Familienaufstellungen
zu werden, als »einfach nur so«, was heißen soll: allein wegen seiner Anwesenheit.
→ Die Rolle des Feenkindes:
Das Feenkind hält mit seinen Krankheiten, seinem dünnhäutigen Wesen die Eltern auf Trab und damit die Ehe zusammen. Es scheint, als ob dieses Kind beim Gehen nicht den Boden berührt. Indem es den Eltern große Sorgen macht, gelingt es ihm, die Eltern von ihren (Paar-)Problemen abzulenken. Als Gewinn zieht das Kind aus dieser Position ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Es wird mit Liebe regelrechtüberschüttet. Ihm fehlen aber klare Grenzen, Raum für seine eigenen Entwicklungsthemen und damit der nötige Halt. Nicht selten neigen diese Kinder zu Aufmerksamkeitsstörungen.
→ Die Rolle des Nobody:
Aus Angst, die familiären Probleme noch mehr anzuheizen, zieht sich »Nobody« zurück. Dieses Kind versucht, möglichst nicht aufzufallen, es macht sich quasi unsichtbar. Es behält Ängste und Nöte für sich. Im Kindergarten, in der Schule schwimmt es möglichst in der Mitte mit. In einer problembelasteten Familie mit mehreren Kindern nimmt oft das dritte Kind diese Rolle ein, nachdem das erste Kind bereits die Supermannrolle und das zweite häufig die Rolle des schwarzen Schafes übernommen hat. Der Vorteil für das Kind besteht darin, dass es in Konflikten außen vor bleibt und nicht in den Chaosstrudel hineingerät. Allerdings lernt auch es nicht, sich konstruktiv mit Konflikten auseinanderzusetzen und seinen Gefühlen Aufmerksamkeit zu schenken.
Schlüpft ein Kind hie und da kurz in solche Rollen wie in ein Faschingskostüm, übernimmt es beispielsweise für eine überschaubare Zeit elterliche Funktion und passt auf seine Geschwister auf, ist es ihm leicht möglich, diese wieder abzustreifen. Wächst das Kind aber über viele Jahre in diese Rolle hinein, füllt es sie immer stärker aus und verbindet sie zusehends mit der eigenen Person. Dann braucht das erwachsen gewordene Kind, wenn es von dem zum Korsett gewordenen Kostüm eingeengt wird, Unterstützung.
In der Familienaufstellung sieht der Aufstellende dann diese zweite Haut, diese ihm so sehr vertraut gewordene Rolle, von außen. Er erfährt durch die Rollenspieler, welche möglicherweise unerträglichen Gefühle mit seiner Position verbunden sind: Gefühle, die er oder sie selbst schon so verinnerlicht hat und für »ganz normal« hält, dass er sie nicht mehr wahrgenommen hat.
3.3 »Ordnungen der Liebe« – der systemischphänomenologische Ansatz Bert Hellingers
Auf der Grundlage der bisher vorgestellten familientherapeutischen Annahmen, verbunden mit Erkenntnissen aus anderen therapeutischen Ansätzen, entwickelte Bert Hellinger die systemisch-phänomenologische Therapie. Er nahm den Weg über die Gruppendynamik, Gestalttherapie, Psychoanalyse, Primärtherapie und Transaktionsanalyse, bis er zuletzt auf die Familientherapie stieß.
Über die Arbeit mit Familienaufstellungen erklärte er, wie psychische Störungen und psychosomatische Krankheiten vielfach mit systemischen Verstrickungen zusammenhängen und wodurch diese gelöst werden können.
Er beschrieb als Erster die Aufstellung als ein »wissendes Feld«, in dem sich über die Stellvertreter eine sonst verborgene Wirklichkeit auftut, in der die Verbindung zu lebenden und toten Familienmitgliedern, zu geachteten wie zu ausgegrenzten Personen spürbar wird. Der Biologe Rupert Sheldrake erklärt dieses Phänomen mit seiner Theorie der »morphogenetischen Felder«. Hellinger führte Therapeuten und Therapeutinnen an eine intuitive Arbeitsweise heran, sich ausschließlich von dem leiten zu lassen, was in der Aufstellung wahrzunehmen ist. Therapeuten sollen sich den sich zeigenden Phänomenen der Aufstellung, der sich zeigenden Familiendynamik anvertrauen. Damit zollt er der Eigendynamik von Systemen hohen Respekt. Phänomenologisch arbeiten heißt für ihn:sich den »Bewegungen der Seele« zu öffnen, ohne Furcht, ohne Wissen, ohne Absicht.
Hellinger geht von einer Art »Gruppengedächtnis« aus, in dem die früheren Familienereignisse gespeichert sind und die sich während einer Aufstellung zeigen. Dieses »Sippengewissen«, wie er es auch nennt, reguliert die Beziehungen und achtet darauf, wie jeder mit seinem Tun seine Zugehörigkeit zum System sich sichert und womit er riskiert, die Zugehörigkeit zu verlieren (zum Beispiel durch Mord). Dieses Familiengewissen versteht er als eine Art systemisches Gleichgewichtsorgan, mit dem jedes Familienmitglied wahrnehmen kann, ob er
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