Familienbande
Kaltblüter zusammentrommeln. Nur so habt ihr gegen die Ältesten eine Chance.“
„Ihr wisst, dass unsere Erfolgsaussichten gering sind, oder?“, fragte Jason nach. Er war unsicher, was er von dem Sinneswandel seiner Eltern halten sollte. Hatten sie ihm nicht vor einer Stunde noch geraten, Kathleen zu verlassen? Und nun wollten sie plötzlich das Herrenhaus zum Kriegsschauplatz machen?
„Ja“, gab Doreen zu. „Aber wenn wir es nicht wenigstens versuchen, würden wir uns nie verzeihen, dich verloren zu haben.“
„Und was ist mit Simon und Violette?“, hakte Kathleen besorgt nach. „Es könnte sein, dass das Herrenhaus niedergebrannt wird. Was wird dann aus ihnen.“
Doreen sah Viktor an und dieser nickte.
„Wir werden unsere Kinder verlegen“, erklärte Doreen. „Das ist kein ungefährliches Verfahren, aber es ist möglich. Violette bringen wir zu ihrem Vater. Theodor wird nicht zulassen, dass ihr ein Leid geschieht. Das hat er ja bereits bewiesen.“
„Und Simon?“, fragte Jason. Er hatte zwar noch nie einen guten Draht zu seinem jüngeren Bruder gehabt, aber trotzdem gehörte Simon zur Familie und stand deswegen unter ihrem Schutz.
„Simon kommt zu Doreens Schwester Stephanie“, sagte Viktor. „Ihr gefällt zwar nicht, was wir vorhaben, aber sie ist uns noch einen Gefallen schuldig, weil sie ihre Schlafphase bei uns verbringen durfte. Simon wird bei ihr sicher sein.“
Jason nickte und vor Besorgnis legte sich seine Stirn in Falten.
„Es gefällt mir nicht, euch da mit reinzuziehen“, stellte er klar. „Ich will nicht, dass euch oder einem anderen Mitglied der Familie etwas zustößt.“
„Das, mein Sohn, hättest du dir etwas eher überlegen sollen“, gab Viktor zurück. „Indem du vor zwanzig Jahren mit Kara fortgelaufen bist, hast du eine Lawine losgetreten, deren Ausmaße damals noch niemand erahnen konnte. Nicht alle Entwicklungen sind deine Schuld, Jason. Aber es ist nun mal, wie es ist. Und alles, was wir tun können, ist abzuwarten und zu hoffen, dass unser Haus der Lawine standhalten wird.“
Kapitel 10
Erinnerungen
Das Haus, in dem Darrek sich befand, lag direkt am Strand. Es war hell und gemütlich eingerichtet, und strahlte Ruhe und Geborgenheit aus. Darrek wusste augenblicklich, dass er träumte. Diesen Ort hatte er im wahren Leben nur ein einziges Mal aufgesucht. Doch dieses Mal hatte sich ihm so tief ins Gedächtnis eingebrannt, dass er in seinen Träumen immer wieder dorthin zurückkehrte.
Am liebsten wäre er aufgesprungen und davongerannt. Doch das hatte er bereits mehr als einmal versucht und wusste aus Erfahrung, dass es ihm unmöglich war, vor dieser Art von Träumen davonzulaufen. Daher riss er sich zusammen und stellte sich dem, was kommen mochte.
Wie zu erwarten dauerte es nicht lange, bis die Hauptdarstellerin des Traumes in seinem Blickfeld erschien.
Kara.
Darreks Cousine, die durch seine Hände den Tod gefunden hatte. Darrek atmete tief durch und trat zu ihr. Sie saß im Schlafzimmer, wie sie es meistens tat. Heute lag sie jedoch nicht auf dem Bett, um ihm die Schlafende vorzuspielen, sondern sie saß vor dem Spiegel an ihrer Kommode. Sie kämmte sich die langen dunklen Haare und summte dabei ein Lied.
Wie immer war sie atemberaubend schön. Die schlanke Figur, die langen, glatten Haare und ihr schmales Gesicht wirkten, als wäre sie gerade erst einem Gemälde entsprungen. Sie trug ein wunderschönes schwarzes Kleid, das ihre Figur vorteilhaft betonte und ihre helle Haut noch weißer wirken ließ.
„Was willst du hier, Kara?“, fragte Darrek missmutig und die Frau drehte sich anmutig zu ihm um. Als sie ihn sah, schenkte sie ihm ein strahlendes Lächeln, was ihm einen Stich ins Herz versetzte.
Sie hatte es immer schon geschafft, ihn um den Finger zu wickeln. Sie kannte ihn so gut wie kaum ein anderer Vampir und wusste genau, was sie tun musste, um ihn in die Richtung zu lenken, in der sie ihn haben wollte. Zumindest war das so gewesen, bis zu jener verhängnisvollen Nacht.
„Hallo Darrek“, sagte Kara fröhlich. „Ich habe dich gar nicht kommen hören.“
„Ach nein? Hattest du etwa noch jemand anderen erwartet?“
Karas Lächeln wurde noch breiter und sie schüttelte leicht den Kopf.
„Oh, du weißt doch, dass ich niemanden mehr außer dir empfangen kann. Und das ist auch ganz in Ordnung so. Schließlich bin ich schon lange tot.“
Darrek stieß ein grimmiges Schnauben aus. Wann immer Kara ihn in seinen Träumen besuchte, musste sie
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