Familienaufstellungen
Verzweiflung tauchen weitere Gefühle auf: Schmerz, Trauer, Angst und auch Liebe.
Die Lösungssuche fällt den Eltern daraufhin leicht. Sie suchen sich einen neuen Platz: neben Rosalinde – als Unterstützung und Begleitung.
Norbert und Konstanze hätten in ihrer anklagenden Haltung Lösungsvorschläge der Therapeutin mit großer Wahrscheinlichkeit als Bedrohung empfunden und von sich gewiesen. Über die Skulpturarbeit erkannten sie nun selbst, dass sie durch ihr anklagendes Verhalten, welches durch die Kritik der Lehrerin befeuert wurde, Rosalindes Lernen behinderten. Sobald sie in der Skulptur diese Wechselwirkung am ganzen Leib spürten, fanden sie ohne lang nachzudenken einen neuen Platz und setzten sich zu Rosalinde.
Im folgenden Gespräch, zu dem die Eltern alleine kamen, überlegten sie, was es für sie in der Realität bedeuten könne, sich neben die Tochter zu setzen. Auch fand in der Folge ein Gespräch über die eigenen Schulerfahrungen statt, die erklärten, warum die Forderung der Lehrerin die Eltern so massiv unter Druck setzte. Über die Skulpturarbeit fanden die Eltern für sich eine eigene gute Lösung. Sie übernahmen damit die Verantwortung für einen neuen Umgang miteinander, der zu Hause eine bessere Lernatmosphäre entstehen ließ.
Hier ein kurzes Gedankenspiel: Angenommen, Rosalindes Eltern gehen nicht in eine Beratung, die Eltern klagen ihre Tochter weiterhin an und Rosalinde beschwichtigt immerzu. Was geschieht, wenn Rosalinde erwachsen ist?
Überwiegt bei beiden Elternteilen die anklagende Haltung, ist es zunächst wenig wahrscheinlich, dass ihr Kind diese ebenfalls einnimmt. Gegen zwei aufbrausende Hitzköpfe kann ein kleiner Sprössling wenig ausrichten. Als Kind hat Rosalinde mit der beschwichtigenden Haltung die meisten Erfolge erzielt. Sollte sie sich einen Partner aussuchen, der in Konflikten in die anklagende Haltung geht, wird sie ihre beschwichtigende Haltung wahrscheinlich beibehalten. Es wäre aber auch denkbar, dass sie in anderen Beziehungen, beispielsweise im Umgang mit Kolleginnen oder mit ihren eigenen Kindern, selbst die anklagende Haltung einnimmt, denn diese lernte sie ebenfalls.
Trigger – Skulpturarbeit mit Paaren
Eine weitere Form, mit Skulpturen Beziehungen auf den Grund zu gehen, ist die bereits erwähnte Triggerarbeit. Das Wort »Trigger« kommt aus dem Englischen, im technischen Bereich bezeichnet es einen Schalter. Auf Beziehungen übertragen geht es um Verhaltensweisen, die beim Gegenüber unverständlich starke Reaktionen auslösen. Das Verhalten oder die Worte eines Partners rufen beim anderen so ungeahnt heftige Gefühle hervor, dass dieser nur noch den Kopf schütteln möchte.
Erinnern Sie sich an die Geschichte von Sabine und Martin im ersten Kapitel? Sabine reagierte nicht nur verärgert, sondern fühlte sich bis ins Mark getroffen, wenn ihr Freund Martin ihre Fragen nicht beachtete. Im ersten Teil der Skulpturarbeit stellte sie sich und ihren Freund auf. Über die Haltung, Mimik und Gestik im Zusammenspiel mit ihrem Partner wurden die starken Gefühle wieder aktiviert. Sie konnte erkennen und sagen, dass sie diese Gefühle schon lange kennt. Ihr wurde bewusst, dass in einer solchen Situation alte Verletzungen wieder belebt wurden.
Bei der Triggerarbeit wird nun der Partner durch die Person ersetzt, auf die sich das ursprüngliche Gefühl bezieht. Sabine stellt also ihren Vater auf die Position, auf der zuvor Martin stand. Um das Verhältnis zwischen Tochter und Vater grundlegender zu verstehen, wird Sabine aufgefordert, auch ihrer Mutter und ihren Geschwistern einen Platz zu geben und alle Familienmitglieder mit einer eigenen Haltung zu versehen. Während Sabine im Folgenden die Kommunikationsstile in ihrer Herkunftsfamilie erarbeitet, sitzt Martin daneben und erhält einen Einblick in Sabines Beziehungserfahrungen. Er erlebt, wie Sabine zum Abschluss der Familienskulptur auf ihren Vater zugeht und ihm erzählt, wie sehr sein eisiges Schweigen sie verletzt hat, welche Anstrengungen sie unternommen hat, um ihn, den geliebten Papa, zu erreichen und von ihm gesehen zu werden.
Sabine und Martin lernen beide Neues durch die Skulptur: Martin begreift jetzt, wo bei Sabine »Tretminen« liegen. Sabine lernt, zwischen Martins Verhalten und dem Verhalten des Vaters zu unterscheiden und beidem eine unterschiedliche Bedeutung zu geben. Sabine sah als kleines Mädchen keine andere Möglichkeit, als auf das Schweigen des Vaters mit Wutausbrüchen zu
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