Falsches Spiel: Roman (German Edition)
nicht verlieren.
Die SMS schicke ich an die Nummer des Präsidenten.
Die Minute, die verstreicht, scheint endlos. Dann vibriert das Handy in meiner Hand. Auf dem Display wartet eine Nachricht. Wenige Worte, die mir bestätigen, dass die Schlauheit des Mannes am anderen Ende keine Legende ist. Seine Wut ist offenbar ebenso real.
Wer bist du, zum Teufel?
Unwillkürlich presse ich den Kiefer zusammen. Die Gegner, denen ich im Ring gegenüberstand, habe ich nie gehasst. Ich habe sie respektiert, selbst wenn sie wild entschlossen waren, mir die Hucke vollzuhauen. Auf diesen Mann spüre ich aber plötzlich Hass. Ich weiß nicht, was ihn zu seinen Machenschaften treibt, ob Habgier, Boshaftigkeit oder Dummheit. Ich weiß nur, dass er einer Welt von Korrupten angehört, die in der Hölle schmoren werden, wenn alles mit rechten Dingen zugeht.
Und wenn alles mit rechten Dingen zugeht, werden sie auch in diesem Leben schon einen gehörigen Tritt in den Hintern bekommen.
Ich tippe so brutal auf den Tasten herum, dass ich schon Angst um das Handy habe.
Jemand, der dich vor dem Knast bewahren kann. Wenn du tust, was ich sage, verlierst du nur dein Geld. Sonst …
Die Auslassungszeichen erscheinen mir selbst für einen ganz Harten wie Martinazzoli hinreichend aussagekräftig. Damit er begreift, dass ich nicht bluffe, schicke ich eine zweite SMS hinterher.
Wenn du einverstanden bist, setz bei der Rückkehr auf deinen Platz die rot-blaue Kappe deines Freundes auf.
Nachdem ich die Nachricht abgeschickt habe, fühle ich mich so befreit, dass mir fast schwindelig wird, als hätte ich zu viel Sauerstoff geatmet. Ich bin sicher, dass mich der Präsident mit all der ihm zu Gebote stehenden Fantasie verflucht. Doch bei all dem Mangel an Mitleid, der mir zu Gebote steht, ist mir das scheißegal. Mir ist es nur wichtig, eine weitere SMS zu schreiben. Im Telefonverzeichnis des Mister finde ich die Nummer, von der ich wusste, dass ich sie dort finden würde.
Schnell schicke ich die Nachricht ebenfalls ab.
Nachdem ich die Toilette verlassen habe, kehre ich in die Kabine zurück. Ein Gutteil der Spieler steht schon wieder im Tunnel, um aufs Spielfeld zurückzukehren. Sie mischen sich mit denen der anderen Mannschaft, mit denen sie oft auch schon in derselben Mannschaft gespielt haben oder es irgendwann in Zukunft tun werden. Es könnte ein schöner Moment im Sport und im Leben sein, wenn es nicht diese Hyänen gäbe, die den Fußball reißen und seinen Kadaver ausweiden wollen.
Roberto ist spät dran und zieht schnell noch ein sauberes Trikot über. Als sein Kopf oben rauskommt, stehe ich vor ihm. Er ist überrascht, aber nicht so, wie ich es erwartet hätte. Mein Sohn ist nicht dumm. Trotz des Mists, in den er verwickelt ist, halte ich ihn sogar für intelligent. Er hat mich hin und her laufen sehen, hat meine Miene bemerkt, und sein Gewissen drückt ihn. Außerdem wird der Präsident ihm mitgeteilt haben, dass sich die Sache im bedrohlichen Schatten eines Polizeitransporters in Luft aufgelöst hat, zusammen mit der Aussicht auf dreißig Millionen Euro.
Ich schaue ihm in die Augen, und dieses Mal ist er der Schwache. Nicht sein Blick, aber seine Worte und sein Tonfall sagen alles.
»Was ist hier los, Papa?«
Ich zeige auf seinen Spind.
»Schalte dein Handy ein.«
Er sieht mich überrascht an. Dann streckt er die Hand aus, öffnet die Schranktür, holt sein Handy aus der Jackentasche und schaut drauf. Das Display zeigt an, dass eine Nachricht eingetroffen ist. Er drückt eine Taste, und im Leuchtfeld steht, von wem sie ist. DI RISIO .
Roberto öffnet sie, liest und schnellt dann zu mir herum.
»Aber …«
Ich wende ihm den Rücken zu und lasse ihn allein mit der Frage, was die wenigen Worte bedeuten und was sie für die erste Halbzeit bedeutet haben mögen.
Halt dich da raus, Raubein.
Wenig später verlasse ich den Tunnel und gehe aufs Spielfeld. Draußen hat es zu regnen aufgehört, und am Himmel zeigen sich wieder große blaue Flecken. Die Sache, die mich eigentlich interessiert, ist aber eine andere. Ich schaue zur Tribüne hoch und suche Martinazzoli. Was ich sehen werde, weiß ich allerdings. Ich bin mir sicher, ihm eins dieser Angebote unterbreitet zu haben, die man nicht ablehnen kann, wie man so schön sagt. Triumphierend nehme ich zur Kenntnis, dass ich ihn dazu gezwungen habe, vor aller Augen eine rot-blaue Baseballkappe aufzusetzen, die so überhaupt nicht zu seinem Anzug passt.
Mit der Kappe auf dem Kopf sieht
Weitere Kostenlose Bücher