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Falsches Blut

Falsches Blut

Titel: Falsches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Culver
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kratzen wir erst mal die Kurve. Ich habe einen Termin in der Stadt. Wenn du willst, nehme ich dich mit und setze dich an der Uni ab. «
    Ich sah auf meine Uhr. In fünfundzwanzig Minuten fing meine Vorlesung an. Ich ließ zwar nur ungern mittendrin den Griffel fallen, doch uns lief die Zeit davon. Wir postierten einen Streifenpolizisten vor Rachels Spind, bis die Spurensicherung eintraf und ihn vollständig ausräumte, und machten uns auf den Weg– mit noch mehr offenen Fragen als zuvor. Allmählich beschlich mich der Verdacht, dass Rachels Tod keineswegs ein tragischer Unglücksfall gewesen war.

4
    Leider wurden die Straßen in der Innenstadt gerade frisch geteert, so dass Olivia mich zwei Blocks von der Uni entfernt absetzen musste. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Rest des Weges im Laufschritt zurückzulegen. Schwitzend und atemlos stürmte ich drei Minuten vor Vorlesungsbeginn in den Raum. Der Professor war noch nicht da– ein Glück, denn er knöpfte sich mit Vorliebe die Zuspätkommer zum Abfragen vor.
    Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen– im Gegensatz zu anderen Vorlesungssälen sind die Räumlichkeiten der juristischen Fakultät wie Amphitheater aufgebaut, um sämtlichen Studenten einen ungehinderten Blick auf das Horrorspektakel unten auf dem Podium zu gewähren. Natürlich gab es nur noch freie Plätze in der allerersten Reihe, direkt vor dem Professor. Sobald der jedoch in Fahrt geraten würde und kübelweise Häme über den armen Teufeln auskippte, die es wagten, ihm an diesem Nachmittag die Laune zu verderben, würde ich garantiert eine Fontäne aus Speicheltröpfchen abbekommen.
    Was blieb mir jedoch anderes übrig? Ich ging nach vorn, wobei ich im Vorbeigehen einigen bekannten Gesichtern zunickte, und setzte mich auf den unbequemen schwarzen Plastikstuhl. Ich breitete meine Unterrichtsmaterialien aus und lächelte meinen Sitznachbarn an. Ich wusste nicht, wie er hieß, aber die Professoren sprachen ihn mit Mr. Mason an. Er hatte eine Hakennase, und sein Sportsakko und seine Hose sahen aus, als sei er geradewegs dem Katalog eines Nobel-Freizeitmodenausstatters entstiegen. Außerdem war er ein Streber, wie er im Buche stand. Die meisten Studenten sind nicht scharf auf diesen Titel, doch er schien seinen Status offensichtlich in vollen Zügen zu genießen: Ständig und zu allem hatte er etwas zu sagen– ob es nun zum Thema passte oder nicht. Und seine Hand schoss als erste nach oben, wenn jemand eine falsche Antwort gegeben hatte– mit anderen Worten: Der Typ war das totale Arschloch. Es ging das Gerücht, sein Vater sei Seniorpartner in einer renommierten Chicagoer Kanzlei, was erklärte, weshalb er es sich leisten konnte, sich wie ein Arschloch zu benehmen.
    Mason erwiderte mein Lächeln mit einem freudlosen Grinsen.
    Freut mich auch, dich zu sehen, Blödmann.
    Die Anspannung im Saal war förmlich mit Händen greifbar, als Professor Ruiz wenige Momente später hereinkam. Unterhaltungen erstarben mitten im Satz, die Studenten setzten sich aufrecht hin und strichen ihre Unterlagen glatt. Für ein kleines, gebeugtes Männchen in marineblauer Strickjacke war Professor Ruiz verdammt Ehrfurcht einflößend. Ich wusste, dass er rein theoretisch ein Herz haben musste, allerdings wäre ich jede Wette eingegangen, dass es eine bittere schwarze Flüssigkeit anstelle von Blut in seine Adern pumpte.
    Er marschierte zu dem transparenten Plexiglaspodium. Sechzig Augen folgten ihm gebannt, während sechzig Stoßgebete, meines eingeschlossen, gen Himmel gesandt wurden. Doch Gott würde nur neunundfünfzig davon erhören und eine arme Seele ins Höllenfeuer stürzen. Ich hoffte, dass es die von Mason würde. Ruiz breitete seine Unterlagen aus und sah auf.
    » Okay, fangen wir an. Detective Rashid, bitte schildern Sie mir den Fall Baber gegen die Hospital Corporation of America. «
    Scheiße.
    Meine Arbeit als Detective verlieh vielen Juravorlesungen ein wenig Würze, vor allem in Strafrecht. Leider galt das jedoch nicht für das Gesundheitsrecht– eher im Gegenteil–, denn die Polizei stand bei meinem Professor nicht gerade hoch im Kurs. Gleich am ersten Tag hatte er eine Dreiviertelstunde lang über die himmelschreiende Verletzung der Bürgerrechte durch Gesetzeshüter schwadroniert– eine beeindruckende Leistung, wenn man bedachte, dass weder die Bürgerrechte noch die Polizeiarbeit Gegenstand der Vorlesung waren.
    Ich blätterte meine Aufzeichnungen durch, die weniger umfangreich waren als

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