Familienkonferenz in der Praxis
wurde. Dort spielten die Eltern die Rolle von neutralen Schlichtern. In manchen Familien wurde die Methode III der Problemlösung präventiv eingesetzt. Entscheidungen wurden getroffen oder Regeln gesetzt, die die Entstehung zukünftiger Konflikte abwenden sollten.
Die Beispiele einer konkreten Anwendung der niederlagelosen Methode sollen in diesem Kapitel als Grundlage dafür dienen, jene Punkte zu klären, die es zu beachten gilt, wenn die niederlagelose Methode funktionieren soll. Will man einen Konflikt so bewältigen, dass es am Ende keinen Verlierer gibt, muss man sich vor allem auf einen Prozess einlassen – auf eine genau einzuhaltende Schrittfolge bestimmter Verfahren. So scheint es mir zum Beispiel angebracht, darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, dass ein Rahmen geschaffen wird, der bei den
Kindern die Bereitschaft schafft, an der Problemlösung teilzunehmen. Außerdem werde ich erörtern, warum Eltern Ich-Botschaften senden müssen, die frei von jedem Vorwurf sind, statt mit Urteilen befrachtete Du-Botschaften, die in den Kindern Widerstand gegen die Problemlösungsmethode hervorrufen. Ich werde zeigen, wie wichtig es ist, viele Alternativlösungen vorzuschlagen. Ich werde den Eltern einige neue Einsichten und Vorschläge darlegen, die ihnen unter Umständen helfen können, einige der üblichen Fallen zu meiden.
Der angemessene Rahmen für die niederlagelose Problemlösung
Eine wichtige Erkenntnis, die wir im Laufe der Jahre gewonnen haben, besagt, dass es Eltern immer dann gelingt, die niederlagelose Methode in der Familie einzuführen (besonders bei älteren Kindern, die an Methode I oder II gewöhnt sind), wenn sie sich die Mühe machen, die neue Methode vor ihrer Anwendung zu erklären. Einige gingen bei dieser Erklärung sehr in die Einzelheiten. Sie erläuterten den Unterschied zwischen Methode I und II und warum beiden der Erfolg versagt bleiben muss. Einige benutzten sogar das Diagramm der Methoden, um ihren Kindern das Verständnis zu erleichtern. Eine Mutter beschrieb, wie sie Methode III einführte, als sie das Problem angingen, dass die Kinder so schlecht aßen:
»Wir aßen zu Abend. Nachdem der Tisch abgeräumt war, setzten wir uns … Wir sagten, wir würden gerne versuchen, dieses Problem zu lösen, und zwar gemeinsam. Wir holten die Tafel herein und stellten sie auf. Ich sagte: ›Papa und ich sind der Meinung, dass vieles schiefgelaufen ist. Wir sind alle ärgerlich. Wir würden gern wissen, ob sich irgendetwas tun lässt, um die Situation zu verändern. Ich fuhr fort: ›Wir werden es mit einer neuen Methode versuchen, die Papa und ich in unserem Kurs gelernt haben. Sie beginnt damit, dass jeder die Möglichkeit hat zu sagen, mit welchem Problem er sich gerne befassen möchte.‹ Ich fügte hinzu: ›Ich werde alle
Punkte auf der Tafel festhalten. Dann können wir entscheiden, wie wir das Problem lösen wollen … Wir wollen das so anfangen, dass niemand in dieser Situation unterliegt – dass niemand sich überfahren fühlt … Wenn es keine Lösung ist, die alle begrüßen, glaube ich nicht, dass sie etwas taugt.‹«
Wenn Kinder keinerlei Erfahrung mit der niederlagelosen Methode haben, wird die Bemerkung: »Wir wollen das Problem lösen«, kaum ausreichen, um sie an der Lösung zu beteiligen. Für die Kinder hieß Problemlösung in der Vergangenheit: Der Elternteil siegt, das Kind unterliegt. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Grundregeln des neuen Verfahrens erklärt werden. Niemand soll unterliegen. Jedermann muss die Lösung begrüßen. Wir möchten unsere Bedürfnisse befriedigen, aber zugleich eine Lösung finden, die auch eure Bedürfnisse befriedigt. Ein Vater berichtete, wie sein halbwüchsiger Sohn auf den ersten Versuch einer Problemlösung reagierte, als die Eltern die neue Methode nicht ausreichend erklärt hatten:
»Als wir eine Lösung vorschlugen, sagte mein Sohn: ›Was für eine neue psychologische Technik habt ihr jetzt gelernt, um euern Willen durchzusetzen? ‹«
Um sicherzugehen, dass Kinder die Methode III wirklich verstehen, müssen die Eltern unbedingt mit Ich-Botschaften beginnen. Du-Botschaften sind unter allen Umständen zu vermeiden. Der Grund leuchtet ein: Du-Botschaften drohen dem Kind mit dem moralischen Zeigefinger. In diesem Fall würde das Kind ganz zwangsläufig zu der Auffassung gelangen, die Problemlösung solle bewirken, dass es sich ändert. Denn schließlich scheinen die Eltern ja schon zu der Meinung gekommen
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