Familienkonferenz in der Praxis
Wir könnten unsere Mäntel draußen lassen.
Mutter : In Ordnung, versuchen wir es. Sonst noch etwas?
Ann : Ich weiß nicht immer, was da eigentlich passiert.
Mutter : Wollen wir ein bisschen früher hingehen und uns alles zuerst einmal durchlesen?
Ann : In Ordnung. Vielleicht könntest du mir auch Zeichen in mein Gebetbuch machen, wie du sie in deines machst.
Mutter : In Ordnung. Dann nehmen wir in Zukunft nur dein Buch mit zur Kirche. Das ist einfacher, als wenn wir jeder ein Buch benutzen.
Ann : Gut. Keine Probleme, nicht wahr Mama?
Gewöhnlich gibt es mehr als eine Lösung
Häufig funktioniert Methode III der Problemlösung nur deshalb nicht, weil man glaubt, dass es immer nur eine Lösung für die Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen gäbe. Die größte Gefahr, die dadurch auftreten kann, ist die, dass Eltern versucht sind, das Kind durch Manipulation dazu zu bringen, eine im voraus als »richtig« festgelegte Lösung zu akzeptieren. Wenn das Kind die Lösung der Eltern dann nicht übernimmt, geben sie die Methode auf. Wir versuchen den Eltern die Bereitschaft dafür zu vermitteln, dass jedes Problem mit großer Wahrscheinlichkeit viele mögliche Lösungen hat. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass nach der Definition des Konfliktes eine Vielfalt von Lösungen vorgeschlagen wird.
Es folgen einige Richtlinien dafür:
Geben Sie Ihrem Kind Gelegenheit, eine oder mehrere Lösungen vorzuschlagen, bevor Sie selbst irgendeine anbieten.
Erwarten Sie nicht, dass es auf alle Lösungen selbst kommt. Auch Sie sind an dem Problemlösungsprozess beteiligt. Nehmen Sie sich also das Recht, auch Ihre Ideen einzubringen. Bei kleineren Kindern müssen Eltern gewöhnlich mehr Lösungen anbieten.
Bewerten Sie keine der vorgeschlagenen Lösungen, bis nicht eine ausreichende Zahl genannt wurde. Wertungen ersticken alle Kreativität und nehmen Kindern den Mut, ihre Gedanken zu äußern.
Ermutigen Sie Ihre Kinder, jede Lösung zu nennen, die ihnen einfällt, ganz egal, wie dumm oder unpraktisch sie ihnen erscheinen mag. Die Menge ist entscheidend. Das heißt »Brainstorming«. In
Wirtschaft und Industrie wird die Technik sehr häufig verwendet, um auftauchende Probleme zu lösen.
In der folgenden Situation ist zu beachten, wie viele Lösungen vorgeschlagen wurden, bis schließlich eine akzeptabel für das Kind war:
»An einem warmen Nachmittag spielte Danny mit zwei anderen Kindern auf dem Hof der Nachbarn. Die Mutter bot ihnen Eis an. Danny sagte irgendetwas Dummes zu ihr, woraus sie schließen musste, dass er keines wollte. Er kam nach Hause, weinte und sagte, er wolle ein Eis haben. Er verlangte von mir, dass ich zur Nachbarin gehen und eins holen solle! Meine erste Reaktion bestand in dem Wunsch zu antworten: ›Das wird dich lehren, noch einmal so eine dämliche Antwort zu geben!‹ Stattdessen entschloss ich mich zur Problemlösung. Ursprünglich war es gar nicht mein Problem. Es wurde aber in dem Moment zu meinem Problem, als Danny verlangte, dass ich die Nachbarin um ein Eis bitten solle. Ich stellte die möglichen Lösungen zusammen: Seine Lösung, dass ich das Eis hole; er konnte um ein Eis bitten; er konnte sich aus Fruchtsaft selbst ein Eis machen; er konnte ein Eis bekommen, wenn wir das nächste Mal einkaufen gingen; er konnte einen Keks bekommen. Ohne Zögern beschloss Danny, sich selbst ein Eis zu machen, nachdem ich ihm mitgeteilt hatte, dass die erste Lösung für mich nicht akzeptabel sei.«
Interessant ist auch die Erfahrung, die ein anderes Ehepaar machte. Sie sind beide in den Zwanzigern und haben erst ein Kind (zwei Jahre alt). Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Techniken der ›Familienkonferenz‹ sich in den unterschiedlichsten Beziehungen anwenden lassen. Vor allem strichen sie die Tatsache heraus, dass der Problemlösungsprozess dem kreativen Denken überhaupt zugute komme.
Immer wieder stellte sich in den Interviews heraus, dass die Eltern überrascht waren, wie kreativ auch ihre Kinder sich bei der Entwicklung von Lösungen zeigten. Wir unterschätzen Kinder in dieser Hinsicht, weil wir ihnen wenig Gelegenheit geben, ihr kreatives Denkvermögen
unter Beweis zu stellen. Es versteht sich von selbst: Die Methode I enthält den Kindern jede Möglichkeit vor, sich an der Entwicklung von Lösungen zu beteiligen – die Lösung wird ihnen von den Eltern diktiert. So wird man vielleicht die Überraschung der Mutter im folgenden Beispiel nachempfinden können:
»Eines unserer
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