Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
genug. Du kennst doch bestimmt noch mehr von diesen Plätzen, oder?«
Debe schüttelte den Kopf. Doch Nachtmahr ließ sich nicht abspeisen. Nackte Gier sprach aus seinen Augen. Debe fürchtete diesen Blick. Er wusste, dass der Mann nicht lockerlassen würde, bis er ihm eine neue Stelle verriet. So viele Tiere waren seinetwegen gestorben, und er hatte kein einziges um Verzeihung bitten können. Tränen voller Selbstmitleid traten in seine Augen. Er brauchte dringend noch einen Schluck Alkohol. » Gib mir die Flasche«, flehte er. Doch Nachtmahr schüttelte mitleidlos den Kopf. » Du bekommst keinen Tropfen mehr«, befahl er. » Hendrik, sorg dafür, dass die Kiste, die du ihm gestern gegeben hast, wieder in sicheren Gewahrsam kommt.«
» Der Schnaps gehört mir«, rief Debe panisch. » Es ist mein Lohn.« Er wollte Hendrik daran hindern, ihm die Kiste wieder zu nehmen. Doch der Orlam hielt ihn fest. Nachtmahr schüttelte angewidert den Kopf.
» Zum letzten Mal: Du bekommst erst wieder einen Tropfen Alkohol, wenn du mir verrätst, wo noch andere dieser sogenannten heiligen Plätze sind. Es muss doch noch mehr davon geben!«
» Es gibt nur diesen Platz«, beteuerte er. Bettelnd hielt er die Hand nach der Flasche ausgestreckt, die Nachtmahr immer noch in den Händen hielt. » Debe lügt nicht! Bitte, gib mir meine Flaschen zurück.« Schließlich kniete er vor Nachtmahr nieder und versuchte seine Füße zu umklammern. Ein derber Tritt katapultierte ihn zurück. Die Geister des Alkohols hatten den jungen Buschmann so fest im Griff, dass er sämtliche Selbstachtung verloren hatte.
Als Nachtmahr einsehen musste, dass er nichts erreichen konnte, wurde er wütend und jagte ihn davon.
» Verschwinde endlich, du Neger!«
Hendrik gab ihm zur Bekräftigung noch einen Tritt, sodass er in den Staub fiel. Debe raffte sich auf und stolperte davon. Noch tiefer konnte er nicht fallen. Seine Hände fuhren an den Hals zu dem Amulett, das ihm seine Mutter einst gegeben hatte. Er riss es los und schleuderte es in den Staub. Damit hatte er jede Verbindung zu seinem Volk abgebrochen.
*
Jella hatte die Augen geschlossen und ließ sich genießerisch den Wind um die Nase wehen. Fritz saß neben ihr und lenkte den offenen Bakkie. Er strahlte seine Frau an. Seit Wochen schien sie zum ersten Mal etwas entspannter. Freudig hatte sie seine Einladung angenommen und dafür sogar umgehend das Lazarett geschlossen.
» Das ist deine beste Idee seit Langem«, hatte sie zu seinem Vorschlag gemeint und darauf gedrungen, dass sie gleich am nächsten Morgen losfuhren. Fritz kam das merkwürdig vor. Normalerweise war es nicht ihre Art, so Hals über Kopf abzureisen.
» Wer kümmert sich denn um die beiden Grippekranken?«, fragte er.
Jella öffnete die Augen, vermied es aber, ihn anzusehen, als sie antwortete: » Saburi und Joseph. Ihre Angehörigen wollen die beiden ohnehin heute abholen.«
» Hast du keine Sorge, dass es noch neue Grippefälle geben könnte? Ich meine, wir wissen doch, dass die Epidemie längst noch nicht vorüber ist.«
» Es wird schon keiner kommen«, meinte sie leichthin. Fritz schob erstaunt die Augenbrauen zusammen. » Das sind ja ganz neue Töne. Mir hättest du Vorhaltungen gemacht, wenn solch ein Satz von mir gekommen wäre.«
» Das spielt eben diesmal keine Rolle. Ich möchte jetzt nicht darüber reden. Lass uns lieber unsere gemeinsame Zeit genießen!« Sie strich über seine Hand und sah ihn verführerisch an. Der Blick aus ihren grünen Augen löste seine Einwände tatsächlich in Luft auf. Seine Frau wusste eigentlich immer, was sie tat. Die Vorstellung, mit ihr schon bald unter dem Sternenhimmel im Buschmanns Paradies zu liegen und sich zu lieben, war um einiges verlockender.
Mit dem Auto erreichten sie ihr Ziel viel schneller als mit den Pferden. Noch bevor die Sonne unterging, näherten sie sich dem kleinen, unzugänglich wirkenden Felsmassiv, in dem kein Unwissender ein fruchtbares, kleines Tal vermutet hätte und wo sich Tiere aller Art friedlich versammelten. Schon seit Tausenden von Jahren wurde dieser Ort von den Buschmännern für kultische Handlungen benutzt. Felszeichnungen zeugten von der tiefen Verbundenheit der kleinwüchsigen Ureinwohner mit der Natur. Für sie war der Ort mehr als heilig. Sie nannten ihn Buschmanns Paradies, weil sich dort selbst die Wildtiere gegenseitig duldeten und einander kein Haar krümmten. Es war ein Ort seltener Magie und für Fritz und Jella zudem noch etwas
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