Falsche Geliebte, richtiger Mann? / Eine Spur von Leidenschaft / Liebesnacht vorm Hochzeitstag
gebracht, hierher auf die Ranch zurückzukehren. Jetzt ging sie langsam im Zimmer umher, betrachtete jedes Bild an der Wand ganz genau und musterte sogar den Fußboden, über den sie lief. Sie stellte sich hinter den Schreibtisch und blickte zu den vier gerahmten Bildern hinüber, die Cade als Kind gemalt hatte. Die unbeholfenen Striche weckten in ihr Gefühle, die sie schon seit Jahren unterdrückt hatte.
„Hier ist noch irgendetwas“, flüsterte sie.
Als sie schließlich eines der Bilder von der Wand nahm, entdeckte sie dahinter, worauf sie gehofft hatte: die Ecke eines Wandsafes. Schnell nahm sie auch die übrigen drei Bilder ab.
Der Safe war die ganze Zeit über hier gewesen. Sie zog am Griff, doch der Safe war verschlossen. Ihr Magen brannte. Ihr Instinkt sagte ihr, dass dieser Safe entscheidende Informationen enthielt.
Patience rannte nach draußen zu Cade, der mit dem Vorarbeiter vor der Scheune stand. „Cade?“
„Alles okay?“ Er kam zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schultern. „Du bist ganz rot.“
„Ich bin gerannt. Du musst mir bei etwas helfen.“ Flüchtig lächelte sie Deacon zu.
Der tippte sich an den Hut. „Ich wollte ohnehin gerade nach dem Vieh sehen.“ Er winkte und ging fort.
„Was gibt’s denn?“ Cade folgte ihr ins Haus.
Sie zerrte ihn fast ins Arbeitszimmer und deutete auf den Safe. An seinem erschrockenen Blick sah sie, dass er bisher nichts davon gewusst hatte. „Kennst du die Kombination?“
Cade schüttelte den Kopf. „Ich wusste gar nicht, dass hier ein Safe ist.“
„Gut möglich, dass die Kombination ganz einfach ist.“
„Woher wusstest du, dass hier ein Safe sein muss?“
Sie trat dicht vor den Wandtresor. „Mein Dad hat immer gesagt, die Bilder von mir und meinem Bruder seien seine wertvollsten Schätze. Das hat uns viel bedeutet, zumal er damals eine große Kunstsammlung besaß. Ich dachte mir, dass dein Dad vielleicht ganz ähnlich gedacht hat. Wir sollten jetzt versuchen, den Safe zu öffnen.“ Nachdenklich tippte sie gegen das Zahlenrad. „Wie lautet das Geburtsdatum deiner Mutter?“
Cade ratterte die Zahlen herunter, aber der Safe ließ sich damit nicht öffnen.
„Jetzt dein Geburtstag.“
Er lehnte sich gegen den Schreibtisch und nannte ihr das Datum. Diesmal klickte es im Schloss.
„Nein, so einfach kann es nicht sein.“ Sie zog am Griff und öffnete den Safe. Im Inneren lagen ein paar Ordner und ein geschnitzter Holzkasten. Das Kästchen reichte sie an Cade weiter, bevor sie sich mit den Unterlagen an den Schreibtisch setzte.
Einige der Ordner enthielten Geburtsurkunden, Pässe und Ähnliches. Dann stieß sie auf etwas, das ihr Herz schneller schlagen ließ.
Es war ein Terminkalender. Hastig blätterte Patience zu dem Datum, an dem Joseph verschwunden war. Außer Harolds Namen war an diesem Tag nichts eingetragen.
Patience hielt den Atem an. Dann zog sie hinten aus dem Kalender ein paar lose Blätter. Es waren vier Pachtverträge mit unterschiedlichen Ranchern. Die ersten beiden waren Harold und Moses, und bestimmt kannte der Sheriff auch die anderen, vorausgesetzt, sie lebten noch in Phosphor.
Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Das hier war ausreichend Material, zumindest, damit der Sheriff Harold verhörte.
Die Pachtverträge waren nicht unterschrieben, also war irgendetwas dazwischengekommen. Wenn der Sheriff den Grund nicht kannte, konnte möglicherweise Stonegates Anwältin Chi sich einen Reim darauf machen. Ich hab’s geschafft! Vor Aufregung hätte Patience fast losgelacht. Doch dann hörte sie hinter sich einen erstickten Laut.
Sie fuhr herum und sah Cades gequälte Miene.
Was hatte er in dem Kästchen entdeckt?
11. KAPITEL
Cades Brust war vor Schmerz wie zusammengeschnürt.
In dem Kästchen lagen seine ersten Babyschuhe, zusammen mit dem ersten Zahn, den er verloren hatte, und Fotos vom ersten Mal, als er auf einem Pferd gesessen hatte. Und noch andere Erinnerungsstücke an seine Kindheit.
Cade zog sein Zeugnis aus der ersten Klasse heraus. Dahinter fand er Briefe, die er seinem Dad geschrieben hatte, als sein Vater beruflich auf Reisen gewesen war.
„Cade?“ Besorgt berührte Patience seine Wange.
Wortlos stellte er das Kästchen auf den Schreibtisch, damit sie den Inhalt sehen konnte.
Sie nahm behutsam die Babyschuhe heraus und sah Cade an. „Er muss dich unglaublich geliebt haben.“ Ihre Stimme klang erstickt. „Das hier waren wirklich seine wertvollsten Schätze. Wer würde sonst
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