Falsches Blut
ich die Drecksarbeit für ihn erledigte. Ich stellte mein Bier auf dem Tresen ab und machte mich auf den Weg, vorbei an der Tanzfläche, wo sich ein Pärchen mit aufreizenden Verrenkungen umkreiste. Die Treppe zu den VIP -Räumen befand sich im einstigen Vorraum der Kirche, wo es ein klein wenig ruhiger war und die Bässe nicht ganz so hämmerten. Ich sah mich um und hoffte, ein vertrautes Gesicht aus dem Department zu entdecken – leider Fehlanzeige. Aber irgendwo hier mussten sie doch sein. Schließlich hatte ich meine Absicht, Karen Rea zu töten, am Telefon mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht. Bowers blieb doch gar nichts anderes übrig, als darauf zu reagieren. Ich griff hinter mich und tastete nach Bukoholows Waffe, um sicherzugehen, dass sie noch an Ort und Stelle war. War sie. Geladen und bereit zum Einsatz. Jetzt oder nie.
Ich ging die enge, gewundene Treppe auf der rechten Seite des Raums hinauf. Sie war mit einem Seil abgesperrt, an dem ein Schild mit dem Hinweis baumelte, dass die Galerie geschlossen sei. Ich ignorierte es und erklomm die Treppe. Das Holz fühlte sich glatt unter meinen Füßen an, doch die Musik war zu laut, um sie knarren zu hören.
Schließlich hatte ich den oberen Treppenabsatz erreicht und blieb einen Moment lang stehen, um mich zu sammeln, ehe ich mir einen ersten Einblick in Karens private Welt verschaffte. Die Galerie verlief über die gesamte Länge des Kirchenschiffs. Früher war der Raum für vierzig bis fünfzig Personen bestuhlt gewesen, nun jedoch standen mehrere Tische in der Mitte, und an den Wänden waren Chaiselongues aufgestellt. Im Gegensatz zum Partyvolk im Erdgeschoss tranken die Gäste hier aus echten Gläsern. Auf einem Tisch standen mehrere Wodkaflaschen und allerlei andere Spirituosen. Mehrere Gestalten wandten sich zu mir um, als ich eintrat. Ich blickte in ein asiatisches Gesicht mit einem Maori-Tribal-Symbol, das über die gesamte Wange bis zum Hals verlief. Azrael beugte sich vor, um der Frau neben ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
Sie legte den Kopf schief und warf Azrael einen fragenden Blick zu. Wenn ich mich nicht irrte, stand ich Karen Rea gegenüber. Sie war ebenfalls Asiatin und trug ein schwarzes Spitzentop, das ihre Figur perfekt zur Geltung brachte– sie war eine schöne Frau; das musste ich ihr zugestehen, auch wenn sie noch so verrückt sein mochte. Ich trat vor die Brüstung und blickte auf die Feiernden, während ich darauf wartete, dass sie neben mich trat. Von hier aus konnte ich die gesamte Tanzfläche überblicken. Wenn Mikes Männer mich also im Visier hatten, könnten sie alles verfolgen, was sich hier oben abspielte.
Karen lächelte mich an. Sie hatte volle Lippen und Krähenfüße um die Augen. Laut ihrem Lebenslauf musste sie Mitte vierzig sein, trotzdem stand sie den Mädchen auf der Tanzfläche, die höchstens halb so alt waren wie sie, in puncto Attraktivität in nichts nach. Sie stand so dicht vor mir, dass sie ihr Gesicht an meine Brust hätte schmiegen können. Der Geruch nach Dove-Seife stieg mir in die Nase. » Sie sind in mein Haus eingebrochen, und jetzt verfolgen Sie mich auch noch, während ich mit meinen Freunden ausgehe. Sie sollten aufpassen, sonst wird Ihre hübsche Frau noch eifersüchtig. «
» Sie haben meine Nichte ermordet. Meine Ehe sollte Ihre geringste Sorge sein, Sie elendes Miststück. «
Karen Reas Lächeln erstarb, und sie wich einen Schritt zurück. Alle Augen waren auf uns gerichtet.
» Verleumdungen, Detective Rashid. Wenn das alles ist, was Sie zu bieten haben, gehen Sie jetzt bitte. «
Ich sah mich um. Außer mir befanden sich mindestens acht Leute auf der Galerie, und bislang machte keiner Anstalten, auf mich loszugehen. Trotzdem musste ich mir etwas einfallen lassen.
» Das sind keine haltlosen Anschuldigungen, sondern lediglich Tatsachen « , gab ich zurück, allerdings hatte ich Mühe, die ohrenbetäubende Musik zu übertönen. Mein Blick heftete sich auf einen Jungen im Teenageralter mit blonder Igelfrisur im Netzhemd, der Champagner aus einer Flöte trank. » Was haben Sie Ihren Gefolgsleuten über Rachel Haddad erzählt? «
Der Blonde verzog die Lippen, wobei ein Paar falscher Vampirzähne zum Vorschein kam, rührte sich jedoch nicht von der Stelle. Immerhin hatte ich ihn zu einer Reaktion bewogen.
» Was ich meinen Freunden erzähle, geht Sie überhaupt nichts an. «
Ich ließ den Blick über das Partyvolk schweifen. » Und was ist mit Caitlin Long? « , fragte ich und sah Karen
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