Falsches Spiel mit Hannah
zurück zum Ausgangspunkt. Leider konnte Hannah kein Wort von Heikes Unterhaltung verstehen, aber es war deutlich zu erkennen, dass sie immer genervter wurde.
Nachdem Myriam ihren Parcours fast wieder beendet hatte, klappte Heike das Handy zu.
âWir müssen Schluss machenâ, rief sie Myriam zu. âIch muss leider weg!â
âWas? Jetzt? Aber ich wollte doch noch â¦â
âDu kannst das Pattern ja alleine noch mal durchgehenâ, meinte Heike. âUnd morgen Vormittag treffen wir uns dann zur endgültigen Abstimmung. Mach dir keine Sorgen, du bist schon richtig gut, das wird super!â
Sie steuerte auf den Nebenausgang zu, genau zu der Stelle, wo Hannah gerade noch gestanden hatte. Hannah rannte schon zurück zum Ausgang. Anstatt allerdings nach rechts abzubiegen und auf den Hof zu laufen, wo Heike sie mit Sicherheit entdeckt hätte, hastete sie geradeaus in den Stall.
Du liebe Zeit, der war ja fast doppelt so groà wie der Stall der Sunshine Ranch. Die meisten Boxen standen leer, wahrscheinlich waren die Pferde auf der Koppel.
Die Kleine, die Hannah vorhin vor dem Roundpen gesehen hatte, stand in einer der Boxen und striegelte ihren Haflinger. âHast du Heike gefunden?â, fragte sie, als Hannah angeschossen kam.
âHeike?â Hannah blieb stehen. Richtig, angeblich war sie ja mit ihr verabredet gewesen. âNein ⦠äh ⦠sie war nicht in der Halle. Und nun suche ich ⦠das Büro.â
âGeradeaus über den Hof. Das kannst du gar nicht verfehlen. Aber ich glaube nicht, dass sie um diese Zeit da ist â¦â
Hannah rannte schon weiter. Sie musste weg von hier, irgendwohin, wo sie in Ruhe über alles nachdenken konnte.
An der Stalltür hielt sie inne und spähte auf den Hof. Niemand war zu sehen. Direkt vor ihr stand ein offener Kleintransporter. Wo war Heike?
âHi, Heike!â, hörte sie hinter sich die Stimme der Fünftklässlerin. âGut, dass du kommst. Hier war gerade jemand, der dich gesucht hat.â
Hannah warf einen erschrockenen Blick über die Schulter. So ein Mist, Heike hatte offensichtlich den gleichen Weg eingeschlagen. Sie stand direkt hinter ihr, vor der Box der Haflingerstute.
âMich? Wer denn? Ich hab jetzt keine Zeit â¦â
Hannah hatte auch keine Zeit. Noch hatte Heike sie nicht entdeckt, aber das würde sich ändern, wenn sie noch eine Sekunde zögerte. Sie schoss aus dem Stall und wollte über den Hof zu ihrem Fahrrad, aber im selben Moment bog Herr Petersen um die Ecke, ein Pferd am Halfter. Hannah schlug einen Haken und jagte wieder zurück.
Aber wohin? Ãber den Hof konnte sie nicht, im Stall war Heike. Blieb nur der offene Wagen. Ein Sprung und Hannah stand hinten auf der Ladefläche. Hier herrschte ein ziemliches Chaos, Paletten stapelten sich neben einem Strohballen, ein Berg von Pferdedecken reichte fast bis zur Decke.
Hannah duckte sich hinter dem Heuballen zusammen. Keine Sekunde zu früh. Rrrrrumsss! wurde die Seitentür zugehauen. Dann stieg jemand auf der Fahrerseite ein. Hannah hörte, wie der Motor angelassen wurde. Der Wagen setzte sich in Bewegung.
Langsam hob sie den Kopf und linste über den Strohballen nach vorn.
Hinter der Scheibe, die die Fahrerkabine vom Laderaum trennte, wippte ein Pferdeschwanz.
Heike.
Hannah lieà ihren Kopf wieder sinken. Sie machte sich ganz klein, zog die Knie zum Körper und legte ihre Stirn darauf. Wo war sie nur hineingeraten?
Sie waren ungefähr eine Viertelstunde in Richtung Stadtmitte gefahren, als der Wagen plötzlich anhielt. Hannah blinzelte beunruhigt nach vorn. Wenn Heike jetzt ausstieg und das Fahrzeug abschloss, dann wäre Hannah gefangen. Vielleicht müsste sie die ganze Nacht in dem Lieferwagen ausharren, bis Heike zurückkam und sie befreite.
Aber Heike stieg nicht aus. Stattdessen wurde die Beifahrertür aufgerissen und jemand setzte sich neben sie.
âHiâ, hörte sie Heike sagen. Das Schiebefenster, das die Fahrerkabine vom Laderaum trennte, stand einen Spaltbreit offen, deshalb konnte man sie gut verstehen. âHast du dich inzwischen wieder eingekriegt?â Ihre Stimme war fast nicht wiederzuerkennen. Die beiden Male, in denen Hannah sich mit ihr unterhalten hatte, hatte sie so fröhlich und sympathisch geklungen. Jetzt klirrte sie vor Kälte.
âTut mir leid, wenn ich dich nerve. Aber ich musste dich einfach
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