Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
sind es zwei junge Leute, die sich von Nedics Organisation abgesetzt haben.«
    »Es gibt offensichtlich eine Reihe von Löchern in Nedics wasserdichter Organisation«, sagte Chavez.
    »Lasst mich mal sehen, ob ich es verstehe«, sagte Hultin sachlich. »Diese ganze weitgehende Theorie baut also auf einer gewissen geographischen Übereinstimmung zwischen deinen roten und blauen Linien auf? Von einem liebeskranken Paar, das im Internet Mitteilungen austauscht, schließt du darauf, dass sie diejenigen beraubt haben, die Rajko Nedic beraubt haben?«
    »Die Handys gehören Nedic«, sagte Söderstedt und zeigte auf die Karte. »Und sieh dir die Linien an. Es ist ein gewisser Zeitfaktor mit im Spiel; deshalb lasse ich nicht locker, bevor ich nicht richtig sicher bin. Wenn wir die Geschwindigkeit betrachten, die die rote beziehungsweise blaue Linie bisher gehalten hat, also Lindbergs Gang beziehungsweise Eurydice, und ihre letzten bekannten Aufenthaltsorte, Falköping beziehungsweise Skara, dann werden sie aller Wahrscheinlichkeit nach morgen aufeinandertreffen. In Skövde.«
    »Du glaubst also ...?« fragte Hultin und fühlte sich unterbrochen.
    »Dass wir morgen in Skövde Niklas Lindberg, Roger Sjöqvist, Dan Andersson und Agne Kullberg fassen können. Ja. Und außerdem die mysteriöse Eurydice. Viele Fliegen auf einen Streich.«
    Hultin schwieg. Er überlegte. Was wäre, wenn Söderstedt völlig danebenlag? Nicht viel, ein fehlgeschlagener Zugriff, kein Kentuckymörderrisiko. Es war ziemlich vage, und der Teufel mochte wissen, wie Söderstedt die mysteriösen Orpheus und Eurydice gefunden hatte. Die Schwestern Florento? Gula Tidningen? ›Ich liebe dich‹ der Woche? Steckte nicht Nedic dahinter? Eine Art Verwirrspiel unter Zuhilfenahme der Handys des Restaurants Tartaros? Aber würde er sich jemals verzeihen können, wenn er sich die Chance entgehen ließ? Und würde die A-Gruppe ihm verzeihen? Er betrachtete die krumme rote Linie auf der Karte. Waren das wirklich Lindbergs Männer? Die Gesichtsmaske aus Gold ... Smaland, Skane, Hailand, Västmanland ... Doch, es war keine zufällige Linie. Sie kehrten um. Eine Kehrtwende unten in Ängelholm und dann nach Norden. Sie waren auf der Jagd. Und nahmen die Gelegenheit wahr, unterwegs ein bisschen Kleinvieh mitzunehmen, bevor sie auf das richtige Wild stießen. Das stimmte. Und die blaue Linie? Im Zickzack durch Westschweden. Warum? Und die gelbe? Dalarna? Doch die Daten passten perfekt. Sie begannen gleichzeitig, alle drei. Die Raubüberfälle und die Mitteilungen in Gula Tidningen hatten am selben Tag angefangen, am Mittsommerabend, dem Tag nach der Sicklaschlacht. Und natürlich würden die rote und die blaue Linie zusammentreffen. Zum ersten und sicherlich einzigen Mal. Und natürlich musste Eurydice geschützt werden. Sie – wenn es denn eine Sie war – würde mit großer Wahrscheinlichkeit sterben.
    Da nickte Jan-Olov Hultin. Kurz. Sachlich. »Okay«, sagte er. »Wir fahren nach Skövde.«

37

    E s war zehn Uhr sechsundzwanzig am Samstag, dem zehnten Juli.
    Er lag in einem lausigen Bett in einer Campinghütte bei Arboga und begann sein drittes einsames Wochenende. Er fragte sich, wie lange er noch durchhalten würde.
    Vierhunderteins, leichter geht keins.
    Die Worte verhöhnten ihn. In wie viele Bankfächer mit den inzwischen hypnotischen Ziffern 4,0,1 hatte er bereits den Schlüssel gesteckt? Fünfzig? Mehr? Er wusste es nicht. Der Alltag war wie ein Nebel. Er tat nichts anderes als Auto zu fahren und in Banken zu gehen und seine Position auf dem Straßenatlas zu bestimmen und kurzgefasste Mitteilungen ans Internet zu schicken. Etwas anderes gab es nicht.
    Erst an den Wochenenden. Da fiel alles über ihm zusammen. Die Entbehrung. Die Hoffnungslosigkeit. Das Eingeständnis der Niederlage.
    Die Träume sollten Träume bleiben.
    Doch am schlimmsten war die Entbehrung. Sein ganzes Wesen – Körper, Seele, Geist, alles, was er sich denken konnte – schrie nach ihr. Und die Wochenenden waren ein einziges langgezogenes Leiden. Eine Wanderung nach Golgatha.
    Hymenaios ist vergebens nach Thrakien gerufen worden.
    Er drückte das vergammelte Kissen, bis die Federn herausquollen und in der Hütte umherzusegeln begannen. Sein Blick fiel auf den kleinen Digitalwecker. Er sprang gerade auf 10.31.
    Da kam der Stoß.
    Sein ganzes Wesen wurde von einem Stoß durchzuckt, wie Elektrizität, von einem gewaltigen Impuls, der durch jede Nervenzelle des Körpers und weiter durch die

Weitere Kostenlose Bücher