Falscher Ort, falsche Zeit
Ehemann sollte seiner Frau Blumen kaufen.«
»Als ich dir zum letzten Mal Blumen gekauft habe, hast du sie in Shellys Bad gestellt.«
»Das war vor neun Jahren.«
»Vor elf«, sagte ich. »Und in all der Zeit hab ich dich nicht einmal enttäuscht.«
»Wenn du sie nicht magst, werf ich sie weg.«
»Du hast mich falsch verstanden, Baby. Ich mag das Arrangement. Es ist … wild. Ich sage bloß, dass die Blumen langsam vertrocknen und du sie vielleicht ersetzen solltest.«
Katrina blinzelte mich an. Ich sah, dass sie versuchte, den symbolischen Gehalt unseres Gesprächs zu verstehen. Vielleicht dachte sie, ich wollte ihr etwas sagen.
Aber das wollte ich gar nicht. Ich mochte die Blumen. Sie lenkten mich ab und verwandelten den Raum irgendwie.
»Du lügst mich doch nicht an, Leonid?«
»Worüber?«
»Dimitri.«
»Nein, er ist ein junger Mann, der sich in der ersten Liebe verloren hat. Er will nicht wieder auf dem Boden landen und könnte es auch gar nicht, selbst wenn er wollte.«
»Ist er sicher?«
»Kein Mensch ist sicher, wenn er verliebt ist, Katrina, das weißt du. Aber eins kann ich dir versprechen: Nichts wird unseren beiden Söhnen passieren, keinem von beiden, solange ich noch einen Hauch Atem im Körper habe.«
Der Busen meiner Frau hob sich, als sie diese Wahrheit und dieses Versprechen aus meinem Mund hörte.
Sie stand auf. Außer ihrem roten Bademantel hatte sie nichts an, und der Blick, den sie mir zuwarf, war unmissverständlich.
»Kommst du ins Bett?«
Mein Herz setzte tatsächlich für einen Schlag aus. Der Schock, den dieses Gefühl auslöste, verdrängte fast alle Gedanken an die Gangster und ihre Drohungen.
»Ich kann nicht, Baby.«
»Warum nicht?«
»Ich habe einen Job, eine wirklich sehr ernste Sache.«
Wieder betrachtete Katrina mich eindringlich.
»Hast du das, was du mir erzählt hast, ernst gemeint?«, fragte sie.
»Was meinst du?«
»Dass du einem Mann in den Kopf geschossen hast.«
»Nein«, sagte ich und erzählte ihr, ohne irgendwelche Namen zu nennen, wie ich in Wanda Soas Wohnung geraten war.
»Ich habe nichts getan, aber da war es«, sagte ich. »Solche Sachen lasten manchmal auf mir.«
Katrina trat wortlos auf mich zu, drückte mir einen feuchten Kuss auf die Wange und streichelte mit der linken Hand meinen Nacken.
Ich sah ihr nach und dachte, dass ich irgendwie ein komplettes Leben verpasst hatte. Ich fragte mich, ob das meine Schuld oder bloß Schicksal war.
30
Als ich neun war, nahm mich mein Vater auf den Schießstand mit. Wir übten mit Pistolen und Gewehren auf legalen Anlagen und im Sommer mit halbautomatischen Waffen und Sprengstoff auf geheimen entlegenen Plätzen in den Appalachen. Wir jagten Bären und Wild mit Bogen und Gewehr, und ich lernte, wie man Tieren und Menschen Fallen stellt.
»Es wird Krieg geben, Jungs«, erklärte er mir und meinem jüngeren Bruder Nikita. »Im Moment wird er noch in Südamerika, in Südostasien und Afrika ausgefochten. Die meisten Amerikaner glauben, dass er unser Land nie erreichen wird, aber sie irren sich. Den Kampf von unseren Grenzen und aus unseren Städten fernzuhalten, ist, als wollte man sichergehen, dass die eigenen Kinder niemals krank werden – wenn man sie ständig isoliert, werden sie später, wenn sie groß sind und in die Welt hinausgehen, an einer Infektion sterben.«
Ich empfand für meinen Vater, was eine Spinne für die dunkle Ecke empfindet, in die es sie zieht, um ihr Netz dort zu spinnen: Er war wesentlich und ließ mir keine Wahl.
Als ich zwölf war, war mein Vater für immer verschwunden. Nikita wurde im Alter von siebenunddreißig Jahren wegen Raubüberfalls auf einen gepanzerten Transporter und mehrfachen Mordes zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Damals hatten wir schon mehr als zehn Jahre nicht mehr miteinander gesprochen.
Ich saß an meinem Schreibtisch und überlegte, welche Waffen ich ins Shandley’s mitnehmen musste, um das Überleben meiner Söhne zu garantieren.
Tolstoy, wie mein Vater sich selbst nannte, hatte recht, was den Krieg betraf. Wenn ich heute in eine Zeitung schaue, frage ich mich, warum die Weisen nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir uns mitten im Dritten Weltkrieg befinden. Ich bin überzeugt, zukünftige Historiker werden das so sehen.
Mein Vater war ein brillanter Mann, aber was nützt es einem, ein Leben lang falsches Glück und Zufriedenheit in Frage zu stellen?
Ich weiß es nicht.
Ich kann es nicht wissen.
Ich konnte mir nur ein schmales Messer an den
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