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Familienkonferenz in der Praxis

Familienkonferenz in der Praxis

Titel: Familienkonferenz in der Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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auszuschalten und mit echter Einfühlung zuzuhören – Methode hin, Methode her. Es ist mein ganz persönliches Problem. Sicherlich finde ich es nett, wenn ich verstanden werde. Aber das Buch sagt ganz richtig: Wenn es mir wirklich gelingt, all das Geschwätz und die vielen Vorurteile in meinem Inneren abzuschalten und wirklich mit Interesse zuzuhören, wird der andere es zu schätzen wissen, dass ich ihn verstehe. Das Verständnis wird dann gegenseitig werden. Dies wirklich zu erleben ist doch etwas anderes, als es nur zu lesen!
Wiederholt wird im Buch und von den Kursleitern auf die Bedeutung der Einfühlung als Voraussetzung des aktiven Zuhörens hingewiesen. Vom Intellekt her habe ich das zwar verstanden, doch erst in den letzten Tagen habe ich wirklich begriffen und erlebt, was damit gemeint ist. Halbherziges Interesse, halbherziges Zuhören, mein Bewusstsein unter dem Eindruck der eigenen Gedanken und starker Gefühle: Damit konnte ich sicherlich nicht weiterkommen! Ich muss meinen »Geist« eine Zeitlang »aufgeben«, wenn ich wirklich zuhören und andere verstehen will. Das verstehe ich unter Interesse und das ist notwendig, um die ›Familienkonferenz‹-Techniken zu verwirklichen. Sonst braucht man es gar nicht erst zu versuchen.

    22. Februar: Eine Problemlösungssituation, in der ich begriffen habe, wie man es nicht machen sollte! Es war an einem Abend in der letzten Woche. Ich hatte Alice zu Bett gebracht und dann abgewaschen. Schließlich setzte ich mich erschöpft neben Joe, der fernsah und ebenfalls müde war. Ich sagte, dass es einige Dinge gäbe, die mich bedrückten, und ob wir darüber sprechen könnten. Totaler Misserfolg! Mein Fehler: Ich war zu müde, um noch über irgendetwas intelligent sprechen zu können; und auch er war müde. Ich weiß jetzt, dass man sich über solche Bedingungen nicht hinwegsetzen darf! Ich hatte mich im Kreis um das Problem herumbewegt (meine »Ich-Botschaften« waren zu nachlässig, und ich vergaß das aktive Zuhören völlig). Dann brachte ich nicht nur ein zweites Problem auf den Tisch, sondern auch noch ein drittes! Ich kann kaum glauben, dass ich mich so dumm benommen habe. Natürlich hatte er das Gefühl – und völlig zu Recht –, dass ich mich nur über ihn beklagen wollte. Welch ein Lehrstück!

    23. Februar: Ich versuche jetzt, nur noch dann aktiv zuzuhören, wenn ich mich wirklich für den anderen und sein Problem interessiere. Wenn sich eine entsprechende Gelegenheit ergibt, prüfe ich mich, um zu sehen, ob ich jene Einfühlung aufbringen kann, von der ich weiß, dass ich sie zum Zuhören brauche. Wenn ich feststelle, dass dieses Interesse
vorliegt, dass ich wirklich zuhören möchte, schalte ich (so gut ich kann) alles Geschwätz in meinem Inneren ab. Dann nimmt das aktive Zuhören Dimensionen an, die es zuvor nie erlangt hat. Ich finde nicht nur den Umstand außerordentlich, dass der andere seine Probleme in vollem Umfange wahrnimmt, sondern auch den, welches Ausmaß die Herzlichkeit und Nähe gewinnt, die ich für ihn empfinde. Diese Form der Kommunikation, des Einswerdens mit einem anderen Menschen ist der größte Gewinn, den mir die ›Familienkonferenz‹ gebracht hat.

    25. Februar: »Modifikationen des Selbst«. Versuche ich, persönliche Erfüllung in meinem Kind zu finden? Manchmal frage ich mich das. Ein Großteil meiner Bemühungen scheint dem Versuch gewidmet zu sein, meine Lebensweise den Bedürfnissen meines Kindes anzupassen – und bis zu einem gewissen Grad auch denen meines Mannes. Häufig habe ich das Empfinden, dass meine Bedürfnisse dabei nicht berücksichtigt werden, obgleich ich noch nicht einmal genau sagen kann, welches meine Bedürfnisse sind. Ich habe nur dieses Gefühl der Unerfülltheit. Das ist mein Problem. Etwas, das nur mich betrifft, das völlig unabhängig von irgendwelchen nicht akzeptablen Verhaltensweisen anderer Menschen ist. Ich glaube, damit hätte ich mich beschäftigen sollen, bevor ich anfing, darüber Klage zu führen, dass ich meine Zeit als Mutter und Ehefrau vergeude. Ich habe unendliche Freude an meinem Kind und liebe meinen Mann, ich habe aber auch das Gefühl, dass ein schöpferisches Bedürfnis in mir nach einer Ausdrucksmöglichkeit sucht.

    26. Februar: Um an die Gedanken der letzten Eintragung anzuknüpfen: Ich habe Bedürfnisse, ganz persönliche schöpferische Bedürfnisse – das Bedürfnis, mich selbst und meine Fähigkeiten kennenzulernen, nähere Berührung mit bestimmten Bereichen meiner

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