Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
dass er von Natur aus kein Mann war, dem es leichtfiel, Frauen mit ständigen Komplimenten zu umgarnen. Er sah die Dinge so, wie sie waren, und hielt Ehrlichkeit für aufrichtiger als galante Höflichkeiten. Ihm wäre nie eingefallen, ihr Blumen oder Pralinés zu schenken, weil er es schlichtweg als Verschwendung ansah. Waren Taten nicht mehr wert als tausend Worte?
Die Altstadt von Santa Cruz zog sich vom Hafen hoch in die kargen Vulkanberge. Sobald das Schiff vertäut und die Landebrücken angelegt waren, führte er Ricky in die quirlige Hafenstadt. Schon bald verließen sie die breite Rambla am Hafen und tauchten in eine der zahlreichen schmalen Gassen ein. Als sie so unbekümmert nebeneinander spazierten, kam es ihm vor, als kenne er Ricky schon sein Leben lang. Auch sie war an diesem Tag äußerst guter Laune und plauderte ohne Unterlass. Eine Bäuerin reichte Ricky von ihrem Obst- und Gemüsestand eine Tomate. Sie freute sich darüber wie ein Kind, biss herzhaft hinein und überreichte ihm den Rest mit einem kecken Lächeln. Valentins Herz machte vor Freude einen kleinen Sprung, als er die Frucht von ihr entgegennahm. Er blickte ihr tief in die Augen, während er sie aß. Doch Ricky löste sich eilig von seinem Blick und eilte zum nächsten Stand, wo sie diverse Stoffe bewunderte. Ihre Lebensfreude und Energie wirkten auch auf ihn ansteckend. Schon lange hatte er sich nicht mehr so unbeschwert und glücklich gefühlt. Lachend beobachteten sie, wie sich zwei streitende Fischer schließlich mit ihren eigenen Fischen gegenseitig bewarfen, bis eine ihrer Frauen aus ihrer Hütte eilte und erst dem einen und dann dem anderen eine schallende Ohrfeige verpasste. Wie schön es war, über dieselben Dinge zu lachen! An einfachen Fischerhütten vorbei, aus denen Kindergeschrei und Schimpftiraden zu hören waren, flanierten sie an einer Hafentaverne vorüber, aus deren Tür am helllichten Tag zwei betrunkene Matrosen wankten. Die beiden Trunkenbolde hielten sich gegenseitig an den Schultern, um sich zu stützen. Schließlich verharrten sie für einen Augenblick dicht vor den beiden und zogen dann mit einem unanständigen Rülpsen weiter.
» Puh!« Ricky wedelte angewidert mit der Hand vor ihrem Gesicht. » Mit dem Mundgeruch kann man ja eine Gaslaterne anzünden.«
Valentin sah sie mit aufgesetzter Unschuldsmiene an.
» Oh entschuldige! Wir können natürlich auch den langweiligen Weg über die Hauptstraße nehmen.«
» Um Gottes willen«, protestierte sie lachend. » Ich finde es hier wundervoll.«
Valentin kannte Santa Cruz genauso wenig wie Ricky, aber er hatte Erkundigungen eingezogen, wo es in der Stadt am schönsten war. Leider war seine Orientierung nicht die beste, sodass er bereits nach wenigen Abzweigungen nicht mehr genau wusste, wo sie waren. Zum Glück erschien irgendwann der schlanke Kirchturm der Kathedrale Nuestra Señora de la Concepción, und er konnte wieder vorgeben, sich auszukennen. Ricky gefiel der Spaziergang durch die schmalen Gassen offensichtlich ebenso gut wie ihm. Neugierig blieb sie am Eingang eines winzigen Geschäftes stehen, in dem riesige geräucherte Schinken an der Decke hingen. Eine alte Frau mit einem schwarzen Kopftuch ließ sich aus einem Holzfass Rotwein in einen irdenen Tonkrug füllen. Als der Ladenbesitzer ihr den Preis dafür nannte, begann sie lauthals zu krakeelen. Aus ihrem zahnlosen Mund schossen gelblich grüne Spuckfontänen, denen der Ladeninhaber angewidert auswich. Schließlich hob er geschlagen die Hände und senkte den Preis. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, marschierte die Alte schließlich triumphierend an ihm vorüber, während der Ladenbesitzer drei Kreuzeszeichen schlug. Ricky zwinkerte Valentin zu.
» Vielleicht sollten wir das auch einmal probieren«, meinte sie schelmisch. » Mit ein bisschen Spucke und Geschrei scheint man hier alles besonders günstig zu bekommen.« Valentin starrte fasziniert auf die Grübchen, die sich in Rickys Wangen bildeten, wenn sie lachte. Wie gern hätte er sie jetzt geküsst.
» Was starrst du mich denn so komisch an? Ist was mit meinem Gesicht?« Ricky rieb sich die Wangen.
» Nein, natürlich nicht«, entschuldigte er sich rasch. Er spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. » Ich habe nur gerade an etwas denken müssen. Lass uns in die Kathedrale gehen, dort soll das silberne Kreuz des spanischen Eroberers Alonso Fernandez de Lugo liegen.«
» Wie spannend«, meinte Ricky ohne besonderes Interesse. »
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