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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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hoffentlich unerschütterlich glücklich.
    Ein weiteres Bild weckte meine Aufmerksamkeit. Sie war ganz in Schwarz gekleidet auf einer Beerdigung und weinte. Sie stand neben einem mittelgroßen Grabstein mit der Aufschrift IRIS LINDSAY . Echte Trauer ist schwer einzuschätzen. Doch ich nahm ihr ihren Schmerz ab.
    Aber die junge Frau war weniger interessant als die Fotos an sich. Jemand war Angelique gefolgt und hatte Dutzende von Fotos gemacht – dies war nur eine kleine Auswahl. Und wenn diese beiden Aufnahmen typisch für den gesamten Film oder die Speicherkarte waren, ging es bei der Überwachung nicht darum, mit wem sie sich traf, sondern um die Frau selbst. Jemand schien sie zu studieren.
    War es Rinaldo? Hatte er einen Privatdetektiv engagiert, Fotos von ihr auf der Straße, bei der Arbeit … unter der Dusche zu machen? War er ihr Beschützer oder ein Stalker?
    Sie hatte einen Bachelor vom Hunter College und einen Master in Business Administration von der New York University. Der zweite Abschluss musste mindestens einhunderttausend Dollar gekostet haben. Es gab keine Unterlagen über ein Studiendarlehen. Waren sie mit Absicht weggelassen worden oder schlicht unwichtig? Ich konnte natürlich selbst eine Kreditauskunft einholen, doch vorerst wollte ich in Sachen Tara Lear leise auftreten, bis ich wusste, warum man ihrer Freundin Wanda das halbe Gesicht weggeschossen hatte.
    Tara war vor kurzem als »Fellow«, was immer das bedeuten mochte, bei der Werbeagentur Laughton and Price angestellt worden, die zwar nicht in der Madison,aber in der Lexington Avenue residierte. Ihre Mutter hatte zumindest zum Zeitpunkt des Berichts direkt in Alphabet City gewohnt, östlich des East Village. Ihr Bruder hieß Donald Thompson, der einzige Name ohne Adresse oder auch nur eine Altersangabe.
    Unter den ordentlich getippten Seiten lag gebündeltes Bargeld. Zwanziger, Fünfziger und Hunderter, die sich zu ansehnlichen 30 000 Dollar summierten – Geld für meine Aufwendungen. Mr. Rinaldo scheute offensichtlich keine Kosten, um die Frau zu finden, zu der er angeblich in keinerlei Beziehung stand.
    Ich ging die Unterlagen noch einmal durch. Die Kopie eines Strafregisters war nicht dabei.
    Es war nicht viel, doch es reichte als Ausgangspunkt.
    Als der Summer ertönte, war ich nicht mal mehr überrascht.
    »Ja, Mardi?«
    »Eine Miss Aura Ullman?«
    »Ähm … schick sie rein.« Ich wollte meine Gedanken auf die Welt von Tara Lear konzentrieren, doch die bloße Erwähnung von Auras Namen reichte, um mich auf hoher See orientierungslos im Nebel treiben zu lassen.
     
    »Leonid«, sagte sie.
    »Aura.« Ich schaffte es, einen Hauch von Leichtigkeit in meine Begrüßung zu legen.
    Sie runzelte milde die Stirn. Früher, wenn sie in mein Büro kam und wir alleine waren, hatte ich mich immer erhoben und sie geküsst.
    Aber heute hätten diese Lippen nach George Toller geschmeckt.
    Aura war eine Frau der Neuen Welt. Goldbraune Haut, von Natur aus welliges, dunkelblondes Haar und blasse Augen, wie sie Nazi-Wissenschaftler in denen von ihnen so genannten minderwertigen Rassen zu züchten versucht hatten. Sie war vierzig und in meinen Augen wunderschön; von afrikanischer und europäischer Herkunft und durch und durch amerikanisch.
    Aura ließ sich auf einem Stuhl nieder und lächelte matt.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie.
    »Ich bin dankenswert beschäftigt«, sagte ich.
    »Ein Fall?«
    »Eine ganze Schiffsladung.«
    Sie lächelte. Aura mochte meine Witze.
    »Wer war das am Empfang?«
    »Mardi Bitterman.«
    »Das Kind, das von ihrem Vater vergewaltigt wurde?«
    »Ja.« In den Tagen, als wir erst leidenschaftliche und dann platonische Geliebte waren, hatte ich Aura alles erzählt.
    »Ich dachte, sie wäre mit ihrer Schwester nach Irland gezogen.«
    »Wo es Reibung gibt«, sagte ich, »entsteht Hitze.«
    »Ich wollte sehen, wie es dir geht.«
    »Gut.«
    »Als ich es dir gestern erzählt habe, sahst du aber gar nicht gut aus.«
    »Hör zu, Süße«, sagte ich. »Du bist eine hinreißende Frau und hast echte Liebe verdient.«
    »Ich wollte dich.«
    Ich fing an, meine Atemzüge zu zählen, kam jedoch schon nach dem ersten durcheinander.
    »Leonid.«
    »Ja?«
    »Wirst du mich jetzt vergessen?«
    »Nein.«
    »Wirst du je wieder mit mir reden?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Eine Woche Zeit kannst du mir geben, oder?«, fragte ich, wieder einigermaßen munter.
    Sie blickte mir in die Augen und nickte nach ein oder zwei Momenten. Dann stand sie auf und ging

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