Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
Himmel. » Es ist die einzige schwarze Ziege in der Herde. Alle anderen darin sind braun oder hell oder gefleckt. Warum glaubst du wohl, dass sie abseits steht?«
Jella dachte nach.
» Vielleicht gibt es dort besseres Futter?«
Der Alte schüttelte ungeduldig den Kopf. » Nein, sieh doch, das Gras ist an dieser Stelle überall gleich.«
» Bestimmt wird sie gemieden, weil sie anders ist als die anderen«, versuchte es Jella noch einmal. Dieses Mal war sie sich ganz sicher, mit ihrer Vermutung richtig zu liegen. Außenseiter hatten es immer schwer. Der Alte lachte ein leises, fast verächtliches Lachen und schüttelte abermals den Kopf. » Nein, Ziegen sind keine Menschen. Ihnen ist es egal, wie die anderen aussehen. Du musst genauer hinsehen.«
Jella kniff die Augen zusammen und sah sich die schwarze Ziege genauer an. Erst jetzt erkannte sie, dass die schwarze Ziege gar keine Ziege war, sondern ein schwarzes Schaf. Der alte Mann hatte sie reingelegt.
» Du hast mich gefragt, ob ich die schwarze Ziege sehe, und ich habe dir geglaubt«, protestierte sie und musste plötzlich selbst lachen. » Was bezweckst du mit deinem Spaß?«
Der Alte sah sie vielsagend an. » Ich wollte herausfinden, ob du dich auf einen alten Mann wie mich einfach so einlässt.«
Was für ein komischer alter Kauz, murmelte Jella in sich hinein. Da sie nicht weiterkam, beschloss sie einfach, ihm von Saburi zu erzählen. Der Hirte hörte ihr aufmerksam zu und nickte immer wieder zustimmend. Schließlich deutete er auf einen kleinen aus Zweigen gebauten Unterstand, keine fünfzig Meter von ihnen zwischen Büschen versteckt. » Die Frau schläft dort.«
Jella war perplex.
» Sie ist hier? Warum hast du mir das nicht gleich gesagt? Ich muss sofort zu ihr!« Sie sprang auf. Doch der Alte hielt sie zurück. » Ich habe ihren Arm neu verbunden und ihr eine Medizin gegeben, damit sie den Schmerz vergessen kann. Sie schläft jetzt. Wenn sie aufwacht, wird sie entscheiden, ob sie mit dir gehen will.«
» Ich habe dir doch erzählt, dass ihr kleiner Sohn auf sie wartet. Sie muss mit mir gehen!«, widersprach Jella ungeduldig. » Außerdem muss sie dringend in meinem Krankenhaus behandelt werden, sonst stirbt sie an Wundbrand!«
» Die Verletzung bringt Saburi nicht den Tod«, meinte der Alte selbstbewusst. » Ich habe sie mit meiner Medizin behandelt. Sie wird helfen.«
Jella verdrehte die Augen. Sie mochte sich gar nicht ausdenken, was für Kräuter und Dreck dieser halsstarrige Alte auf Saburis Wunde geschmiert haben mochte. Wenn es schlimm kam, war ihr Arm nun nicht mehr zu retten. Vielleicht litt sie auch schon an Wundstarrkrampf. Sie durfte keine weitere Zeit mehr verlieren. Ohne sich weiter um den Alten zu kümmern, eilte sie zu dem Unterstand, in dem sie Saburi tatsächlich tief schlafend vorfand. Zu ihrer Überraschung wirkten deren Gesichtszüge entspannt, fast glücklich. Wenigstens schien sie keine Schmerzen zu haben. Der Alte musste ihr irgendeine Droge verpasst haben. Sie machte sich vorsichtig daran, den Verband aus Blättern und Hanffasern zu lösen. Zu ihrer Erleichterung schien sich die Infektion nicht noch weiter verschlimmert zu haben. Sie musste die Wunde jedoch dringend reinigen. Dazu brauchte sie ihre Arzttasche. Sie eilte rasch zu ihrem Lagerplatz, um sie zu holen. Als sie zurückkam, kniete der alte Mann neben Saburi und streichelte ihr sanft über den Kopf. Um ihren Arm war wieder der alte Blätterverband gewickelt.
» Du musst den Verband an ihrem Arm lassen«, tadelte er Jella streng. » In zwei Tagen werde ich ihn erneuern.«
Es war zum Haare Raufen mit diesen Menschen, fand Jella nicht zum ersten Mal in ihrem Leben. Die Leute hier mochten ja für manche Krankheiten ihre Heilmittelchen haben, aber schon von den einfachsten hygienischen Dingen hatten sie einfach keine Ahnung. Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben, um es dem Alten zu erklären. » Diese Wunde ist schon sehr lange sehr schlimm«, erklärte sie. » Ich habe sie aufgeschnitten und von Maden gereinigt. Wenn sie nicht sauber bleibt, dann stirbt die Frau.«
» Welche Muti gibst du ihr?«, fragte der Alte durchaus interessiert. Unter Muti verstand er offensichtlich Medizin.
» Es gibt kein Muti, das sie retten kann«, erklärte sie selbstbewusst. » Der Arm wird heilen, wenn die Wunde sauber ist. In deiner Salbe ist Dreck. Deshalb werde ich den Verband jetzt entfernen.«
» Mehr tust du nicht?«, fragte der Alte verächtlich. » Warum nimmst du keine
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