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Falsches Blut

Falsches Blut

Titel: Falsches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Culver
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völliger Bewusstlosigkeit. Ich registrierte die Kalksteinstufen und bekam mit, wie mich jemand auf den Boden legte. Azrael verpasste mir einen Tritt in die Rippen, als er sah, dass ich ihn eingeparkt hatte. An alles, was danach passierte, habe ich allerdings nur eine lückenhafte Erinnerung. Da war ein Geländewagen mit schwarzen Ledersitzen, der über eine Landstraße holperte. Ich trat um mich und schrie aus Leibeskräften, bis ich einen brennenden Schmerz im Nacken spürte, als hätte mir jemand eine glühend heiße Nadel unter die Haut gerammt. Ein paar Minuten lang tanzten bunte Farben vor meinen Augen, dann wurde alles schwarz.

23
    Flatternd hoben sich meine Lider, und ich blickte in gleißend helles Licht. Ich lag in einem blauen Schlafanzug, der aussah, als stamme er aus dem Kleidermagazin eines Gefängnisses, in einem Krankenhausbett. Ich schluckte und setzte mich auf. Meine Lippen waren ausgetrocknet und rissig, und ich spürte ein Kratzen im Hals wie bei einer beginnenden Erkältung. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und versuchte, mich zu orientieren. Ich war an einen Überwachungsmonitor angeschlossen, und aus einem Infusionsbeutel tropfte eine klare Flüssigkeit über einen Schlauch in meinen Arm. Ansonsten erinnerte der Raum eher an ein Hotelzimmer– grauer Teppichboden, ein beigefarbener Sessel an der hinteren Wand unter dem Flachbildschirmfernseher, und durch einen Spalt zwischen den dunkelroten Vorhängen drang Sonnenlicht.
    Ich fuhr mir mit den Fingern durchs Haar und betastete die Haut in meinem Nacken. Zwei münzgroße Pflaster bedeckten die Einstichstellen. Soweit ich es beurteilen konnte, hatten sie mir keine dauerhaften Schäden zugefügt. Immerhin etwas. Ich streckte mich, schwang die Beine über die Bettkante und sah mich nach einem Rufknopf für die Schwester um. Da weit und breit keine Menschenseele zu sehen war, musste ich mir etwas anderes überlegen, um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken: Ich zog die Elektrode auf meiner Brust ab, die mich mit dem Herzmonitor verband. Augenblicklich ertönte ein hoher Pfeifton, und dreißig Sekunden später kam eine brünette Schwester mittleren Alters mit einem Stethoskop um den Hals hereingelaufen. Als sie mich dasitzen sah, blieb sie so abrupt stehen, dass sie beinahe vornüberfiel.
    » Wo bin ich? «
    » Wieso legen Sie sich nicht wieder hin, Mr. Rashid? « Sie trat zum Monitor und legte einen Schalter um. Augenblicklich verstummte das Kreischen. Sie drückte mich aufs Bett zurück. Ihre Hände waren eiskalt und rochen nach Seife, wie man sie in öffentlichen Toiletten findet. » Sie haben eine harte Nacht hinter sich. «
    » Ich habe eine lange Woche hinter mir « , gab ich zurück, ohne mich von der Stelle zu rühren. » Wo bin ich? «
    Die Schwester trat einen Schritt zurück, so dass ich einen Blick auf ihr Namensschild erhaschte. Mary Ann. » Sie sind im Indiana University Hospital und in Sicherheit. Da draußen warten zwar ein paar Männer, die Sie sprechen wollen, aber bis dahin legen Sie sich bitte wieder hin. «
    Einen Moment lang verharrten wir reglos voreinander. Mary Ann hob lächelnd die Brauen und betrachtete mich mit dieser geduldig-strengen Miene, die Hannah immer aufsetzte, wenn Megan ihren Dickkopf durchzusetzen versuchte. Einen kurzen Moment überlegte ich, mir einfach die Kanüle aus dem Arm zu reißen und den Raum zu verlassen, allerdings bezweifelte ich, dass ich weit kommen würde. Und nach Hause schon gar nicht. Mein Wagen stand sonst wo, und Taxifahrer hielten sich tunlichst von Männern in Schlafanzügen fern– vor allem und gerade in der Nähe von Krankenhäusern. Ich fuhr mir mit der Zunge über die Zähne und lehnte mich zurück. Mary Ann lächelte. » So ist es brav. Also, wie fühlen Sie sich? Schwindlig? Ist Ihnen übel? «
    Ich schüttelte den Kopf. Sie legte mir die Hand auf die Stirn und zog ein Augenlid hoch.
    » Mir geht’s gut. «
    » Schön. « Sie beugte sich vor, hielt etwa dreißig Zentimeter vor meiner Nase ihren Zeigefinger hoch und bewegte ihn langsam von links nach rechts. » Folgen Sie bitte meinem Finger. «
    Mary Ann untersuchte mich kurz auf Anzeichen für einen Schock oder eine Gehirnerschütterung. Unter anderem wollte sie von mir wissen, welches Jahr wir hatten, in welcher Stadt ich lebte und wer der derzeitige Präsident unseres Landes sei. Offenbar fiel meine Bilanz halbwegs anständig aus, da sie nach der Untersuchung am Informationsschalter anrief und erklärte, ich sei jetzt wach.

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