Familienaufstellungen
Menschen, deren Leben sich durch ein Baby komplett neu strukturiert. Jetzt tragen sie für ein kleines, völlig hilfloses Wesen die volle Verantwortung. Das erste Kind spürt die Unsicherheit der Eltern. Außerdem hat es ausschließlich erwachsene Vorbilder: Mutter, Vater, vielleicht auch noch die Großeltern. Dies erklärt, warum Erstgeborene oft zur Vorsicht und zur Perfektion neigen. Denn sie orientieren sich in ihrem Verhalten und ihren Leistungen von klein auf an Erwachsenen. Hierdurch unterscheiden sie sich wesentlich von jedem nachfolgenden Geschwister. Oder haben Sie schon einmalerlebt, dass das Jüngste mucksmäuschenstill beim Kaffeetrinken sitzen bleibt, weil es unbedingt die Gespräche der Erwachsenen hören möchte?
Zweit- und Spätergeborene können viel klarer zwischen Erwachsenen- und Kinderwelt unterscheiden. Sie kommen in eine bereits routinierte Familie hinein und orientieren sich an ihren älteren Geschwistern, deren Entwicklungsvorsprung offenbar eingeholt werden kann. Ihre weniger exponierte Stellung gleichen sie häufig durch Entfaltung besonderer Talente aus. Ob Künstler oder Libero – die Mittelgeborenen manövrieren sich geschickt durchs Leben.
Das jüngste Kind erhält in der Regel die meiste und längste Fürsorge – nicht nur von den Eltern. Auch größere Geschwister wetteifern oft darum, wer das süße kleine Baby auf dem Arm halten darf, selbst wenn dieses »Baby« bald zwei Jahre alt ist und bereits laufen kann.
Jede Position in der Geschwisterreihe hat ihre Vor- und Nachteile. Hier nur einige Aspekte: Erstgeborene lernen früh, Verantwortung zu übernehmen, ihr Leben zu organisieren, müssen aber eher auf intensive Fürsorge und oft auch auf Zärtlichkeit verzichten. Die Mittelgeborenen sind unschlagbare Diplomaten. Sie lernen, zwischen oben und unten zu vermitteln und sich dort anzuschließen, wo gerade das Leben tobt. Dabei fragen sie sich oft, was ihr eigentlicher Wunsch gewesen sein könnte. Sie sehnen sich danach, dass ihre Person wichtig genommen wird. Die Jüngsten hingegen bestechen oft durch ihren Charme. Sie haben schnell gemerkt, dass sie alle Erwachsenen mit ihrem fröhlichen Lachen in der Hand haben. Sie ärgert aber, dass ihre Entwicklungsschritte wenig berücksichtigt werden und kaum einer mitkriegt, dass auch sie heranwachsen.
Wenn Kinder in diesen unterschiedlichen Rollen von den Eltern wahrgenommen werden, hat jedes Kind gleich gute Entwicklungschancen. In Familienaufstellungen ist dies daran zu erkennen, dass sich alle Geschwister wohlfühlen, wenn sie in der durch die Geburt vorgegebenen Reihenfolge nebeneinander stehen. Schwierig wird es für die Kinder, wenn eines von ihnen bevorzugt wird, sei es aufgrundder Sympathie der Eltern oder aber auch durch Besonderheiten in der Entwicklung. Ist beispielsweise ein Kind in der Familie krank oder behindert, übernimmt oft ein jüngeres gesundes Geschwister die Rolle eines älteren, was zu Spannungen zwischen diesen führt. Oder wenn ein Vater die jüngere Tochter der älteren vorzieht, ihr mehr Rechte zugesteht, gibt es Krach in der Familie.
Wie Kinder ihren Eltern helfen wollen
Wer sind die wichtigsten Menschen im Leben eines Kindes? Die Frage mag zunächst komisch anmuten – »Natürlich die Eltern!«, werden Sie antworten. So logisch das klingt, so wenig machen wir uns bewusst, dass dadurch jedes Kind in einer Dreiecksbeziehung aufwächst, egal, ob weitere Geschwister zur Familie gehören oder ob beide Eltern real anwesend sind. Diese Triangelbeziehung prägt, wie das Kind sich selbst einschätzt, welchen Selbstwert es entwickelt, wie es Zweierbeziehungen gestalten wird und wie es sich in Gruppen verhält.
Dreiecksbeziehungen sind erfahrungsgemäß nicht einfach. Und auch in der Vater-Mutter-Kind-Beziehung besteht die Gefahr, dass Koalitionen entstehen oder Streitigkeiten über Eck gelöst werden. Zudem stellt sich die Frage, wie die Verantwortung zu verteilen ist. Hier zeigt sich nun, dass die Positionen nicht beliebig austauschbar sind. Wenn das Kind wie ein Erwachsener Verantwortung für Erziehungsfragen übernimmt oder in der Partnerschaft mitmischt, wird es überfordert und gerät in Loyalitätskonflikte. Das Kind schlüpft in eine ihm nicht angemessene Rolle bzw. wird von einem oder beiden Elternteilen auf eine ihm fremde Beziehungsebene gehoben.
Die unten aufgeführten verschobenen Rollen sind also nicht angeboren. Prinzipiell lassen sie sich wieder abstreifen – allerdings fällt es dem großen
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