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Falsches Spiel

Falsches Spiel

Titel: Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariano Hamilton
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verständnislos an.
    »Ganz ruhig …«, sagte ich.
    Seit ein paar Stunden schon fühlte ich mich wie ein Idiot. Ich hatte keinerlei Durchblick mehr.
    »Gleich erzählst du uns alles. Aber jetzt beruhige dich erst mal. Hier kann dir nichts passieren«, sagte ich, und hielt sie weiter fest. Doch die Worte sprudelten ihr nur so aus dem Mund:
    »Zwei Autos kamen angefahren, acht bewaffnete Kerle sind ausgestiegen, haben José Luis, María Inés und Andrea aus dem Bett geholt und in den Hof des Landguts getrieben.«
    »Hast du ihre Gesichter gesehen?«, fragte ich.
    »Nein. Es war dunkel. Ich wollte zum Bahnhof, und in dem Moment habe ich den Aufruhr beim Haus bemerkt.«
    Ich ging zu dem Tisch, auf dem das Notizbuch, die Zeitungsausschnitte und die Schachtel Clifton lagen. Ich zündete mir eine an.
    »Versuch es so gut zu beschreiben, wie es geht«, sagte ich und setzte mich an den Tisch.
    María setzte sich zu mir.
    »Bekomme ich was zu trinken?«
    »Aber klar! Was darf ich bringen?«, erwiderte Espiño schon auf dem Weg zum Regal hinter der Theke.
    »Etwas Starkes.«
    Espiño holte eine Flasche importierten Whisky hervor, den er für besondere Anlässe unter der Theke aufbewahrte. Er stellte drei doppelte Whisky mit Eis auf den Tisch.
    María nahm ihr Glas und trank es zur Hälfte aus. Als sie mich wieder ansah, hatten ihre Augen ihren Glanz zurückgewonnen, und ihre Wangen waren rosig. Sie hatte sich gefasst.
    »Als ich am Haus vorbeikam, hörte ich quietschende Reifen und Geschrei. Ich bin stehen geblieben, habe über die Hecke gespäht und gesehen, dass acht Männer an die Tür hämmerten. Die Mädchen haben geschrien.«
    »Wie sahen die aus?«
    »Ich weiß nicht. Sie trugen dunkle Sturmhauben.«
    »Hast du die Autos gesehen?«
    »Nein. Ich war starr vor Schreck. Ich konnte mich nicht rühren. Und die Autos standen in der Seitenstraße.«
    »Und weiter?«
    »Die jungen Leute kamen der Reihe nach heraus. Die Männer hatten die Waffen auf sie gerichtet. Dann sind sie im Hof verschwunden. Ich habe sie in der Dunkelheit aus den Augen verloren, man hat nur noch die Lichter der Taschenlampen sehen können.«
    »Hatten sie Pistolen oder Gewehre bei sich?«
    »Gewehre.«
    Ich sah Espiño an und schwieg. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er dachte nach.
    »Ich muss nach La Falda und mit Marcelo reden«, sagte ich und stand auf.
    »Er ist wohl der Einzige, der uns helfen kann«, meinte auch Espiño. »Zumindest kann er uns sagen, welchen Sinn die Aufzeichnungen in dem Notizbuch haben, und warum es sich in seinem Besitz befand.«
    »Du bleibst hier, bis ich zurück bin«, sagte ich zu María.
    »Mich kriegen keine zehn Pferde nach Hause«, erwiderte sie.

19
    Um elf Uhr vormittags hatte ich den Flieger vom Aeroparque genommen, war vom Bahnhof Rodríguez del Busto mit dem Zug in die Berge gefahren und um Viertel vor zehn Uhr abends in La Falda angekommen.
    Die Fahrt war angenehm. Die Landschaft lenkte mich ein wenig von den quälenden Sorgen ab. Eine Lokomotive und zwei Waggons schlängelten sich langsam die Berge hinauf. Hinter La Calera fuhren wir durch die Punilla-Ebene und die Schlucht des Río Suquía. Der Zug hielt an jeder Milchkanne, bis wir endlich in La Falda ankamen.
    Der Bahnhof war nur fünfzig Meter lang. Ich holte mein Notizbuch heraus und suchte nach der Adresse des Hauses der Carter in La Falda. Der Absender auf Marcelos Telegramm an José Luis klang vage: »Centenario, Ecke Santa Fé.«
    An einem Kiosk gegenüber des Bahnhofs fragte ich nach einem Stadtplan. Die blonde Verkäuferin verlangte viertausend Pesos dafür – der reinste Wucher. Aber zum Feilschen hatte ich keine Zeit.
    Ich ging etwa zehn Blocks die Avenida Edén hinauf. So weite Strecken zu laufen, war ich nicht gewöhnt, schon bald taten mir meine Füße weh. Die Kälte ging mir durch Mark und Bein. Hier und da lagen noch ein paar Schneereste. Die Luft war zu sauber für meine verbrauchten Lungen. Als ich die Calle Santa Fé erreichte, bog ich rechts ab und kurz darauf kam ich an die besagte Ecke. Dort standen drei Häuser, ich musste mich entscheiden. Ich klingelte an dem Haus, in dem Licht brannte, und ein dicker Mann mit Schnauzbart öffnete.
    »Guten Abend, mein Freund«, sagte ich liebenswürdig. »Ich suche einen Jungen, der vor etwa einem Monat nach La Falda gekommen ist. Er heißt Marcelo. Man hat mir gesagt, er würde hier wohnen.«
    »Meinen Sie den Hippie?«
    Ich vermutete, er sprach von Marcelo.
    »Ja.«
    »Der wohnt da«, sagte

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