Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
wieder zu seiner Frau, die sich mit den anderen unterhielt. Erst als es Zeit zum Einsteigen war, gelang es ihm, ein paar Worte an sie zu richten.
» Es tut mir leid wegen gestern«, meinte er zerknirscht. » Ich hab das alles nicht so gemeint. Natürlich respektiere ich deine Zurückhaltung. Ich habe mich unmöglich benommen. Kannst du mir dennoch verzeihen?«
Sie schüttelte bekümmert den Kopf. » Ich muss dir nichts verzeihen. Ich fürchte nur, dass ich deinen Ansprüchen nicht genüge. Ich habe nachgedacht. Vielleicht sollten wir unsere Heirat doch noch einmal überdenken.« Ihr Gesicht wirkte starr und unglücklich, als sie Benjamin an die Hand nahm und mit ihm im Zug verschwand. Raffael fühlte sich wie geohrfeigt.
Unterdessen verabschiedeten sich alle tränenreich von Ricky. Jeder ermahnte sie noch einmal und bat sie, in der Fremde vorsichtig zu sein. Ricky ertrug es gelassen. Selbst Johannes hatte glänzende Augen, als er seine Enkelin umarmte und wortlos an seine Brust drückte. Er schien sie gar nicht mehr loslassen zu wollen. Erst als Jella, die sich bereits mit Fritz im Zug befand, ihn ermahnte, ließ er seine Enkelin ziehen.
Nach Berlin
Mit beiden Händen winkend stand Ricky an der Reling, bis ihre am Kai stehenden Eltern nur noch winzig kleine Punkte am Horizont waren und schließlich hinter der Erdkrümmung verschwanden. Der blaugraue Dampf des Postschiffes malte sich rasch auflösende Wolken in den blitzblauen Frühlingshimmel, über den schreiende Seemöwen ihre Kreise zogen. Mit einem tiefen Atemzug drehte sie sich um. Nun war es so weit! Der Traum ihres Lebens hatte endlich begonnen. Die Angst vor Heimweh, die sie vor Kurzem noch so heftig befallen hatte, löste sich mit jeder zurückgelegten Seemeile in Wohlgefallen auf und machte stattdessen einer stetig wachsenden Neugier Platz. Sie freute sich auf ihr neues Leben und konnte es kaum abwarten, endlich in Berlin anzukommen.
» Glücklich?«
Valentin Reuter war unbemerkt neben sie getreten. Ricky strahlte ihn an. » So glücklich wie noch nie in meinem Leben«, gestand sie aufgeregt. » Endlich werde ich mich so entfalten können, wie ich es mir immer erträumt habe. Es wird herrlich werden!«
» Ja, das wird es«, meinte Valentin versonnen. Auch er schien glücklich zu sein. Seine graugrünen Augen bohrten sich in ihre. Ricky bemerkte es leicht irritiert. Doch dann wurde sie von einer Schule Delfine abgelenkt, die in den Heckwellen des Postschiffes aufgetaucht waren. » Sehen Sie nur!« Sie deutete auf die stromlinienförmigen Tiere, die mit eleganten Sprüngen über die schäumenden Wellen setzten, einander übermütig jagten und dabei keckernde Laute von sich gaben. Sie konnte gar nicht genug davon bekommen, sie zu beobachten, und amüsierte sich prächtig über die akrobatischen Kunststücke der Meerestiere. Auch Valentin fand daran Gefallen. Er wusste einiges über diese merkwürdigen Tiere und unterhielt seine Schülerin damit. Erst als die Glocke zum ersten Mittagessen an Bord rief, trennten sie sich von dem Schauspiel. Valentin reichte ihr den Arm, und gemeinsam begaben sie sich in den Speisesaal.
Die Reise über den Atlantik gestaltete sich ruhig und angenehm. In Erinnerung an ihre Überfahrt von Hamburg nach Südwestafrika hatte ihre Mutter darauf bestanden, dass Ricky in einer Einzelkabine nach Deutschland reiste. Im Falle einer Seekrankheit würde sie sich so wenigstens zurückziehen können. Valentin Reuter reiste in der zweiten Klasse und musste sich seine Kabine mit drei anderen Männern teilen. Doch weder Valentin noch Ricky hielten sich längere Zeit in ihren Kabinen auf.
Ihre Reiseroute führte sie entlang der westafrikanischen Küste über den Äquator bis zu den kanarischen Inseln. Im Hafen von Santa Cruz auf Teneriffa legte das Schiff einen längeren Zwischenstopp ein. Valentin hatte Ricky einen kleinen Landgang vorgeschlagen. Zu seiner großen Freude hatte sie eingewilligt, ihn zu begleiten. Im Laufe der Überfahrt hatte sich eine gewisse Vertrautheit zwischen ihnen eingestellt. Ganz selbstverständlich waren sie von dem förmlichen Sie in das vertraute Du übergewechselt. Doch Valentin wünschte sich weit mehr als Freundschaft von Ricky. Immer stärker wurde ihm bewusst, dass er sich heftig in sie verliebt hatte. Leider wurde er das Gefühl nicht los, dass ihr umgekehrt nur wenig an ihm lag. Sein stilles Werben schien an ihr regelrecht abzugleiten, und er fand nicht den Mut, es deutlicher zu formulieren. Hinzu kam,
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