Falsches Blut
meiner Spritztour mit Bukoholow die Straßennamen gemerkt hatte, entpuppte sich nun als das einzig Gute, was ich an diesem Tag zuwege gebracht hatte.
18
Schließlich kehrte ich in mein Motel zurück, fiel ins Bett und war eingeschlafen, bevor ich auch nur darüber nachdenken konnte, ob ich mir die Kleider noch ausziehen sollte oder nicht. Nicht, dass das Bett so behaglich gewesen wäre; vermutlich hätte ich sogar auf dem blanken Beton geschlafen.
Ein Donnern, das das gesamte Gebäude erschütterte, ließ mich aus dem Schlaf hochfahren. Es war um die Mittagszeit. Als sich mein Puls einigermaßen beruhigt hatte, schloss ich die Augen wieder und atmete tief durch. Offenbar ging gerade das erste anständige Gewitter seit Wochen nieder, und die meisten Leute freuten sich bestimmt über die herrliche Abkühlung nach der gnadenlosen Hitze, die die Stadt im Würgegriff gehalten hatte. Ich hingegen hätte das Platschen des Regens mit Vergnügen gegen ein weiteres Stündchen Schlaf eingetauscht. Ich versuchte, wieder einzuschlafen, doch das Grollen ließ das ganze Haus vibrieren, sobald ich die Augen schloss. Offenbar wollte Gott, dass ich aufstand.
Fluchend schwang ich die Beine über die Bettkante. Mein Schädel hämmerte, und ich zuckte zusammen, als ein scharfer Schmerz durch mein Rückgrat fuhr. Vorsichtig betastete ich meinen Oberkörper. Die Rippen fühlten sich noch geprellt an, doch es schien nichts gebrochen zu sein. Ich würde also noch eine Weile unter den Lebenden weilen. Taumelnd ging ich zum Waschbecken, goss Wasser in den kleinen Kocher und bereitete mir eine Tasse von dem Gratiskaffee in Portionsbeutelchen zu, die in einem Körbchen zwischen Milchpulver- und Zuckertütchen lagen. Mit Hannahs tiefschwarzem Gebräu würde das Gebräu wohl nicht mithalten können, aber zumindest dazu beitragen, dass ich halbwegs wach wurde. Während das Wasser kochte, wusch ich mich und verrichtete das Morgengebet. Danach war ich etwas ruhiger. Ich setzte mich aufs Bett. Abgesehen von einem Ferienjob während des Colleges war ich immer nur Polizist gewesen. Mit zweiundzwanzig hatte ich mich auf der Polizeischule angemeldet und meine Entscheidung seitdem niemals hinterfragt. Mit meinen privaten Ermittlungen im Mord an Rachel und Robbie traute ich mich zum ersten Mal, mein angestammtes Territorium zu verlassen– mit dem Resultat, dass ich innerhalb weniger Stunden ein Gebäude bis auf die Grundmauern abgefackelt, einen Mann angeschossen und einen weitläufigen Drogenring mit Verbindungen zur Vampirismus-Szene aufgedeckt hatte. Keiner konnte behaupten, ich würde nichts auf die Reihe bekommen.
Ich schaltete den Fernseher an, um mir die Mittagsnachrichten anzusehen. Während sich die Reporter über den jüngsten Versuch des Bürgermeisters, mir durch eine Reihe » kleinerer Baustellen « meinen morgendlichen Weg zur Arbeit zu versauen, ausließen, nahm ich einen ersten Schluck Kaffee. Er war dünn, dafür aber siedend heiß (und damit so gut wie steril, so dass ich wenigstens nicht Gefahr lief, mir irgendeine widerliche Krankheit einzufangen. Mehr konnte man von einem Hotelkaffee nun wirklich nicht erwarten).
Nach zehn Minuten kam die Reporterin endlich auf die Tagesereignisse zu sprechen. Der Brand im Headley Business Park brachte es auf Platz eins der Meldungen. Viele Informationen schienen die Journalisten nicht zu haben, Erkenntnisse noch viel weniger, doch die begleitenden Aufnahmen verrieten mir alles, was ich wissen musste: Das Firmengebäude von Sunshine Products existierte nicht mehr. Die Reporterin erklärte, die Wasserzuleitung des Gebiets sei mangelhaft, weshalb die Feuerwehr gezwungen gewesen sei, das Löschwasser per Fahrzeug aufs Gelände zu bringen, statt die Hydranten anzuzapfen. Kein Wort über Patronenhülsen oder sonstige Hinweise auf einen Schusswechsel, aber die würden die Brandermittler schon noch finden, wenn sie das Gelände nach Beweisen absuchten. Doch mit ein bisschen Glück blieben mir noch ein paar Tage bis dahin.
Gerade als ich abschalten wollte, erschien der Nachrichtensprecher mit einer aktuellen Meldung wieder auf dem Bildschirm: Der Polizeichef habe mittlerweile die Namen der Leichen preisgegeben, die tags zuvor in der Nähe der Highschool aufgefunden worden waren, berichtete er: Alicia Weinstein und ihr Freund Mark Patterson. Beide Leichen, fuhr der Sprecher fort, hätten mehrfache Verbrennungen aufgewiesen. Worin die beiden auch immer verwickelt gewesen sein mochten– sie hatten es
Weitere Kostenlose Bücher