Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
Macht über dich und kann auch dich verzaubern. Versprich mir, dass du darauf achtest!«
Jella war lange genug in Afrika, um den Aberglauben der Menschen hier zu respektieren. Sie versprach Sarah, gut auf sich Acht zu geben, und gab dann ihren Männern den Befehl zum Aufbruch. Da sie nicht genau wussten, wo sich das Ovambodorf befand, nahmen sie Pferde. So waren die Spuren auch leichter zu verfolgen als mit dem Bakkie, der zwar schneller fuhr, aber auch auf feste Wege angewiesen war. In raschem Trab ritten sie in nordöstlicher Richtung ins Ovamboland.
Wenn sich Saburis Dorf etwa zwei Tage Fußmarsch entfernt von Owitambe befand, konnten sie es mit den Pferden leicht an einem Tag schaffen. Die Frage war nur, in welcher Richtung sie suchen sollten. Doch schon im ersten Ovambodorf, in dem sie nachfragten, konnte man ihnen zumindest sagen, wo Saburi lebte. Die Tatsache, dass eine Frau aus ihrem Volk einen Albinojungen geboren hatte, hatte sich bei den Ovambos wie ein Lauffeuer verbreitet. Jedes Kind wusste, wo das geschehen war. Allerdings hatte niemand Saburi in den letzten Tagen selbst gesehen.
» Hoffentlich ist sie nicht einfach zusammengebrochen und von wilden Tieren gefunden worden«, fürchtete Jella. Joseph schüttelte den Kopf.
» Wenn Saburi tot, dann wir hätten eindeutige Spuren«, meinte er. Jella war beruhigt. Zweifellos hatte er recht. Raubtiere hinterließen nach einem Fraß immer Spuren. Also setzten sie ihren Weg fort. Gegen Mittag legten sie eine Rast ein. Es war glühend heiß, und die Sonne brannte unbarmherzig auf die karge Savanne, der die Trockenheit der letzten Monate stark zugesetzt hatte. Die Landschaft war leicht hügelig und von lockerem Baumbewuchs überzogen. Eine große Schirmakazie bot ausreichend Schatten. Schweigend saßen sie ab, tranken aus ihren Wasserflaschen und knabberten etwas von dem zähen Kudubiltong, das ihnen Teresa mitgegeben hatte. Die beiden Herero legten sich zu einem Schläfchen hin. Jella war vom ungewohnten Reiten erschöpft und versuchte ebenfalls ein kleines Nickerchen zu machen, aber sie fand keinen Schlaf. Das Schicksal von Saburi empörte sie und wühlte sie tief auf. Sie setzte sich wieder auf und beobachtete die Umgebung. In einer kleinen Senke, etwas unterhalb ihres Lagerplatzes, entdeckte sie einen alten Mann, der im Schatten eines Baumes kauerte und eine kleine Ziegenherde bewachte. Er nahm von ihr keinerlei Notiz. Ihr kam plötzlich der Gedanke, dass er bestimmt jeden Tag hier saß. Vielleicht hatte er ja Saburi gesehen? Sie beschloss, ihn zu fragen. Da sie nicht viel Ovambo sprach, hoffte sie, dass der Alte auch etwas Herero verstand.
» Ist hier eine Ovambofrau gewesen, die einen kranken Arm hat?«, fragte sie. Der Mann antwortete nicht, also versuchte sie es mit den paar Brocken Ovambo, die sie sprach. Wieder keine Antwort. Der alte Mann drehte sich nicht einmal um. Sie beschloss, ihre Begleiter zu wecken. Vielleicht konnten die ja mit dem Alten reden. Als sie sich ein paar Schritte entfernt hatte, erhielt sie zu ihrer Überraschung doch noch eine Antwort – und zwar auf Deutsch.
» Warum willst du wissen, wo die Frau ist?«, fragte der Alte. Jella fuhr herum. » Hast du sie etwa gesehen?«
Der Alte musterte sie neugierig, schwieg aber weiter.
» Nun antworte mir doch!«, drängte Jella ungehalten. » Ich muss diese Frau finden. Sie ist krank.« Sie hatte keine Lust, sich auf die Launen dieses Sturkopfes einzulassen. Dem Anschein nach schien er etwas zu wissen. Normalerweise entsprach es nicht der Art von Hirten, eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten. Überhaupt erschien ihr der alte Mann mit seinem Lederumhang, in dessen Innenseite sie eine ganze Anzahl von Taschen mit unbekanntem Inhalt entdeckte, reichlich seltsam. Sie schätzte ihn auf vielleicht fünfzig oder sechzig Jahre, aber er konnte auch älter sein, denn sein Gesicht war von Hunderten feiner Fältchen überzogen, aus denen dunkle, ungewöhnlich klare Augen herauslugten. Endlich bequemte er sich zu einer Antwort.
» Es ist auch meine Sache zu entscheiden, ob ich dir antworten möchte oder nicht. Antworte mir erst auf meine Frage.« Seine Stimme war leise, aber sehr deutlich und bestimmend. Jella spürte, dass sie hier mit ihrem rüden Ton nicht weiterkam.
» Darf ich mich zu dir setzen?«, lenkte sie widerwillig ein. Der alte Mann streckte einladend seine Hand aus.
» Siehst du die kleine schwarze Ziege, die abseits von den anderen grast?«, fragte er sie aus heiterem
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