Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
fassungslos den Mund auf. Dieser verrückte Medizinmann war also tatsächlich der Meinung, dass dieses Tier ein Gott war? Wie verrückt war sie nur gewesen, ihm zu folgen.
» Du musst mit ihm reden«, verlangte Nokoma nachdrücklich. » Sag ihm, wie schön er ist und dass du dich durch seinen Besuch geehrt fühlst. Der Gott der Schlangen ist sehr eitel.«
Unter anderen Umständen hätte Jella vielleicht gelacht, aber die Angst verjagte noch den letzten Rest ihres Humors. Etwas im Tonfall des Alten riet ihr jedoch, seine Anweisungen zu befolgen. Natürlich war das Unsinn, denn jedes Kind wusste, dass Schlangen nicht hören können. Sie tat es dennoch – wahrscheinlich, um nur irgendetwas zu tun.
» Also gut!« Sie zwang sich, das Tier anzusehen, das keine Armlänge von ihr entfernt war. Immer noch war sie unfähig, sich zu rühren. » Ich finde dich sehr schön, Python«, sagte sie laut und deutlich und fügte dann undeutlich murmelnd hinzu, » allerdings bist du am schönsten, wenn du weit weg bleibst.« Die Schlange hob ihren großen dreieckigen Kopf und sah sie aus ihren Schlitzaugen neugierig an. Langsam schob sie ihren Körper noch näher an Jella heran. Die wünschte sich sehnlichst, ohnmächtig zu werden, doch das blieb ihr unglücklicherweise versagt.
» Rede weiter, und hör nicht damit auf«, forderte Nokoma sie auf. » Er mag deine Stimme und beginnt bereits, dir zu vertrauen. Erzähl ihm von deiner Angst!«
Die Python schob sich unterdessen noch weiter an Jella heran, bis ein Teil des Schlangenkörpers ihre aufgestützte Hand berührte. Zu ihrer Überraschung fühlte sich der Körper angenehm trocken und kühl an. Er war nicht glitschig, wie sie es immer befürchtet hatte. Der Kopf des Tieres hob sich nun noch ein Stückchen höher und war nun mit Jella auf Augenhöhe. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie die Vision, dass sich das Maul des Reptils wie ein Scheunentor öffnete und nach ihr schnappte.
» Ich habe fürchterliche Angst vor dir«, plapperte sie wie irr los. » Ich hasse euch Schlangen, weil ich eure Bewegungen so unberechenbar finde. Plötzlich taucht ihr auf und schnappt nach einem. Meine Tochter wäre um ein Haar an einem Kobrabiss gestorben. Es war ein hinterhältiger Überfall. Und ein anderes Mal wäre ich beinahe von einer Puffotter gebissen worden. Warum könnt ihr uns Menschen nicht einfach aus dem Weg gehen?«
Die Python ließ ihren Kopf sinken und kroch nun um Jella herum, bis ihr Leib sie fast umschloss. Gleich erwürgt sie mich, schoss es ihr durch den Kopf, aber dann fand sie, dass die Schlange dies schon lange hätte tun können. Seltsamerweise begann sich durch diese Vorstellung ihre Panik langsam zu legen. » Du bist gar kein Monster, nicht wahr?« Die Python hob erneut wiegend ihren Kopf und blickte sie aus gelben Augen an. Jella konnte beim besten Willen nichts Heimtückisches in ihrem Blick erkennen. Das machte ihr Mut. » Du bist ein Geschöpf dieser Erde, genau wie ich.« So banal diese Erkenntnis auch war, sie verschaffte ihr plötzlich die Gewissheit, dass das Tier nichts Böses gegen sie im Schilde führte. Es war einfach nur neugierig. Ihre verkrampfte Haltung lockerte sich ein wenig, und es gelang ihr tatsächlich, sich etwas zu entspannen. » Wahrscheinlich brauche ich noch eine ganze Weile, bis ich euch Schlangen gern haben kann«, fuhr sie fort. » Aber wenn du mich hier ungeschoren davonkommen lässt, dann werde ich es versuchen. Das verspreche ich dir.« Der Schlangenkopf sank wieder auf den Boden. In langen, wellenförmigen Bewegungen kroch das Reptil in Richtung Unterholz. Jella saß immer noch wie versteinert auf ihrem Platz und sah ihm nach. Sie konnte nicht glauben, was sie gerade getan hatte. Hatte sie wirklich die Schlange überredet, von ihr abzulassen?
» Fritz wird mich für verrückt halten«, murmelte sie verwirrt. Nokoma setzte sich neben sie.
» Der Schlangengott hat die ganze Nacht deinen Schlaf bewacht«, behauptete er. Jella sah ihn irritiert an. » Wie meinst du das?« Ein kaum vorstellbarer Gedanke schoss durch ihren Kopf, der durch Nokomas Worte zur Gewissheit wurde.
» Der Gott der Schlangen hat die ganze Nacht neben dir gelegen und deinen Schlaf behütet.«
» Das ist nicht wahr!« Eine neue Welle von Panik rollte an. » Hattest du etwa Albträume?« Jella schluckte und fasste sich an den Kopf. » Das kann doch alles gar nicht wahr sein! Ich habe eine Nacht mit einer Riesenschlange verbracht und es gar nicht gemerkt?«
»
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