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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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durch Tod, Ableben, Weggang von diesem Ort scheidet, welcher genauer durch den Umkreis von einer Meile von Flawse Hall bestimmt wird, und unter der Bedingung, daß sie nicht eines oder mehrere der ihr somit hinterlassenen, vermachten und vererbten Besitztümer verkauft, mit einer Hypothek belastet, vermietet, verpfändet oder beleiht und nirgendwie die Gegebenheiten der erwähnten Besitztümer, Güter, Mobilien und des Hauses verbessert, verändert, ergänzt oder korrigiert, sondern allein gemäß den bestehenden Verhältnissen lebt, welches sie hiermit in Anerkennung dieses Testaments als bindenden Vertrag unterzeichnet, in dessen Fesseln sie sich fügen wird.«
Mr. Bullstrode legte das Testament aus den Händen und schaute Mrs. Flawse an. »Unterschreiben Sie?« fragte er, doch Mrs. Flawse war hin- und hergerissen. Der Alte hatte also doch Wort gehalten und ihr sein gesamtes Erbe hinterlassen. Daß diese großzügige Geste so kurz nach dem Vergleich mit einem Geier erfolgte, hatte den Kompaß ihrer Berechnungdurcheinandergebracht. Sie brauchte Zeit zum Überlegen; diese wurde ihr verwehrt.
»Unterschreibt, Ma‘am«, sagte Mr. Flawse, »sonst wird das Testament, insoweit es Euch betrifft, null und nichtig.«
Mrs. Flawse nahm den Federhalter, unterschrieb, und die zwei anwesenden Pächter bezeugten ihre Unterschrift.
»Fahren Sie fort, Mr. Bullstrode«, sagte der Alte vergnügt, woraufhin Mr. Bullstrode das Testament erneut ergriff.
»Meinem Enkel Lockhart hinterlasse ich nichts außer meinem Namen, bis und falls er nicht seinen natürlichen Vater in persona beigebracht hat, der zu der Zufriedenheit meines Testamentsvollstreckers Mr. Bullstrode oder seines Nachfolgers erwiesenermaßen der tatsächliche und zugegebene und zweifelsfrei feststehende Vater besagten Lockharts ist, und der eine schriftliche beeidete Erklärung dieses Inhalts abgegeben hat und den nach Unterschrift eben dieser Erklärung von besagtem Lockhart bis auf einen Zoll an sein Leben gepeitscht werden soll. Falls diese obengenannten Bedingungen hinsichtlich seiner Vaterschaft erfüllt werden, soll und wird der meine Frau Cynthia Flawse betreffende Teil des Testaments, wie er oberhalb ihrer freiwillig getätigten Unterschrift aufgeführt ist, automatisch null und nichtig und das Erbe, Anwesen, die Mobilien, Land und Besitztümer in toto meinem Enkel Lockhart Flawse zu seiner freien Verfügung zufallen. Meinem Diener Donald Robson Dodd hinterlasse ich die Nutznießung meines Hauses mitsamt Futter, Fleisch, Getränke, Hunde und Pferd, solange er lebt und letztere am Leben bleiben.«
Mr. Bullstrode schwieg, und der alte Mr. Flawse trat an den Tisch und griff zum Füller. »Bin ich bei geistiger Gesundheit?« fragte er Dr. Magrew.
»Ja«, sagte der Doktor, »ich bestätige, daß Sie bei geistiger Gesundheit sind.«
»Hört dies«, sagte Mr. Flawse zu den beiden Pächtern, die durch ein Kopfnicken ihre Bestätigung kundtaten. »Ihr werdet bezeugen, daß ich bei Unterzeichnung dieses Testamentes bei geistiger Gesundheit bin.«
Plötzlich schrie Mrs. Flawse auf. »Geistig gesund? Du bist völlig meschugge. Betrogen hast du mich. Du hast gesagt, du würdest mir alles hinterlassen, und jetzt hast du in einer Zusatzklausel festgelegt, daß ich jedes Recht auf mein Erbe verwirke, falls ... falls ... falls diese uneheliche Kreatur ihren Vater findet.«
Aber Mr. Flawse schenkte ihrem Ausbruch keinerlei Beachtung und unterzeichnete das Testament. »Hebe dich hinweg, Weib«, sagte er und reichte den Füller einem der Pächter. »Ich habe mein Wort gehalten, und du wirst mein Wort einhalten oder jeden Penny verlieren, den ich dir hinterlassen habe.«
Mrs. Flawse beäugte die auf dem Tisch liegende Axt und gab sich vorerst geschlagen. Man hatte sie übers Ohr gehauen. »Nirgendwo steht, daß ich hierbleiben muß, solange du noch lebst. Ich werde sofort morgen früh abreisen.«
Mr. Flawse lachte. »Ma‘am«, sagte er, »Ihr habt einen Vertrag unterzeichnet, laut dem Ihr für den Rest Eures Lebens hierbleiben oder mir für den Verlust Eurer Anwesenheit im Jahr fünftausend Pfund Kompensation zahlen werdet.«
»Ich habe nichts dergleichen getan«, schrie Mrs. Flawse, »ich habe unterschrieben ...« Doch Mr. Bullstrode reichte ihr das Testament. »Sie finden den entsprechenden Passus auf Seite eins.«
Mrs. Flawse stierte ihn ungläubig an, ehe sie seinem Finger mit dem Blick folgte. »Aber das haben Sie nicht vorgelesen«, sagte sie, als die Wörter vor ihren Augen

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