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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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überzeugen, Twill«, fügte ich hinzu. »Ich kann das nicht sauber klären, wenn ich nicht mit ihr gesprochen habe.«
    Die Zustimmung in seinem Blick war noch unmerklicher als sein Schulterzucken.
    Als wir aufstanden, legte er einen Zehner und einen Fünfer auf den Tisch. Er aß nie etwas im Takahashi’s und bestellte auch nur selten ein Getränk, gab aber immer Trinkgeld.
    Auf der Straße trennten wir uns. Er, ein Junge, der auf das Leben eines Mannes zumarschierte, und ich mit der Frage: Was, wenn der Gordische Knoten jemand war, den man liebte?

35
    Ich saß schon im Taxi auf dem Weg zu dem FBI -Detention-Center, als Breland anrief, um mir zu sagen, dass man mir die Genehmigung erteilt hatte, den Gefangenen zu besuchen.
    Die so genannte Arresteinrichtung befand sich im siebten Stock eines ehemaligen Lagerhauses. Anstatt mit Gittern waren Fenster und Türen mit dicken Metallplatten gesichert sowie entlang der Rahmen mit Stacheldraht versehen.
    Die erste Person, der ich drinnen begegnete, war eine dünne braune Frau mit einem riesigen runden Gesicht. Sie stand auf der anderen Seite eines kleinen vergitterten Fensters am linken Ende einer langen Wand. Der Warteraum, in dem ich stand, war fast leer. Die einzige andere Antragstellerin war eine arabische Frau, umringt von drei kleinen Kindern. Sie saß zusammengesunken auf einem Stuhl und strahlte ein Gefühl intensiver Hoffnungslosigkeit aus.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte die Beamtin durch das Metallgitter.
    »Leonid McGill für Ron Sharkey.«
    »Zweck des Besuchs?«
    »Sein Anwalt schickt mich.«
    Name? Beruf? Beziehung zum Häftling? Nationalität? Waffen? Andere vorschriftswidrige Gegenstände? (Es folgte eine lange Liste von Bargeld bis Kaugummi.)
    »Während des Besuchs wird jede Ihrer Bewegungen,Bemerkungen und Äußerungen aufgezeichnet«, sagte sie, als sie mit der Liste fertig war.
    Äußerungen?
    »Aber ich vertrete seinen Anwalt«, sagte ich.
    »Wenn Sie nicht fortfahren wollen, können wir das Verfahren auch gleich beenden.«
    »Nein«, sagte ich. »Meinetwegen können Sie mich aufzeichnen, bis Sie blau anlaufen. Denken Sie bloß dran, dass links meine Schokoladenseite ist.«
    Die braune Frau – sie hatte kurzes geglättetes Haar – hätte beinahe gelächelt.
    »Setzen Sie sich, Mr. McGill«, sagte sie. »Sie werden in der Reihenfolge der Antragstellung aufgerufen.«
    Die trübsinnige Araberin wollte ihr oder mein Leid offenbar nicht teilen, also nahm ich fünf Metallstühle von ihr und ihren bedrückten Kindern entfernt Platz – und wartete als Zweiter auf der Liste.
    Siebzehn Minuten später sagte eine Männerstimme: »McGill.«
    Die Frau war immer noch nicht aufgerufen worden.
    Ich blickte mich um und sah, dass ein Wandpanel rechts von mir zur Seite geglitten war und eine türgroße Öffnung freigab. Nach einem kurzen Augenblick, der wie ein Zögern gewirkt haben könnte, stand ich auf und trat durch den provisorischen Eingang.
    Dahinter lag ein kurzer Flur, der vor einer überdimensionierten Metalltür mit einem vergitterten Fenster endete. Auf der anderen Seite dieser Tür stand ein großer weißer Mann in einem grünen Anzug.
    »Ich bin Agent Galsworthy. Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte er mich. Seine Augen hatten die Farbe vonLimonen und Pekannüssen und sahen aus wie kleine dunkle Orangen. Er war schlank und wäre groß gewesen, wenn er nicht ein wenig gebeugt gestanden hätte, was merkwürdig wirkte, weil er keinen Tag älter als vierzig war.
    »McGill für Sharkey«, sagte ich.
    »Woher wussten Sie, dass er hier ist?«, fragte der Beamte durch das Gitter wie mein persönlicher Beichtvater.
    »Von seinem Anwalt.«
    »Wer ist das?«
    »Breland Lewis.«
    »In welcher Beziehung stehen Sie zu dem Gefangenen?«
    »Ich vertrete seinen Anwalt – Breland Lewis.«
    In diesem Moment roch ich einen starken menschlichen Schweißgeruch.
    »In welcher Verbindung stehen Sie zu dem Gefangenen?«
    »Kann ich einfach siehe oben antworten oder gibt es einen Grund, warum ich immer wieder dasselbe sagen muss?«
    Galsworthy war wie der Bulle vor Wanda Soas Haus; er dachte, ein böser Blick und ich würde weich wie Gelee. Dabei war er nur ein weiterer Erbsenzähler. Der Unterschied bestand darin, dass er kein Gemüse, sondern Schädel zählte.
    Ich lächelte höflich.
    »In welcher Funktion sind Sie für Sharkeys Anwalt tätig?«
    »Als Privatdetektiv.«
    Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass man Vertretern des Gesetzes oder anderen Beamten nie mehr

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