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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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Wilden besaß er erstaunlich viel geistige Klarheit. Die wenigsten seiner Art waren dazu imstande soweit zu denken. Sie wurden einzig und allein von ihrem Blutdurst beherrscht. Doch möglicherweise war seine Gabe dafür verantwortlich, dass er einen Teil seiner Zurechnungsfähigkeit behalten hatte. Das machte ihn aber wenn überhaupt noch gefährlicher.
    Vorsichtig trat Darrek aus der Schleuse, die den oberen Teil des Gebäudes von dem unteren trennte. Da es immer mal wieder vorkam, dass einer der Kaltblüter Probleme bereitete, war das Gebäude so konstruiert, dass niemand ohne Zugangsschlüssel den Keller verlassen konnte. Die Schleuse bestand aus einem Zwischenraum, der verhinderte, dass einer der Wilden mit durchschlüpfen konnte, wenn die erste Tür geöffnet wurde.
    „Viel Glück“, bemerkte Liliana. „Sag Bescheid, sobald du seine Gabe im Griff hast. Ich habe keine Lust noch mehr von seinen unsichtbaren Schlägen abzubekommen.“
    Mit diesen Worten schloss sie die Schleusentür und ließ Darrek in der Dunkelheit zurück. Einige Minuten bewegte dieser sich nicht von der Stelle, sondern lauschte nur gespannt. Langsam gewöhnten seine Augen sich an die Dunkelheit und er schaffte es, Konturen auszumachen. Die Hauptlichter waren zwar zerstört, aber es gab immer noch einige kleine Kontrolllichter an den Wänden. Eine Notbeleuchtung, die aus bruchsicherem Material bestand und für ebensolche Situationen gedacht war.
    Langsam sah Darrek sich um. Die Käfige waren im gesamten Keller verteilt und er konnte das leise Knurren und Fauchen der anderen Wilden hören, die immer noch in ihren Gefängnissen aus Panzerglas eingesperrt waren. Es wäre Goliath bestimmt ein Leichtes gewesen ihre Scheiben zu zertrümmern, doch auf diese Idee war er bisher nicht gekommen. Die Wilden kannten keinerlei Solidarität. Sie handelten nur zu ihrem eigenen Vorteil und hatten kein anderes Bestreben als Blut. Liebe, Freundschaft oder Familie waren ihnen fremd. Für Darrek war das gut, denn es wäre ihm sicher nicht möglich gewesen, gegen Goliath zu kämpfen und gleichzeitig die anderen Wilden von sich fernzuhalten.
    Goliath wurde für gewöhnlich in einem speziellen Käfig gehalten. Ähnlich wie bei den Kaltblütern kurz nach der Verwandlung war es notwendig, bei den Wilden besonders stabile Materialien zu verwenden. Doch selbst diese hatten Goliath nicht aufhalten können. Daher hatten sie die Scheiben mit Stromgittern verstärkt, um ihn abzuhalten. Eine Weile hatte das ganz gut funktioniert. Doch vor ein paar Stunden hatte es einen Stromausfall gegeben, was dazu geführt hatte, dass Goliath sich in Windeseile befreien konnte. Vielleicht würde es nun wieder notwendig sein, sich etwas Neues auszudenken.
    „Goliath“, rief Darrek und pfiff, als wollte er einen Hund rufen. „Wo bist du, mein Junge? Komm her, mein Kleiner.“
    Darrek wusste, dass die Wilden einen Teil seiner Worte verstanden, und nutzte dieses Wissen, um sie zu provozieren. Ein wütender Wilder war zwar noch unberechenbarer, aber auch unvorsichtiger als ein ruhiger Wilder.
    Darrek schritt weiter die Käfige entlang und strapazierte seine Augen, bis es schmerzte. Warmblüter wie er, waren einfach nicht fürs Sehen in der Dunkelheit gemacht. Sein Augenlicht war zwar immer noch besser als das eines Menschen. Aber mit dem Sehvermögen eines Wilden konnte er einfach nicht mithalten.
    Langsam sah Darrek sich um und erstarrte dann. Oben an der Decke in drei Metern Höhe, hockte die fledermausähnliche Gestalt, nach der er suchte, und starrte mit rot leuchtenden Augen auf ihn hinunter. Ein Schauer lief seinen Rücken hinunter.
    Goliath schien noch größer zu sein, als Darrek ihn in Erinnerung gehabt hatte. Mit angelegten Flügeln hatte der Wilde sich an einem Balken festgekrallt und besaß dabei auf abstruse Weise Ähnlichkeit mit dem Gargoyle, dem er seinen Namen verdankte.
    „Da ist er ja“, stellte Darrek mit einer Freude fest, die er nicht verspürte. „Na, was ist? Willst du nicht runterkommen?“
    Goliath zögerte nicht, sondern ließ sich auf den Boden fallen und ging sofort zum Angriff über. Er befand sich mehrere Meter von Darrek entfernt. Doch als er seine Faust nach vorne schnellen ließ, baute er damit eine Druckwelle auf, die Darrek traf wie ein unsichtbarer Rammbock. Darrek wurde erfasst und mit voller Wucht gegen einen der Glaskäfige geschleudert. Sein Kopf schlug gegen das Glas und er landete unsanft auf dem Boden. Darrek stöhnte.
    „Ein Bulldozer ist gar

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