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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Besorgnis.
»Ich finde, die Bezeichnung‹gesund¤paßt auf diesen Menschen durchaus nicht«, flüsterte er dem Anwalt zu, als sie Lockhart in das Arbeitszimmer folgten.
»Was seine Gesundheit anbelangt, enthalte ich mich jeder Stellungnahme«, sagte Mr. Bullstrode, »doch sein Anzug paßt ihm auf keinen Fall.«
»Was bei einem Mann, der in Kürze bis auf einen Zoll an sein Leben gepeitscht werden wird, allerdings keine große Rolle mehr spielt«, ergänzte Dr. Magrew. Mr. Bullstrode blieb abrupt stehen.
»Du lieber Himmel«, murmelte er, »diese Klausel war mir völlig entfallen.«
Mr. Taglioni hatte noch nie von ihr gehört. Er wollte nichts weiter, als mit heiler Haut, intaktem Ruf und dem Geld aus diesem gräßlichen Haus verschwinden.
»Worauf warten wir noch?« fragte er, als Mr. Bullstrode zögerte.
»Ganz recht«, sagte Lockhart, »bringen wir die Sache hinter uns.«
Mr. Bullstrode schluckte. »Wäre es nicht korrekter, deinen Großvater und seine Frau dabei zu haben?« erkundigte er sich. »Schließlich hat der eine dieses Testament aufgesetzt, und die andere wird doch offenbar ihrer Vorrechte verlustig gehen, die sie sonst laut Testament genossen hätte.«
»Mein Großvater hat erklärt, er fühle sich nicht in der Lage, sein Bett zu verlassen«, sagte Lockhart und machte eine Pause, während Mr. Flawses Stimme eine große Bresche in diesmal Dr. Magrews berufliche Reputation schlug. »Von meiner Stiefgroßmutter kann ich wohl das gleiche behaupten. Sie ist gegenwärtig indisponiert, und selbstredend würde sie das Auftauchen meines Vaters hier und heute, mit allen damit verbundenen finanziellen Konsequenzen, beträchtlich mitnehmen.«
Das war die reine Wahrheit. Eine ganze Nacht damit zu verbringen, ihre Hände am eisernen Bettgestell auf und ab zu reiben, hatte sie tatsächlich erschöpft, doch sie gab nicht auf, während Mr. Taglioni im Arbeitszimmer Wort für Wort wiederholte, was man ihm eingetrichtert hatte. Mr. Bullstrode schrieb seine Aussage auf und war, ob er wollte oder nicht, beeindruckt. Mr. Taglioni erklärte, er sei damals als Aushilfsarbeiter bei den Wasserwerken beschäftigt gewesen und habe als Italiener natürlich Miss Flawses Aufmerksamkeit erregt.
»Ich konnte nichts dagegen machen«, beteuerte er, »ich bin nun mal Italiener, und Sie wissen ja, wie englische Damen auf ...«
»Schon gut«, sagte Mr. Bullstrode, der wußte, was jetzt kommen würde, und nicht gewillt war, sich das anzuhören. »Und dann verliebten Sie sich?« fuhr er fort, um den von der verstorbenen Miss Clarissa Flawse in Bezug auf Ausländer an den Tag gelegten überaus beunruhigenden Geschmack zu veredeln.
»Genau. Wir verliebten uns. So könnte man es nennen.«
Vor sich hinmurmelnd, ihm wäre verdammt noch mal lieber, wenn er es nicht könnte, schrieb Mr. Bullstrode das auf. »Und
was dann?«
»Was glauben Sie denn? Ich hab‘ sie gestopft.«
Mr. Bullstrode wischte sich mit einem Taschentuch über seinen kahlen Schädel, während Dr. Magrew den Italiener wütend ansah.
»Sie und Miss Flawse hatten Geschlechtsverkehr?« sagte Mr. Bullstrode, als er sich wieder soweit unter Kontrolle hatte, daß er reden konnte.
»Geschlechtsverkehr? Weiß nich. Gefickt haben wir, klar? Erst fick‘ ich sie. Dann fickt sie mich. Dann ...«
»So wahr mir Gott helfe, wenn Sie nicht den Mund halten, passiert Ihnen bald noch was ganz anderes«, schrie Dr. Magrew.
»Was hab ich denn Falsches gesagt?« wollte Mr. Taglioni wissen. »Sie ...«
Lockhart griff ein. »Ich glaube nicht, daß wir noch deutlicher werden müssen«, sagte er versöhnlich. Mr. Bullstrode war ganz
seiner Meinung. »Und Sie sind bereit, unter Eid auszusagen, daß Sie Ihres Wissens der Vater dieses Mannes sind?« fragte er.
Mr. Taglioni war bereit. »Wenn Sie bitte hier unterschreiben würden«, fuhr Mr. Bullstrode fort und reichte ihm den Federhalter. Mr. Taglioni unterschrieb.
Die Unterschrift wurde von Dr. Magrew bezeugt. »Dürfte ich noch fragen, welche Tätigkeit Sie gegenwärtig ausüben?« fragte Mr. Bullstrode leichtsinnigerweise. »Sie meinen, was ich mache?« sagte Mr. Taglioni. Mr. Bullstrode nickte. Mr. Taglioni zögerte, dann beschloß er, nach so vielen Lügen nun die Wahrheit zu sagen. Bevor ihn Dr. Magrew in die Finger bekam, hatte Lockhart den Italiener aus dem Zimmer gedrängt. Hinter ihnen hatte es Mr. Bullstrode und Dr. Magrew die Sprache verschlagen. »Ist Ihnen so etwas schon einmal zu Ohren gekommen?« sagte Dr. Magrew, als sich seine Aufregung

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