detonationen, herumfliegenden Blechtrümmern, Rauch und
Ammoniakgeruch auf. Und angesichts der Stumpfgesichtigen,
die in Reihe an mir vorbeischritten, hätte ich erneut mit Wonne
den Auslöser gedrückt.
Stattdessen zerrten wir aus der weit geöffneten Luke des
Schwebers eine außerordentlich geschmeidige, halb durchsichtige
Folie heraus, das heißt, wir halfen nur nach, die
Gewächshausabdeckung wurde von innen herausgeschoben, und
wir achteten darauf, dass an der Türöffnung kein Stau entstand.
Das Zeug fasste sich an wie Samt, vermittelte jedoch sofort den
Eindruck außerordentlicher Festigkeit, und, obwohl federleicht,
es war fünf Millimeter stark.
Diese Folie sollten wir über die Bögen ziehen, und das ließ sich
nicht einfach an. Erstens wurde sie an der Lukenöffnung des
Schwebers doch gestaut, zweitens befand sich der Scheitelpunkt
etwa zwei Meter fünfzig über dem Boden, und drittens, je größer
das Stück wurde, das aus dem Flugzeug quoll, desto schwerer
ließ es sich dirigieren.
„Das geht so nicht“, sagte Nemo. Er sprang von einem Stuhl,
auf dem er stehend vergeblich versucht hatte, in der Mitte die
Bedeckung über den Rahmen zu ziehen, während wir es unten
am Boden an den Flanken leichter hatten.
Nemo ging mit bis in Schulterhöhe erhobenen Händen auf den
nächsten Aufpasser zu.
„Aha“, dachte ich, „wieder ein Zeichen der Absprache.“
Nemo bestellte doch tatsächlich einen Greifer. Er erläuterte,
dass spätestens beim dritten Bogen die Kraft der Männer nicht
mehr ausreichen würde, die Folie zu ziehen.
Es schien, als überlegte die Kugel. Nichts auf ihrer Oberfläche
deutete übrigens darauf hin, dass sie in der Lage war, Nemo zu
verstehen. Doch dann sagte sie: „Die Maschine wird kommen.
Wartet.“
Nichts rührte sich. Wir standen und wurden auch nicht
angehalten weiterzuarbeiten. Die Kugel stand ebenfalls, die Folie
bewegte sich träge in einem leichten Wind.
Zehn Minuten später schritt der Greifer heran. Unwillkürlich
suchte mich ein Schauer heim. So ein Gerät hatte mich
seinerzeit am Fluss gepackt und in den Schweber gebracht, hatte
dem Kameraden den Leib zerdrückt.
Die grüne Kugel wurde ein wenig mobiler. Sie stieg in die
Höhe, programmierte offenbar das Gerät, und ich verwünschte
schon im Stillen diese Tätigkeit, denn nun würde der Greifer den
Arbeitsrhythmus bestimmen. Aber da hatte ich mich
glücklicherweise geirrt.
Der Greifer hatte von der Seite die Folie oben in der Mitte zu
packen. Aber zwischen die Bögen durfte er offenbar nicht, um
nicht die locker aufgeschüttete Erde festzutrampeln. Er kam so in
einen ungünstigen Kraftschluss und geriet anfangs einige Mal ins
Schwanken, sodass er sich umsetzen musste, was Zeit kostete.
Die beiden Zipfel dann nachzuziehen fiel uns nicht schwer.
Dann fanden wir unseren Rhythmus: Nemo dirigierte den
Greifer zum günstigsten Ansatzpunkt, gab das Zeichen, wann
das Gerät zuschnappen sollte. Daraufhin zog die Maschine die
Folie zu den nächsten Stützen, und wir richteten am Boden links
und rechts die Ecken.
Schon beim dritten Bogen kam Nemo nahe an mir vorbei und
sagte leise: „Langsam, Freund, langsam. An dieser Arbeit wollen
wir uns eine Weile festhalten. Ich sorge dafür. Sieh du auch zu,
dass es umständlicher wird.“
Ich beobachtete scharf, Fred bekam solche Vorschläge von
Nemo nicht.
Die Kugel sank herab. Es schien ihr wohl, als wäre für sie alles
getan, der Vorgang lief automatisch. Und langsam wurde ich mir
sicher, dass niemand die einzelnen
Bewegungsabläufe
beaufsichtigte, nur die allgemeine Beschäftigung; denn ich
konnte einen Zipfel

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