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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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geheimnisvoll und wartete auf den Erfolg seiner Vorbereitungen zu Oberst Finch-Potters Selbsträumung.
»Trotzdem finde ich, daß du nachsehen solltest, was in den Briefen steht«, sagte Jessica, als sie am Abend zu Bett gingen. »Vielleicht enthalten sie Beweise für die Identität deines Vaters.«
»Dafür ist später noch Zeit«, sagte Lockhart. »Was in den Briefen steht, hält sich.«
Was in dem Präserpäckchen war, dessen Inhalt Oberst Finch-Potter sich um halb neun am folgenden Abend über den Penis stülpte, hatte sich zweifellos gehalten. Der Oberst hatte das dumpfe Gefühl, daß sich das Kondom glitschiger als sonst anfühlte, als er es aus der Packung nahm, doch die ganze Wirkung des Ofenreinigers machte sich erst bemerkbar, als er es zu drei Vierteln übergezogen hatte und den Gummiring ganz hinunterschob, um größtmöglichen Schutz vor Syphilis zu erzielen. Im nächsten Augenblick war ihm jede Angst vor der ansteckenden Krankheit vergangen, und statt das Gummi überzuziehen, gab er sich alle erdenkliche Mühe, das Mistding so schnell wie möglich und noch ehe irreparabler Schaden entstanden war, runterzukriegen. Dies mißlang. Das Kondom war nicht nur glitschig, sondern der Ofenreiniger wurde auch den Versprechungen seines Herstellers gerecht, im Inneren eines Backofens eingebranntes Fett blitzschnell entfernen zu können.
Mit einem Schmerzensschrei stellte Oberst Finch-Potter seine Bemühungen ein, den Kondom per Hand abzustreifen, ehe das, was sich wie galoppierender Aussatz anfühlte, seinen schrecklichen Tribut forderte, und raste auf der Suche nach einer Schere ins Bad. Die zurückgebliebene Metze schaute mit wachsender Besorgnis zu, und als der noch immer brüllende Oberst, nachdem er den Inhalt des Medizinschränkchens wie rasend auf den Boden geschleudert hatte, seine Nagelschere fand, griff sie ein.
»Nein, nein, das darfst du nicht«, rief sie in dem Irrglauben, seine Schuldgefühle hätten den Oberst eingeholt, und er wolle sich gerade kastrieren, »tu‘s mir zuliebe nicht.« Damit entriß sie ihm die Schere, während der Oberst, wenn er hätte reden können, ihr erklärt haben würde, daß er es ihr zuliebe tun mußte. Sich wie ein debiler Derwisch im Kreise drehend, zerrte er statt dessen derart manisch an dem Präservativ, als wolle er sich entmannen. Die Pettigrews im übernächsten Haus, inzwischen nächtliche Poltereien einigermaßen gewohnt, ignorierten seine flehenden Rufe, ihm zu helfen, ehe er platze. Daß sie sich mit den Schreien der Metze vermischten, erstaunte sie nicht im mindesten. Nachdem die Racemes ihre ekelhaften Perversionen zur Schau gestellt hatten, waren sie auf alles gefaßt. Dies galt nicht für die am Straßenende wartenden Polizisten. Als ihr Wagen mit quietschenden Reifen vor der Nummer 10 zum Stehen kam und sie zum Ort des nächsten Verbrechens eilten, trafen sie auf den Bullterrier.
Dieser war nicht mehr das ehemals so umgängliche Tier; er war nicht einmal mehr das bissige Tier, das Mr. O‘Brain angefallen und sich oben in seinem Blumenspalier an ihn gehängt hatte, sondern eine völlig neue Kreatur, von Lockhart bis unter die Halskrause mit LSD vollgestopft und psychedelische Visionen von mittelalterlicher Wildheit bergend, in denen Polizisten, Panther und selbst Zaunpfähle bedrohlich waren. Jedenfalls traf diese Eigenschaft auf den Bullterrier zu.
Zähnefletschend biß er die ersten drei dem Panda entstiegenen Ordnungshüter, ehe sie wieder in ihren Wagen klettern konnten, dann den Zaunpfahl, brach sich am Humbert des Obersten einen Zahn ab und schlug seine Reißzähne in einen Vorderreifen des Polizeiautos, das durch das Zerplatzen des Reifens umgeworfen wurde, was gleichzeitig ein Entkommen seiner Insassen unmöglich machte, ehe er knurrend und auf der Suche nach neuen Opfern in die Nacht entschwand.
Die fand er zuhauf. Nach der Explosion von Mr. O‘Brains Bauhaus nebenan, hatten sich Mr. und Mrs. Lowry angewöhnt, im Erdgeschoß zu schlafen, und der erneute Knall des platzenden Reifens ließ sie in den Garten eilen. Dort fand sie Oberst Finch-Potters erleuchteter Bullterrier, der, als er sie beide übelst zugerichtet und ins Haus zurückgescheucht hatte, drei Rosenbüsche am Stock zerteilte, ohne sich im Geringsten um ihre Dornen zu scheren. Wenn überhaupt, fühlte er sich von Lebewesen herausgefordert, die zurückbissen, und war alles andere als gnädig gestimmt, als schließlich der von Jessica angeforderte Krankenwagen eintraf. Der Bullterrier war

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