Familienaufstellungen
Kind zusehends schwerer, aus verschiedenen belastenden Rollen wieder hinauszuschlüpfen. Verschieben sich die Positionen, weist dies darauf hin, dass das ganze Familiensystem aus dem Lotgeraten ist. Oft ist hier die Unterstützung durch einen Außenstehenden, z.B. einen Familientherapeuten, ratsam, der dabei hilft, die Verantwortung wieder umzuverteilen. Familienaufstellungen können dazu beitragen, solche oft unbewusst eingenommenen Rollen zu entschlüsseln und die Beziehung zwischen Eltern und Kindern zu klären.
→ Die Rolle des Supermanns, der Superfrau:
Hier übernimmt ein Kind die Verantwortung für ein oder beide Elternteile. Es macht sich Sorgen um die Eltern, weil diese z.B. krank sind; oder es zieht alle Fäden, bestimmt die Regeln, die in der Familie gelten sollen, weil die Eltern keine Kraft oder keine Lust dazu haben. Oder das Kind kümmert sich um den guten Ruf der Familie, weil z.B. der Vater arbeitslos ist. Hier findet eine Umkehrung der Ordnung und der Machtverhältnisse statt. Das Kind erbringt eine Leistung, meist freiwillig, die in der Verantwortung der Eltern liegen müsste. Es wechselt auf die Elternebene.
Diese Position bringt den Gewinn, dass das Kind sich stark, verantwortungsvoll und erwachsen fühlt. Welches Kind ist nicht stolz, wenn es Aufgaben übernehmen darf, die eigentlich den Großen zustehen? Allerdings bezahlt es mit einem frühen Abschied von der Kindheit.
→ Die Rolle des königlichen Boten, der königlichen Botin:
Wenn ein Kind sich wie ein Bote zwischen zwei Königreichen erlebt, liegen – oftmals verdeckt – Konflikte auf der Paarebene vor. Die Eltern vermeiden den unmittelbaren Kontakt und die Auseinandersetzung miteinander, das Kind übernimmt den indirekten Informations- und damit auch Konfliktaustausch. Hierbei gerät es in einenZwiespalt. Wie soll es reagieren, wenn Mama und Papa gegensätzliche Interessen verfolgen, es aber keinen von beiden verletzen und verlieren möchte? Das Kind mischt sowohl auf der Paarebene wie auch auf der Elternebene mit. In Fragen der Partnerschaft und der Erziehung wird das Kind jeweils von einem Elternteil in die Entscheidung mit einbezogen. Familientherapeuten nennen diesen Vorgang »Triangulierung«.
Vordergründig genießt das Kind die vielen Freiheiten, von einem der Eltern erhält es ja sicher die Erlaubnis! Die Seele des Kindes leidet aber zutiefst, da es jeweils einen Elternteil verletzen muss. Auch hier bleibt wenig Raum für die Bedürfnisse des Kindes, weil alle Energien in dem andauernden schwelenden Konflikt gebunden sind. Darüber hinaus lernt das Kind nicht, seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse überhaupt wahrzunehmen.
→ Die Rolle des Liebhabers, der Liebhaberin:
Wenn es in der Partnerschaft keine Liebe mehr gibt, besteht für ein Kind die Gefahr, vom meist gegengeschlechtlichen Elternteil in eine Partnerrolle gedrängt zu werden. Dies kann auf unterschiedlichen Ebenen geschehen, sei es als Gesprächspartner, als Liebespartner auf emotionaler Ebene oder sogar als sexueller Partner.
Die offensichtlichste und traumatisierendste Grenzverletzung ist der sexuelle Missbrauch. Daneben gibt es aber auch Formen des seelischen Missbrauchs, bei denen ein Kind mit Erfahrungen und Gefühlen konfrontiert wird, die in die Partnerschaft gehören. In dieser Position kann ein Kind seine Eltern nicht mehr achten, es wird verwirrt und haltlos. Auch wenn das Kind diese Rolle freiwillig einnimmt, weil es seinen Vater oder seine Mutter liebt und sie auf keinen Fall verlieren möchte, möglicherweise aus dieser Rolle einen Gewinn zieht, ist es für eine solche Missbrauchssituation nichtverantwortlich. Auch wenn der Vater oder die Mutter während der Kindheit selbst Opfer von Missbrauch war, entbindet das ihn bzw. sie nicht von der Verantwortung.
→ Die Rolle des schwarzen Schafes:
In dieser Position wird das Kind für Dinge verantwortlich gemacht, auf die es keinen Einfluss hat. Lautstark oder auch unbewusst werfen die Eltern dem Kind vor, dass sie seinetwegen auf ihr Leben verzichten müssen, z.B.: »Deinetwegen mussten wir heiraten« oder: »Wegen dir muss ich meine Karriere aufgeben.« Das Kind entwickelt Schuldgefühle, sein Selbstwert schwindet. Oft wird es in seinem Verhalten auffällig, es schlägt, verweigert sich in der Schule, stiehlt oder zieht sich extrem zurück, sodass es mit seinem Verhalten das Sündenbockmuster bestätigt. Für das Kind ist es leichter zu ertragen, wegen aggressiven, faulen Verhaltens bestraft
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