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Falsches Blut

Falsches Blut

Titel: Falsches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Culver
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war weit und breit niemand zu sehen. Karens Haus war einstöckig, mit einer Doppelgarage und einer überdachten Veranda. Ich stieg aus, trat vor die Haustür und spähte hinein, allerdings konnte ich wegen der weißen Spitzengardinen vor den Fenstern nicht allzu viel erkennen. Das Haus schien komplett leergeräumt zu sein. Ich klopfte. Nichts. Ich sah noch einmal hinein, dann lehnte ich mich zurück, um einen Blick auf die schwarzen Ziffern an der Hauswand zu werfen. Ich stand eindeutig vor dem richtigen Haus.
    Vielleicht war sie ja umgezogen.
    Ich sah mich auf der Straße um, konnte jedoch immer noch niemanden entdecken. Vermutlich blieb mir noch ein klein wenig Zeit, also trabte ich um das Haus herum zur Rückseite. Karens Garten war so groß, dass jeder, der mich zufällig beobachtete, ein Fernglas brauchen würde, um mein Gesicht zu erkennen. Deshalb brauchte ich mir wohl keine Sorgen wegen irgendwelcher Augenzeugen zu machen. Entlang des Gartenzauns waren einige Sträucher gepflanzt, die jedoch allesamt reichlich verdorrt aussahen; außerdem spross überall Unkraut. Der Rasen knisterte leise unter meinen Schuhen, und die leuchtend grüne Farbe endete abrupt, sobald ich um die Hausecke bog. Ich bückte mich und zerdrückte ein paar Halme zwischen den Fingern, doch die Farbe löste sich wie Druckerschwärze von einer Zeitung. Ein gefärbter Rasen.
    Ich hasse die Vororte.
    Ich trat auf Karens gepflasterte Terrasse. Eine Doppeltür führte ins Wohnzimmer. Ich spähte ins Haus. Wie erwartet, war auch hier weit und breit kein Möbelstück zu sehen. Allmählich beschlich mich der Verdacht, dass es sich um eine reine Briefkastenadresse handelte. Unsere Leute von der Drogenfahndung unterhalten solche Wohnungen, um mit ihren Informanten und Undercover-Kollegen zu kommunizieren: Die Behörde mietet ein Apartment an und hat somit eine Lieferadresse für Sendungen an den Undercover-Officer. Eine hervorragende Methode.
    So praktisch solche Briefkastenadressen für uns sein mögen– am hilfreichsten sind sie jedoch für organisierte Verbrecherbanden. Ein Großdealer braucht nur ein Haus oder eine Wohnung anzumieten und seine Vorräte dort zu deponieren. Bis seine Straßendealer eintreffen und die Ware abholen, ist er längst auf der anderen Seite der Stadt. Nicht selten gehen der Polizei mit dieser Methode die kleinen Lichter ins Netz– die Typen, von denen die Ware stammt, bekommt sie jedoch nie zu Gesicht.
    Ich sah auf die Uhr. Noch vier Minuten. Ich holte tief Luft und drückte den geschwungenen Türgriff einer der beiden Terrassentüren nach unten, während ich mich mit der Hüfte gegen den Rahmen warf. Prompt sprangen die Zuhaltemechanismen im Inneren des Schlosses heraus, und die Türen schwangen auf.
    Kühle Luft schlug mir entgegen, als ich ins Wohnzimmer mit der offenen Küche trat. Der Raum hatte eine hohe gewölbte Decke, einen dunklen Holzboden und ausreichend Fenster, um den ganzen Tag über direkten Lichteinfall zu haben. Meine Schritte hallten auf den Holzdielen.
    Der Architekt hatte an nichts gespart– die Fenster- und Türeinfassungen waren aus massivem Mahagoni und in die Zimmerdecke Lautsprecherboxen eingelassen. Die Küche war nicht minder feudal, mit Schrankfronten, die ebenfalls nach Mahagoni aussahen, und einer grauen, fünf Zentimeter dicken Granitplatte mit silbrigen Einsprengseln. Auf dem Fußboden war keine einzige Schramme zu sehen, der Herd war tadellos sauber, und am Kühlschrank prangten weder mit Magneten befestigte Fotos noch Zettel. Lediglich ein schwarzer Reiskocher neben dem Kühlschrank und ein Wasserkessel auf dem Herd ließen den Schluss zu, dass das Haus bewohnt war.
    Sämtliche Briefkastenadressen, die ich im Zuge meiner Laufbahn gesehen hatte, waren die reinsten Drecklöcher. Da niemand ständig dort wohnte, scherte es auch keinen, wie es dort aussah. Im Gegenteil– im Grunde war Unordnung sogar besser, weil sich so viel leichter etwas verstecken ließ. Karens Haus fühlte sich irgendwie nicht richtig an.
    Ich öffnete den Kühlschrank, in dem neben Mineralwasser eine Flasche Sojasauce und ein grünes Glas mit asiatischen Schriftzeichen darauf standen. Wahrscheinlich Wasabi. Ich schloss die Tür und riss einige der Schranktüren auf. In einer standen Tupperware-Behälter, im nächsten Teller und ein paar Gläser, mehr nicht.
    Ich verließ die Küche und ging einen T-förmigen Korridor neben dem Wohnzimmer entlang. Der linke Flur führte in die Garage und in die Waschküche, wo ich

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