Familienbande
ihnen zurück, obwohl er sich dafür hasste.
Am meisten ärgerte es ihn allerdings, dass Akima ihn aus einem seiner Träume von Kara gerissen hatte. Diese Träume waren zwar nicht besonders schön, aber sie stellten seine einzige Verbindung zu der Frau dar, mit der er seine Kindheit verbracht hatte. Hinzu kam, dass er das Gefühl hatte, dass sie ihm etwas hatte sagen wollen, kurz bevor er aufgewacht war. Sie hatte von Barcelona gesprochen.
Barcelona? Hieß das etwa, Karas Tochter hielt sich in Barcelona auf? Und wenn ja, wie sollte er dann dort hinkommen? Er konnte wohl kaum einfach zu den Ältesten gehen und kurz vor einem Bürgerkrieg um ein paar Wochen Urlaub bitten.
Missmutig sah Darrek sich um. Neben ihm lag eine schlafende Frau, an deren Namen er sich nicht einmal mehr erinnern konnte. Wie die meisten Frauen der Herrenrasse hatte sie dunkles Haar und helle Haut. Sie besaß einen schönen Körper und ein hübsches Gesicht. Sie hatte ihm natürlich ihren Namen genannt, aber er war sich nicht mehr sicher, was sie gesagt hatte. Hieß sie Sarah? Sonja? Oder Svenja? Er wusste es nicht mehr.
Sie hatten sich am Vortag bei einem Fest kennengelernt und er hatte alle Register gezogen, um sie in sein Bett zu locken. Sie hatten eine tolle Nacht miteinander verbracht und der frische Schnitt an ihrem Hals erinnerte ihn daran, wie gut er sich amüsiert hatte. Nicht jede Warmblüterin ließ zu, dass er sich an ihrem Blut bediente. Viele betrachteten eine solche Verhaltensweise als barbarisch und würdelos. Doch keine der Frauen, die den Schritt einmal gewagt hatte, hatte es später bereut. Das würde auch bei dieser sicherlich nicht anders sein.
Nachdem Darrek sein Ziel jedoch erreicht hatte, wollte er die Frau am liebsten nur noch loswerden. Er hatte von ihr bekommen, was er wollte, und sie von ihm mit Sicherheit auch. Es gab nichts mehr zu sagen und nichts, was sie noch hier zu suchen hätte. Doch sie einfach hinauszuwerfen, wäre unhöflich gewesen. Sie gehörte zwar nicht zur Familie der Ältesten, aber Darrek legte viel Wert auf seine guten Manieren. Er würde einen Diener beauftragen, ihr in ein paar Stunden einen Drink zu bringen, zusammen mit einer Nachricht, dass er ihr alles Gute für ihr weiteres Leben wünschte. Das hatte bisher noch immer funktioniert.
Unzufrieden stand Darrek auf und zog sich so leise wie möglich an. Dann verließ er den Raum und schloss die Tür leise hinter sich. Wie alle Mitglieder der Familie hatte er ein eigenes Zimmer im Hauptsitz der Ältesten. Das war zwar nicht immer so gewesen, doch er hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass man seine ärgsten Feinde am besten noch näher an sich heran ließ als seine besten Freunde. Und von der zweiten Sorte hatte er ohnehin nicht viele.
Trotz dieser Weisheit wäre er aber wahrscheinlich nach seiner letzten Schlafphase nicht mehr zurück in das Haus der Ältesten gekommen, wenn sein Versprechen an Kara nicht gewesen wäre. Er hatte ihr geschworen, ihre Tochter nicht in die Hände der Ältesten fallen zu lassen. Und die beste Möglichkeit das zu verhindern war, bei den Ältesten zu bleiben.
Darrek schritt energisch die kunstvoll geschmückten Gänge entlang, ohne auch nur einen Blick auf die wertvollen Gemälde und Statuen zu werfen. Er beachtete weder die roten Teppiche unter seinen Füßen noch die riesigen Fenster, durch die das Mondlicht fiel. Sein Weg führte ihn auf direktem Wege zu den Zimmern der Diener, wo er jemandem den Auftrag gab, sich um Sana oder Svenja oder wen auch immer zu kümmern. Wenn er zurück war, wollte er sein Zimmer für sich haben.
Nachdem er diese Schwierigkeit aus dem Weg geräumt hatte, ging er ohne weitere Umwege Richtung Westflügel. Er verließ das Haupthaus und lief über den weitläufigen Hof, auf dem vor vielen Jahren der Aufstand der Diener seinen Höhepunkt gefunden hatte. Darrek wünschte sich oft, er wäre damals dabei gewesen, denn dann wäre die Geschichte möglicherweise anders ausgegangen. Vielleicht wäre aber alles auch noch viel schlimmer gekommen als es sowieso schon war. Er hatte schließlich etwas versprochen. Und wenn Marlene ihre Enkelin damals schon bei sich behalten hätte, dann wären sie inzwischen wahrscheinlich schon miteinander verbunden. Und das durfte er auf gar keinen Fall zulassen.
Akima und Liliana erwarteten Darrek bereits vor dem Westflügel, einem langen, aber sehr flachen Gebäude, das von außen die gleichen Verzierungen aufwies wie das Haupthaus. Man hatte versucht es
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