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Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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sitzen engumschlungen in der Sonne auf der Treppe vor der Högalidskirche. Sie sind dort nicht allein. Mehrere engumschlungene junge Paare sitzen auf der Treppe und beten die Sonne an. Sie sehen aus wie alle anderen.
    Es ist wie ein in die Stadt versprengtes Stück Natur. Es ist grün in alle Richtungen, doch nur ein kurzes Stück. Dann beginnt der Asphalt wieder. Der Asphaltdschungel.
    Sie wissen nicht, ob es eine Oase ist oder eine Luftspiegelung. In sehr kurzer Zeit werden sie es wissen.
    Am klarblauen Himmel über Riddarfjärden tanzen kleine Wolkenschleier. Sie verwandeln sich ununterbrochen..
    Es ist der Tanz der Metamorphose.
    Er schaut hinab auf seine vier Jahre alten Reebok-Schuhe Größe 40; sie kommen ihm allmählich etwas schimmelig vor. Sie sind viel zu weit gegangen. Sie schaut auf ihre vor kurzem gekauften weißen Sandalen Größe 40, hebt den Blick und sieht in seine Augen, bis auch sein Blick von unten hochklettert. Ihre Münder vereinigen sich in einem Kuss. Das leichte Zungenspiel. Der Stich durch den Körper.
    Sie können nicht aufhören damit, sich anzufassen. Nie mehr werden sie allein sein. Was auch geschieht jetzt, sie werden nie mehr allein sein. Sie haben vor, gemeinsam zu sterben, wenn ihre Münder von vermoderten Blättern verschlossen sind.
    Aber dann werden sie alt sein.
    Sie werden den Göttern hinauf zu den Höhen des Berges folgen.
    Sie stehen auf und wandern durch das Grün des Högalidsparks. Auf der Kirchentreppe bleibt ein Exemplar des Expressen vom 24. Juni liegen. Die mit Kugelschreiber eingekreiste Überschrift verkündet: ›Die Schwestern, die sich in Luft auflösten‹.
    Aber Ovids Metamorphosen steckt er ein. Die Taschenbuchausgabe.
    Ein großer Baum erhebt sich über ihnen und legt beschützend einen Arm um ihre Schultern. Er bleibt dort liegen, als sie an der Hornsbruksgata den Park verlassen, in die Lignagata einbiegen und nur wenige Schritte weiter auf der Hornsgata herauskommen. Dort wenden sie sich nach rechts. Zum Hornstull.
    Vor der Föreningssparbanken bleiben sie stehen.
    Sie wirft einen kurzen, schrägen, scheuen Blick über die Straße. Zur dritten Etage des Hauses gegenüber. Sie nimmt an, dass die schwarze Kontur, die hinter dem Fenster zu erkennen ist, nur in ihrem eigenen Kopf existiert.
    Dann gehen sie in die Bank.
    Der Große steht da und sieht aus dem Fenster. Es ist unerträglich heiß. Eine grün schimmernde Schmeißfliege hat Geschmack an seinem Schweiß gefunden und startet immer neue Sturzflüge gegen seine Stirn. Er macht sich nicht die Mühe, sie wegzuwedeln. Bedeutend schlimmere Schmeißfliegen setzen zu immer neuen Sturzflügen gegen seine Stirn an. Von innen.
    Die kann man nicht wegwedeln.
    Undichte Stellen.
    Bis vor ein paar Wochen war ihm der Begriff unbekannt. Die Worte existierten ganz einfach nicht in Rajko Nedics schwedischem Vokabular. Jetzt waren sie ein übers andere Mal aufgetaucht.
    Zuerst der lästige Polizeibeamte Ludvig Johnsson, der herausgefunden hatte, was absolut nicht herausgefunden werden durfte. Er bezahlte jeden Preis, um das Problem loszuwerden. Er wusste sehr wohl, was mit Pädophilen im Gefängnis passierte. Dann Risto Petrovics Verrat. Kronzeuge. Wie sollte er damit fertig werden? Vielleicht ließ sich der Schaden begrenzen. Die Mitarbeiter erfuhren nicht genug, um ihm gefährlich werden zu können, besonders die direkt vom Balkan importierten nicht. Schlimmer war Ljubomirs Verrat. Obwohl auch er nicht besonders viel über die Geschäfte wusste. Das hatte Lordans Verantwortungsbereich werden sollen. Aber Lordan starb. Das war sein einziger Verrat. Und dann die aus dem Restaurant verschwundenen Mobiltelefone. Instinktiv hatte er gewusst, dass es sich dabei nicht um einen gewöhnlichen Diebstahl handelte.
    Auch das war eine undichte Stelle. Irgendwie.
    Da sieht er – und er versteht nicht, was er sieht, die Verbindungswege der Gehirnzellen reichen nicht aus. Er sieht – seine Tochter. Er sieht Sonja vor der Bank, zusammen mit einem jungen Spund. Und das passt nicht zusammen. Es ist eine unmögliche Gleichung. Er steht in dem Zimmer mit den schallisolierten Wänden, die aussehen wie Bordellkissen aus Gold, und versteht nichts. Ihm wird ganz kalt.
    Zwei gestohlene Mobiltelefone aus dem Restaurant Tartaros.
    Er kann nicht mehr reagieren. Er kann seinen Männern kein Zeichen mehr geben. Kann ihnen nicht mehr befehlen, in die Bank zu stürmen. Die Tür fliegt auf. Ein schallgedämpfter Kugelhagel versprüht Tod in der

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