Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
mime. Ich kann das nicht und will es vielleicht auch gar nicht.«
» Müssen wir das heute diskutieren? Lass uns morgen darüber reden.«
Er versuchte besänftigend über Sonjas Kopf zu streicheln, doch sie hielt ihn davon ab. Die erneute Ablehnung ärgerte ihn. Wieso mussten Frauen so kompliziert sein?
» Nun sei doch nicht gleich wieder beleidigt!«, meinte er zunehmend ungehalten. » Du bist viel zu empfindlich. Falls es dir entgangen sein sollte – auch ich hatte heute einen anstrengenden Tag.«
Sonja antwortete nicht. Eisiges Schweigen füllte nun das Schlafzimmer. Raffaels Ärger stieß ins Leere. Mit versteinerter Miene verließ er schließlich das Zimmer.
Am nächsten Morgen erwachte er auf seinem Ledersessel im Salon mit steifen Gliedern. Er fühlte sich grässlich. Nach der unerfreulichen Szene mit Sonja hatte er die halbe Karaffe Whisky geleert. Jetzt dröhnte sein Kopf, und ihm war fürchterlich übel. Ein Blick auf die Uhr ließ ihn auffahren. In einer halben Stunde fuhr der Zug nach Swakopmund ab. Er hatte verschlafen! Sonja und Benjamin würden längst warten. Mühsam rappelte er sich hoch und begab sich ins Treppenhaus. Im Haus war es ungewöhnlich still.
» Sonja, Benjamin?«
Keine Antwort. Er stieg die Treppe hoch, um nachzusehen, doch als er in ihre Schlafzimmer kam, fand er sie leer vor. Die Schränke waren leergeräumt, und die Koffer waren ebenfalls verschwunden.
» Verdammt! Was bin ich doch für ein Idiot!« Raffael fuhr sich über die unordentlichen Haare und überlegte, wie viel Zeit ihm noch blieb. Er torkelte ins Badezimmer und kühlte seinen schmerzenden Kopf unter kaltem Wasser. Dann zog er rasch ein neues Hemd an und eilte zum Bahnhof. Als er schließlich dort ankam, war die ganze Familie bereits versammelt.
» Es tut mir leid, dass ich so spät bin«, entschuldigte er sich. » Ich musste noch etwas Dringendes erledigen.« Jella durchbohrte ihn mit einem ihrer typisch forschenden Blicke, als er Sonja recht unbeholfen grüßte. Seiner Schwester entging so gut wie nichts.
Zum Glück kam Ricky auf ihn zu und führte ihn von den anderen weg. Sie wirkte ziemlich verloren.
» Kann ich dich noch etwas fragen?«
» Was gibt es denn?« Raffael war mit seinen Gedanken ganz bei Sonja. Es fiel ihm schwer, seiner Nichte zuzuhören. Erst als er merkte, dass sie wirklich etwas auf dem Herzen hatte, gelang es ihm wieder, sich auf sie zu konzentrieren. » Hast du etwa Angst vor deiner eigenen Courage?« Er sah sie prüfend an.
Ricky knuffte ihn freundschaftlich in die Seite und lachte verlegen.
» Es ist …« Sie suchte nach den richtigen Worten. » Ich, nun ja …« Sie sah ihn ratlos an. » Du weißt, wie sehr ich mich auf Berlin und mein neues Leben freue. Es wird wunderbar, da bin ich mir ganz sicher. Auf der anderen Seite werde ich euch alle schrecklich vermissen. Weißt du, was ich meine?«
» Du fürchtest dich vor Heimweh, stimmt’s? Das kann ich verstehen.« Raffael nickte verständnisvoll. » Ich habe mich die ersten Wochen in London schrecklich gefühlt«, gab er zu. » Ich kannte ja niemanden, und als Farbiger hatte ich es auch nicht immer leicht. Aber nach einiger Zeit gelang es mir immer besser, mein Heimweh zu überwinden. Ich hatte ja etwas zu tun. Und so wird es dir auch ergehen. Du wirst viel erleben und gar keine Zeit für Heimweh haben.« Er deutete mit einem vielsagenden Blick auf Valentin Reuter, der etwas abseits von ihnen stand. » Außerdem bist du ja nicht allein.«
Ricky biss sich auf die Unterlippe und kämpfte nun doch mit den Tränen. » Du hast wahrscheinlich recht. Außerdem werde ich ja Mamas Freund in Berlin haben. Heinrich und seine Familie müssen sehr nett sein.«
Raffael wollte ihr ein Taschentuch reichen, doch Ricky schüttelte tapfer den Kopf. In diesem Moment kam Jella auf sie zu. » Erzähl Mama nichts von unserem Gespräch«, bat Ricky eilig und folgte ihrer Mutter zu den anderen. Es wurde nun endgültig Zeit, sich zu verabschieden. Raffael drückte Ricky an sich und begab sich dann zu Sonja und Benjamin. Der gestrige Streit lag immer noch wie eine dunkle Wolke zwischen ihnen. Sonja zeigte sich distanziert und nickte ihm nur kühl zu, während sein Sohn in seine Arme sprang und wild gestikulierend auf die dampfende Lokomotive deutete.
» Weißt du, wie groß der Dampfkessel ist, Papa?«, fragte er aufgeregt. Der Kleine ließ ihm keine Möglichkeit, sich mit Sonja auszusprechen. Widerwillig beantwortete er dessen Fragen und schielte immer
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