Familienbande
zu verdecken.
War Mrs. Flawse eine zwar irritierende aber angenehme Patientin, so war ihr Gatte ein weitaus irritierenderer Patient, wenn auch alles andere als angenehm. Von Anfang an hatte er den Arzt gefährlich argwöhnisch beäugt, was auf Jessicas Bericht über Dr. Mannets Aushorchen, Nachbohren und seine generelle gynäkologische Neugier zurückzuführen war. Als Dr. Mannet fünf Minuten lang gesprochen hatte, hatte sich der Argwohn gelegt, die Gefahr jedoch verdoppelt.
»Wollen Sie damit andeuten«, sagte Lockhart mit einer Härte, gegen die der unerbittlichste Aztekengott geradezu liebenswürdig wirkte, »daß ich das, was Sie meinen Penis zu nennen belieben, in den Körper meiner Frau einführen soll, und daß dieses Eindringen durch die zwischen ihren Beinenbefindliche Öffnung stattzufinden habe?«
Dr. Mannet nickte. »Mehr oder weniger«, murmelte er, »auch wenn ich es nicht ganz so formulieren würde.«
»Woraufhin selbige Öffnung«, fuhr Lockhart noch aufgebrachter fort, »da sie zu klein ist, sich vergrößern wird und ihr Schmerz und Leid und ...«
»Nur vorübergehend«, sagte Dr. Mannet, »und wenn es Ihnen nicht recht ist, kann ich persönlich immer noch einen leichten Einschnitt vornehmen.«
»Nicht recht ist?« fauchte Lockhan und packte den Arzt am Schlips. »Wenn Sie auch nur einen Moment lang glauben, ich lasse zu, daß Sie meine Frau mit Ihrem widerlichen Pillermann berühren ...«
»Nicht mit meinem Pillermann, Mr. Flawse«, röchelte der um Luft ringende Doktor, »mit einem Skalpell.«
Das war kein sehr kluger Vorschlag. Während Lockhart immer fester zupackte, veränderte sich Dr. Mannets Gesichtsfarbe von rotbraun zu purpur und ging gerade in Schwarz über, als Lockhart seinen Griff lockerte und den Arzt auf seinen Stuhl zurückschleuderte.
»Wagen Sie sich mit einem Skalpell auch nur in die Nähe meiner Frau«, sagte Lockhart, »und ich nehme Sie aus wie ein totes Karnickel und verspeise Ihre Klöten zum Frühstück.«
Dr. Mannet bemühte sich, seine Stimme zurückzugewinnen, während er über dieses entsetzliche Schicksal nachdachte. »Mr. Flawse«, flüsterte er schließlich, »wenn Sie mir bitte einen Moment zuhören würden. Was ich Ihren Penis nenne, während Sie es lieber für Ihren Pillermann halten, dient nicht allein dem Zweck, Wasser zu lassen. Ich hoffe, ich drücke mich unmißverständlich aus.«
»Allerdings«, bestätigte Lockhart. »Reichlich
unmißverständlich, um nicht zu sagen ausgesprochen
ekelerregend.«
»Nennen Sie es wie Sie wollen«, fuhr der Doktor fort. »Aber im Verlauf Ihrer Pubertät müssen Sie doch irgendwann einmal bemerkt haben, daß Ihr Pen ... Pillermann Ihnen angenehme Gefühle bescherte.«
»Das könnte man möglicherweise so sagen«, gab Lockhart widerwillig zu. »Nachts.« »Ganz genau«, sagte der Doktor. »Nachts hatten Sie feuchte Träume.« Lockhart gab zu, daß er Träume gehabt hatte, die manchmal mit Feuchtigkeit verbunden gewesen waren.
»Gut«, sagte der Doktor, »nun kommen wir der Sache schon näher. Und war Ihnen nicht bewußt, daß Sie in diesen Träumen von einer ungeheuren Begierde nach Frauen erfüllt wurden?«
»Nein«, sagte Lockhart, »das wurde ich ganz gewiß nicht.«
Dr. Mannet schüttelte sorgfältig den Kopf, um sich von der Vorstellung zu befreien, daß er es mit einem gewalttätigen und sich seiner Veranlagung nicht bewußten Homosexuellen zu tun hatte, der einmal unangenehm geworden war und beim zweiten Mal durchaus mordgierig werden könnte. Er versuchte eine behutsame Annäherung, »Würden Sie mir eventuell erzählen, wovon Sie träumten?«
Lockhart befragte kurz sein Gedächtnis. »Schafe«, antwortete er schließlich.
»Schafe?« sagte Dr. Mannet mit schwacher Stimme. »Ihre feuchten Träume drehten sich um Schafe?«
»Ob sie feucht waren, weiß ich nicht genau«, sagte Lockhart, »jedenfalls kamen in meinen Träumen sehr oft Schafe vor.«
»Und haben Sie mit den Schafen, von denen Sie träumten,
irgend etwas gemacht?«
»Sie erschossen«, gab Lockhart freimütig zu.
Dr. Mannets Gefühl von Unwirklichkeit nahm alarmierende Formen an. »Sie schossen das Schaf im Schlaf«, stellte er ungewollt stabreimend fest. »Wollen Sie das damit schlagen ... sagen?«
»Jedenfalls hab‘ ich auf sie geschossen«, bestätigte Lockhart. »Viel mehr zum Schießen war ja nicht da, daher hab‘ ich mir angewöhnt, sie auf dreizehnhundert Meter Entfernung umzulegen.«
»Umzulegen?« hakte der Doktor nach. »Auf dreizehnhundert
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