Familienbande
es würde sicher nicht lange dauern, bis er sich wieder schloss. Darrek hatte wieder seinen gewohnten Gesichtsausdruck aufgesetzt und sah Laney herablassend an.
„Nein, gar nicht“, sagte er. „Das hatte ich ja ganz vergessen. Du hast dich schließlich immer im Griff, nicht wahr?“
Darreks Sarkasmus versetzte Laney einen Stich und sie wäre am liebsten im Erdboden versunken. Wie nur hatte Darrek sie dazu bringen können, von ihm zu trinken? Unter Vampiren gab es fast nichts Intimeres als das Blut des Partners zu kosten. Die einzige Steigerung wäre, dasselbe während der körperlichen Vereinigung zu tun. Sofort wurde Laney wieder rot. Mit Darrek? Wie konnte sie auch nur darüber nachdenken, sich von ihm berühren zu lassen? Er war grob und ungehobelt. Er tötete Menschen und hatte keinerlei Respekt vor dem Leben. Und dennoch war sie in seinen Armen dahin geschmolzen wie Butter. Etwas Peinlicheres war ihr noch nie passiert.
„Wo … wo sind die anderen?“, fragte Laney, um vom Thema abzulenken, und sah sich um. „Was ist mit Liliana passiert?“
„Annick und Alain passen auf sie auf. Wo William ist, weiß ich nicht.“
Laney erhob sich umständlich und streckte sich. Obwohl ihr die Geschehnisse unangenehm waren, musste sie zugeben, dass Darreks Blut geholfen hatte. Sie fühlte sich nicht mehr müde und hatte auch kaum noch Schmerzen. Stattdessen war sie nun voller Tatendrang und brannte darauf endlich zu tun, weswegen sie hergekommen waren.
„Und? Wie gehen wir vor? Wird einer von uns die Insel auskundschaften oder gehen wir alle zusammen?“
Überrascht sah Darrek Laney an. Er hatte nicht erwartet, dass sie dazu imstande wäre, das Thema so schnell abzuhaken und sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Er lächelte.
„Ich denke, es wäre das Beste, wenn wir Liliana irgendwo festbinden“, sagte er dann. „Sie ist im Moment ohnehin keine Hilfe und falls sie aufwacht und den stummen Befehl noch nicht überwunden hat, könnte sie die gesamte Operation gefährden.“
„Wir könnten sie auch als Köder benutzen“, schlug Laney vor und biss sich dann auf die Zunge. „Nein. Vergiss, was ich gesagt habe. Das ist viel zu gefährlich. Ich weiß gar nicht, wo der Gedanke herkam.“
Darrek schwieg einen Moment und dachte nach.
„Ich finde die Idee gar nicht so schlecht“, gab er dann zu. „Der Wilde könnte sich überall auf der Insel versteckt haben. Wenn wir alles abkämmen wollen, könnten die Diener vom Tag überrascht werden, bevor wir den Wilden überhaupt gefunden haben. Ihn anzulocken wäre sehr viel einfacher.“
„Ach ja? Und wie willst du das machen? Liliana mit Stöcken pieken, damit sie Geräusche macht?“
„Auch diese Idee ist gar nicht so abwegig, wie du sie darstellst, Laney. Ich würde sagen, wir gehen zu den anderen und arbeiten einen genaueren Plan aus.“
Darrek lief los, drehte sich jedoch nochmal um, als er bemerkte, dass Laney ihm nicht direkt folgte.
„Kommst du?“, fragte er.
„Ich … Wirst du denn kämpfen können? Ich habe dir so viel Blut genommen …“
Darrek schnaubte amüsiert und sah sie dann geringschätzig an.
„Laney. Selbst wenn du wolltest, könntest du mir keinen ernsthaften Schaden zufügen. Ich bin in bester Verfassung. Du brauchst dir also gar nicht erst Hoffnungen zu machen, dass der Wilde mich vielleicht tötet und dir somit zur Flucht verhilft.“
„So meinte ich das doch gar nicht“, widersprach Laney aufgebracht. „Ich wollte … Eigentlich wollte ich nur danke sagen.“
„Hmpf. Na, meinetwegen. Kommst du jetzt?“
Laney setzte sich zögerlich in Bewegung und folgte Darrek Richtung Landesinnere. Sie verstand wirklich nicht, warum Darrek Liliana immer wieder abwies. Die beiden hatten einen ähnlich miesen Charakter und hätten ihrer Ansicht nach ganz wunderbar zueinander gepasst.
Kapitel 28
Schmerzensschrei
Obwohl nichts darauf hindeutete, dass etwas nicht stimmte, war Cynthia unruhig. Den ganzen Tag schon hatte sie das Gefühl gehabt, als wäre etwas nicht in Ordnung. Doch da nichts weiter passiert war, hatte sie keine Möglichkeit gehabt, Celia daran zu hindern sich von der Hütte zu entfernen, um spielen zu gehen.
„Was ist los, Geliebte?“, fragte Coal, der ihre Gefühlsregungen spürte.
Sie waren gerade dabei, die Hütte weiter auszubessern. Das Dach hatten sie zwar sofort repariert, aber der Innenraum wurde langsam zu klein für alle zusammen. Es war dringend notwendig, dass sie einen zweiten Raum anbauten, damit sie als
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