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Familienalbum

Familienalbum

Titel: Familienalbum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Lively
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nur ausgedacht, weil du gewusst hast, dass mich das nervt.«
    Ah. Womöglich eine unbequeme Wahrheit. Etwas ist geschehen. Die Realität hat Einzug in das Spiel gehalten. Das Spiel hat seine Macht, seine Unangreifbarkeit verloren, die wirkliche Welt lässt ihre Muskeln spielen und behauptet sich auch dort.
    *
    Und so ist das Kellerspiel dem Untergang geweiht, das Damoklesschwert der Zeit hängt über ihm. Mit zwölf ist Paul noch dabei, mit dreizehn nicht mehr. Sandra, die Durchblickerin, ist vielleicht schon vorher abgesprungen. Bald wird der Keller wieder nichts weiter als ein Keller sein. Die Matratze, die Holzkisten, der kaputte Schrank werden die Jahrzehnte aussitzen, unbeachtet, unbenutzt. Die Daleks werden im Dunkel ihrer Ecke versinken. Aber die Holztafel unter dem Fenster hält auch weiterhin die STRAHFAUFGABEN und die STRAHFPUNGTE fest.

Sommer in Crackington Haven
    Katie hat keine acht Kinder. Sie hat überhaupt keine Kinder. Roger ist kein Pilot bei British Airways, sondern Kinderarzt in einer Klinik in Toronto. Katie ist von Boston hingeflogen, ihn besuchen, weil er Geburtstag hat und sie an einem Tiefpunkt ist – sie braucht ein paar Tage Tapetenwechsel und einen Schuss familiäre Zuwendung, speziell von diesem Mitglied der Familie. Zur Feier des Tages essen sie mittags im Restaurant oben im CN -Tower, was sich als schlechte Wahl erweist, weil Katie Höhenangst bekommt. Sie muss der fantastischen Aussicht, der eigentlichen Attraktion des Restaurants, den Rücken zukehren.
    »Dann adoptier halt eins«, sagt Roger.
    »Das haben wir auch schon überlegt. Klar. Würde ich auch, aber Al ist nicht so begeistert. Er hat das Gefühl, er könnte vielleicht nicht … Ach, ich kenn mich in seinen Gefühlen nicht so aus.«
    »Und ihr habt alles unternommen?«
    »Alles«, sagt Katie erbittert. »Künstliche Befruchtung – das ganze Theater. Jeden erdenklichen Test, alles, was man nur versuchen kann. Anscheinend liegt es an mir, nicht an ihm. Das macht es für mich irgendwie noch schlimmer.«
    Roger nickt. »Ja. Kann ich dir nachfühlen. Sollte allerdings nicht so sein.«
    »Eigentlich sollte man meinen, ich hätte etwas von der Harperschen Fruchtbarkeit geerbt, oder nicht?«
    »So was vererbt sich leider nicht unbedingt. Da wir schon dabei sind: Noch keiner von uns hat es zu Nachwuchs gebracht.«
    »Gina hätte gar keine Zeit. Sandra kann ich mir mit Kindern nicht vorstellen, die würden ja ihren Glamour ankratzen. Clare auch nicht. Paul – besser, er kriegt keine, würde ich sagen. Und was ist mit dir?«
    Roger breitet die Hände aus. »Ich warte immer noch auf die Liebe meines Lebens. Die lässt sich anscheinend Zeit.«
    »Tut mir leid, wenn ich so rumjammer«, sagt Katie. »Das reicht jetzt auch. Wir werden schon drüber wegkommen. Das heißt, ich werde. Al hat sich mehr oder weniger damit abgefunden.«
    »Ein Kind zu haben – Kinder zu haben –, ist für einen bestimmten Typ Frau das Einzige, was zählt. Ich kenne solche Frauen, bekomme sie oft genug zu sehen. Ich glaube nicht, dass du dazugehörst.«
    »Ich weiß, wer so war«, sagt Katie nach einer kurzen Pause. »Mum.«
    Roger nickt.
    »Mum wäre ohne Kinder unvorstellbar. Dad dagegen …«
    »Dad wusste gar nicht, wie ihm geschah«, sagt Roger.
    »Ach komm, Roger! Parthenogenese war’s keine.«
    »Viel mitzureden hatte er da wohl nicht. Außer, er hätte ganz auf Sex verzichtet.«
    Katie wirkt leicht schockiert. »Du meinst, Mum hat eins nach dem anderen gekriegt, fröhlich drauflos, bloß um ihren Fortpflanzungstrieb zu befriedigen?«
    Roger zuckt mit den Achseln. »Kann schon sein. Oder aus purer Schussligkeit.«
    »Das auf keinen Fall«, sagt Katie. »Sie fand doch immer, je mehr, desto besser.«
    »Richtig. Bis zum Gehtnichtmehr.«
    Sie wechseln einen kurzen Blick.
    »Ganz genau«, sagt Katie. »Wurde Dad also nur gründlich reingelegt, oder hat er nicht auch – hm – zurückgeschlagen?«
    Roger wird nachdenklich. »Nimm doch mal Pauls Geburtstag.«
    »Sie war schwanger, meinst du?«
    »Anzunehmen.«
    »Na und?«, sagt Katie. »Das kann passieren.«
    »Oder auch nicht.«
    »He«, ruft sie, »so was darfst du nicht sagen!«
    Roger neigt den Kopf. »Soll schon öfter vorgekommen sein. Die alte Masche.«
    »Aber doch nicht Mum …«
    Beide haben das Gefühl, ihre Eltern schweben im Raum – durch und durch bekannte und vertraute Menschen. Aber gleichzeitig ungreifbar, rätselhaft.
    »Irgendwie hat sie die Leute dazu gekriegt, zu tun, was sie

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