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Familienbande

Familienbande

Titel: Familienbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Kaffee einflößten, wieder zu sich kam, erblickten seine entsetzten Augen als erstes den auf dem Tisch liegenden Leichnam des verblichenen Mr. Flawse. Als zweites sah er Lockharts Revolver, den maskierten Mr. Dodd zuletzt.
»Und nun an die Arbeit«, sagte Lockhart. Mr. Taglioni schluckte.
»Lieber Gott, daß ich so ein Ding ...«
»Das ist kein Ding«, sagte Lockhart grimmig, und Mr. Taglioni lief es kalt den Rücken hinunter.
»In meinem ganzen Leben hat man noch nie von mir verlangt, einen Menschen auszustopfen«, murmelte er, seine Tasche durchwühlend. »Warum fragen Sie keinen Einbalsamierer?«
»Weil ich will, daß sich die Gelenke bewegen.«
»Gelenke bewegen?«
»Arme, Beine und Kopf«, sagte Lockhart. »Er muß aufrecht sitzen können.«
»Beine, Arme und Hals vielleicht, aber bei der Hüfte ist das unmöglich. Sitzen oder stehen, eins von beiden.«
»Sitzen«, entschied Lockhart. »An die Arbeit.«
Und während seine Witwe oben lag und schlief, von ihrem seit langem erwarteten Verlust nichts ahnend, nahm man im Keller die grausige Aufgabe in Angriff, Mr. Flawse auszustopfen. Wurde sie wach, hörte sie den Alten aus seinem Schlafzimmer toben. Und im Keller hörte Mr. Taglioni zu und fühlte sich entsetzlich. Mr. Dodd fühlte sich nicht viel besser. Die Aufgabe, Eimer nach oben zu tragen und ihren ekligen Inhalt in die verglasten Gurkentreibbeete zu kippen, wo man ihn wegen des auf den Glasdeckeln liegenden Schnees nicht sah, behagte ihm gar nicht.
»Schon möglich, daß sie den Gurken ausgesprochen gut tun«, murmelte er bei seinem fünften Gang, »aber mir garantiert nicht. Ich werde nie wieder eine Gurke anfassen, ohne daß mir der arme alte Knacker einfällt.«
Er ging in den Keller hinunter und beklagte sich bei Lockhart. »Warum nehmen wir nicht das Plumpsklo im Garten?« »Weil er nicht begraben werden wollte, und ich Sorge trage,
daß seine Wünsche respektiert werden«, sagte Lockhart.
»Ich wünschte, du würdest auch ein paar seiner Innereien ausleeren«, sagte Mr. Dodd verbittert.
Mr. Taglionis Gesprächsbeiträge waren größtenteils unverständlich. Was er zu sagen hatte, murmelte er in seiner italienischen Muttersprache, und als Lockhart unvorsichtigerweise einen Moment lang den Keller verließ, füllte sich der Präparator, um das anstrengende Ausräumen von Mr. Flawse zu erleichtern, mit zwei Flaschen von dem abgelagerten Portwein des Verstorbenen ab. Mit ansehen zu müssen, wie ein besoffener Präparator bis über beide Ellbogen in seinem verblichenen Herrn wühlte, war zuviel für Mr. Dodd. Als er nach oben wankte, empfing ihn die aus dem Schlafzimmer Verwünschungen ausstoßende unwirkliche Stimme des verstorbenen Mr. Flawse.
»Soll dich der Teufel holen, du blutsaugendes Schwein Satans. Bei dir könnte man sich nicht mal drauf verlassen, daß du einem verhungernden Bettler nicht seinen letzten Bissen raubst«, grölte der Verstorbene äußerst zutreffend, und als Lockhart eine Stunde später nach oben kam und vorschlug, etwas Gehaltvolles wie Leber und Speck zum Mittagessen könnte dem Präparator womöglich beim Ausnüchtern helfen, wollte Mr. Dodd nichts davon wissen.
»Du kannst verdammt nochmal kochen, was du willst«, sagte er, »aber vor Maria Lichtmeß rühr‘ ich kein Fleisch mehr an.«
»Dann gehen Sie wieder runter und passen auf, daß er sich nicht noch mehr Wein nimmt«, sagte Lockhart. Mr. Dodd begab sich vorsichtig in den Keller, wo er sah, daß Mr. Taglioni sich so ziemlich alles andere genommen hatte. Mr. Flawses Überreste waren kein schöner Anblick. Der ehedem ansehnliche Mann hatte als Toter viel verloren. Aber Mr. Dodd wappnete sich für seine Nachtwache, während Mr. Taglioni unverständliches Zeug brabbelte, in die letzten Winkel vorstieß und schließlich nach mehr Beleuchtung verlangte. Mr. Dodd hatte nicht richtig hingehört.
»Du hast seine verfluchten Organe schon rausgenommen«, schrie er, »was soll das heißen, du brauchst noch mehr verfluchte Leichenteile? Sie liegen im beschissenen Gurkenbeet, und wenn du glaubst, daß ich sie hole, bist du schief gewickelt.«
Als Mr. Taglioni endlich erklären konnte, daß er um besseres Licht gebeten hatte, hatte Mr. Dodd sich zweimal übergeben und der Präparator eine blutige Nase. Lockhart kam nach unten und trennte die beiden.
»Ich bleibe nicht hier unten bei diesem ausländischen Leichenschänder«, erklärte Mr. Dodd kategorisch. »Der benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen.«
»Ich will bloß bessere

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