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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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was sagen Sie dazu?«
    »Wenn Sie diese Vorbehalte nicht geäußert hätten, wäre ich nicht hier.«
    Unsere Blicke trafen sich. Rinaldo wandte die Augen nicht ab. Selbst wehrlos und gequält blieb sein Blick fest.
    »Verzeihung«, sagte Mardi Bitterman.
    Sie trug einen Karton, wie sie der Coffee Exchange bei großen Bestellungen ausgibt.
    »Das ging aber schnell«, sagte ich.
    »Ich habe unten angerufen. Es gibt einen Lieferservice innerhalb des Gebäudes«, sagte sie. »Ich habe Sie nicht gefragt, wie Sie Ihren Kaffee trinken, also habe ich Milch sowie Zucker und Süßstoff mitbringen lassen.«
    Sie stellte den Karton vor Rinaldo auf dem Tisch ab und legte den Schlüsselring und das Wechselgeld daneben.
    »Vielen Dank«, sagte Rinaldo und berührte ihren Ellbogen.
    Sie zuckte zusammen und zog den Arm weg.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er.
    »Das ist schon in Ordnung. Ich werd nur nicht gern angefasst. Tut mir leid.«
    Wieder ging Mardi rückwärts hinaus, lächelnd und als ob sie jeden Moment in Tränen ausbrechen würde.
    Rinaldo trank seinen Kaffee schwarz, genau wie ich.
    »Was immer es kosten mag«, sagte er, »ich muss sie finden und mich vergewissern, dass sie in Sicherheit ist.«
    »Vor wem?«
    »Ich weiß es nicht. Offensichtlich versucht irgendjemand, ihr wehzutun. Sie versteckt sich jetzt schon seit Wochen, und ich habe keine Ahnung, warum.«
    »Das sind nicht eben viele Anhaltspunkte, Mr. Rinaldo.«
    Er stellte den Aktenkoffer auf den Schreibtisch und schob ihn sorgfältig an den Kaffeebechern vorbei in meine Richtung.
    »Die Informationen in diesem Koffer wurden gesammelt, bevor die Probleme anfingen. Einiges könnte veraltet sein, aber vieles ist sicherlich trotzdem hilfreich. Der Koffer enthält außerdem ein wenig Geld für Auslagen und spezielle Informationen, wie Sie mich erreichen können. Sie dürfen auf keinen Fall über reguläre Kanäle Kontakt zu mir aufnehmen, Leonid. Sprechen Sie weder mit Christian noch mit Sam, und seien Sie versichert, dass ich weder die beiden noch sonst irgendjemanden beauftragen werde, Sie anzurufen. Ich werde Sie auch persönlich bezahlen.«
    Er griff in seine Brusttasche, doch ich hob die Hand.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte ich.
    »Nicht?«
    »Es ist wie alle anderen Transaktionen zwischen uns. Eine Gefälligkeit, mehr nicht.«
    »Also abgemacht«, sagte er.
    »Sonst haben Sie nichts mehr zu sagen?«
    »Ich möchte nicht, dass Sie mit ihr sprechen, Leonid. Was immer Sie tun, sollte im Hintergrund geschehen. Finden Sie heraus, was los ist, und bringen Sie es in Ordnung. Wenn sich das als schwierig herausstellen sollte, kommen Sie zu mir.«
    »Gestern Abend sollte ich doch noch Kontakt mit ihr aufnehmen? Warum der Sinneswandel?«
    »Ich wollte nicht, dass sie erfährt, was Sie tun oderdass Sie für mich arbeiten. Und … und dieser Mord macht das Ganze noch komplizierter. Ich möchte, dass Sie möglichst nicht traumatisiert wird.«
    Es gefiel mir nicht, aber sein Ton ließ keinen Raum für Einwände.
    »Alles, was Sie brauchen, ist da drin«, sagte er und tippte mit dem Mittelfinger der linken Hand auf den Koffer.
    »War der Mann, der Wanda Soa erschossen hat, hinter Tara her?«
    »Ich weiß es wirklich nicht. Tara ist wie gesagt vor drei Wochen verschwunden und erst gestern, vielleicht vorgestern in der Wohnung dieser Soa wieder aufgetaucht.«
    »In welcher Beziehung stehen Sie zu dem Mädchen?«
    »In gar keiner.«
    Ich suchte nach einer Frage, die einen weiteren Dialog eröffnet hätte, doch mir fielen keine passenden Worte ein.
    »Das ist also alles?«, fragte ich.
    Er nickte.
    Wir standen beide auf. Ich kam um den Tisch herum, um ihn zur Tür zu begleiten, und erlebte den vierten oder fünften Schock des Tages. Alphonse Rinaldo hielt mir die Hand hin.
    »Vielen Dank«, sagte er.
    Ich musste mir auf die Unterlippe beißen, um die Worte nicht zu wiederholen.
     
    Ich sah ihm nach, als er an leeren Arbeitsplätzen vorbei den langen Flur hinunterging, und wartete, bis er durchdie braune Metalltür verschwunden war. Zumindest zögerte er nicht und wandte sich noch einmal um, um zu sehen, ob ich da war – zumindest das nicht.

12
    Wenn die Kampftaktik eines Boxers über den Haufen geworfen wird, muss er sich spontan etwas Neues einfallen lassen. Der klassische Stilist wird zum Puncher, der gewohnheitsmäßig offensive Boxer zieht sich in seinen Panzer zurück.
    Ich bin von Natur aus kein passiver Mensch. Von Zeit zu Zeit habe ich natürlich verschlagen und

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