Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
vor. » Das Schiff geht erst in drei Tagen.«
» Das ist zu riskant. Keiner unserer Männer beim Zoll hat morgen Dienst. Wir müssen die Sache jetzt durchziehen.« Nachtmahr fuhr sich durch sein schlohweißes Haar. In Momenten wie diesen fühlte er sein Alter mehr denn je. Er war es leid, ständig auf Achse sein zu müssen. Das Leben in der Wildnis taugte für einen alten Mann wie ihn nicht mehr. Er sehnte sich nach Ruhe und Behaglichkeit. Er freute sich schon auf Tsumeb, wo er wenigstens in einem ordentlichen Haus wohnen und ein beschaulicheres Leben führen würde. Es war Zeit, diesen letzten Deal so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
» Wir pfeifen auf den Boten. Lasst uns aufbrechen!«
Hendrik sah ihn überrascht an. » Das hört sich so an, als wolltest du uns dieses Mal begleiten, Baas.« Nachtmahr nickte bestätigend. » Ja, so verlieren wir keine Zeit. Wir sind ohnehin spät dran und können von dort direkt die Zollstelle anfahren.«
Normalerweise wurde die Ware von Hendrik und zwei seiner Orlams abgeholt, während Nachtmahr schon mal zu der Zollstelle hinter Windhuk fuhr, um sich nochmals zu vergewissern, dass dort alles reibungslos ablief. Im Laufe der Jahre war es ihm gelungen, zwei der Zollbeamten zu bestechen. Gegen eine gewisse Summe Geldes drückten sie beide Augen zu, wenn Nachtmahr mit seinen Lieferungen den Zoll überquerte. Zwar hatte er für die Felle und Trophäen gefälschte Papiere dabei, was die Zollbeamten, die keine Bestechungsgelder von ihm erhielten, allerdings nicht davon abhielt, die Ware genauer zu untersuchen. Das galt es zu vermeiden.
» Und wenn unser Mann heute keinen Dienst hat?«, fragte Hendrik, der das Sicherheitsbedürfnis seines Baas durchaus teilte.
» Er wird schon da sein«, knurrte Nachtmahr ungeduldig. » Und wenn nicht, dann werden wir es eben mit unseren Papieren versuchen. Im Grunde genommen kann gar nichts schiefgehen.«
Mit ausgeschalteten Lichtern umfuhr der Lastwagen die Old Location, bis sie in die Nähe der Stelle kamen, wo sich zwischen der Schmiede und dem Schuppen eine schmale Gasse auftat. In sicherer Entfernung stoppte Nachtmahr den Lieferwagen. Bis zum Sonnenaufgang waren es noch gut zwei Stunden. Stille lag über dem Homeland. Es war die Zeit des tiefsten Schlafes. Dennoch befahl er Hendrik und einem anderen, die Gegend zu überprüfen. Nach einigen Minuten kamen sie zurück und gaben ihm zu verstehen, dass die Luft rein war. Der Lieferwagen näherte sich nun dem Schuppen. Vier Orlams sprangen von der Pritsche und machten sich daran, die Schiebetür zu dem Schuppen zu öffnen. Sie hatten sie kaum einen Spalt weit offen, als ihnen eine kräftige Stimme entgegendonnerte:
» Hände hoch, und ran an die Wand!«
Grelle Lampen blendeten die Männer und ließen sie für einen Augenblick erstarren.
Hendrik reagierte als Erster. Blitzschnell zog er seinen Revolver und schoss mehrmals in die gleißend helle Wand vor sich. Dann machte er einen Satz zur Seite und rollte sich ab in die Dunkelheit. Die Polizisten eröffneten nun ihrerseits das Feuer. Einer der Orlams ging mit einem Schrei zu Boden, den anderen gelang die Flucht in die Dunkelheit.
Nachtmahr, der gerade auf dem Weg zu der Scheune gewesen war, rannte zurück zum Wagen und versuchte ihn zu starten. Der erste Versuch misslang. Er startete ein weiteres Mal. Endlich sprang der Motor an. Als er den Gang einlegen wollte, um Gas zu geben, wurde die Tür aufgerissen, und ein Polizist zog ihn gewaltsam am Ärmel aus dem Wagen. Er schlug hart auf dem Boden auf und versuchte aufzustehen. Doch der Schlag mit einem Gewehrkolben in seine Magengegend ließ ihn erneut zusammensacken. Qualvoll schnappte er nach Luft.
» Schön liegen bleiben«, rief der Polizist, ein kräftiger Bure mit entschlossenen Gesichtszügen. Nachtmahr blieb nichts anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu fügen. Die anderen Polizisten waren unterdessen mit der Verfolgung der Orlams beschäftigt. Befehle ertönten, dann hörte er einzelne Schüsse. Allem Anschein nach war wenigstens seinen Männern die Flucht gelungen. In aller Eile rechnete er sich seine Chancen aus, den Polizisten auszuschalten. Im Moment war er ihm eindeutig unterlegen, denn der Bure stand über ihm und drückte ihm seinen Gewehrlauf in den Bauch. Eine Bewegung, und er war erledigt. Dann nahm Nachtmahr aus den Augenwinkeln eine Bewegung aus dem Dunkeln heraus wahr. Es war nicht mehr als ein Schatten, und doch barg er für ihn eine unerwartete Hoffnung.
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