Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)
Daddy. Versicherungsagenten vielleicht, die sich gewisse Aufschlüsse über ihre Kundschaft erhoffen. Oder über bestimmte Ärzte und das Verwaltungspersonal, das für die Abrechnungen zuständig ist? Im Medizin-Business geht es schließlich ums große Geld, wie dir bekannt sein dürfte.«
»Trotzdem«, gab sich Keller zurückhaltend, »ich kann den Zusammenhang zu meinen Fällen nicht sehen. Es sei denn, das Pärchen hat auch Informationen für unseren Mörder beschafft. Hältst du das für wahrscheinlich?«
Jochen wirkte unschlüssig: »Das kann ich nicht beurteilen, aber es ist immerhin eine Möglichkeit«, sagte er schließlich zögerlich.
»Für mich klingt in deiner Antwort ein leiser Zweifel mit. Stammt der Tipp wohl von einem neuen Informanten? Keiner deiner üblichen Spezis?«, wollte Keller nun doch wissen.
Jochen bemühte sich um einen aufgeräumten Gesichtsausdruck, um sich nicht zu verraten. »Ja, von einem Neuen«, beschränkte er sich bei seiner Antwort aufs Nötigste.
Doch seinen Vater konnte er nicht täuschen. Schmunzelnd fragte Keller: »Kann es sein, dass der neue Informant eine Informantin ist?«
Jochen knetete nervös seine Hände. »Können wir es nicht einfach dabei bewenden lassen, dass ich nichts über meine Quelle preisgebe?«
»Selbstverständlich«, sagte Keller ohne jedes Zögern und bedankte sich bei seinem Sohn für dessen Hinweis.
Einen weiteren Bagel, einen mit Lachs und Meerrettichcreme, hatte er sich einpacken lassen und ihn Jasmin Stahl in die Hand gedrückt. Die Kommissarin war gerade auf dem Weg in die Kantine, als Keller sie abpasste und hinaus in den Innenhof des Präsidiums führte. Sie stiegen in den grauen Audi A4 des K11 und passierten das drei Meter hohe und von dreieckigen Zacken gekrönte Stahltor zur Schlotfegergasse. Erst, als sie unterwegs waren, setzte Keller seine Mitarbeiterin ins Bild.
»Obwohl Sie von Wollschlägers Schuld überzeugt sind, wollen Sie eine zweite Fährte aufnehmen?«, fragte die Kommissarin verwundert. Denn es entsprach nicht der Art ihres Chefs, seine Überzeugung auf die Schnelle zu ändern. Es brauchte Zeit und Ausdauer, um Keller umzustimmen, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Andererseits: Keller blieb nicht mehr viel Zeit, um seinen allerletzten Fall zu lösen. Daher musste er sich geradezu genötigt fühlen, seine üblichen Pfade zu verlassen und Neuland zu betreten, um einen schnellen Erfolg zu erzielen.
»An meiner Überzeugung, dass Wollschläger unser Mann ist, hat sich nichts geändert: Er hat auch Dr. Beierlein auf dem Gewissen. Die Frage lautet nur: Wie hat er das angestellt? Darauf haben wir bisher keine vernünftige Antwort gefunden. Daher können wir es uns nicht leisten, einen Tipp unbeachtet zu lassen«, stellte Keller klar. »Wir müssen abklopfen, wer von den Spitzeldiensten der Krankenschwester profitiert hat. Ob es eventuell Wollschläger selbst war, der ihr Geld für den ein oder anderen Tipp gab. Selbst wenn sich die Spur als kalt erweist, erfahren wir von dieser Schwester Anne eventuell etwas Brauchbares über die Umstände, die dazu führten, dass die Operation an Wollschlägers Tochter gescheitert ist. Wer weiß?«
Jasmin Stahl hegte Zweifel am Sinn dieser Aktion, traute sich aber nicht, die Quelle ihres Chefs zu hinterfragen. Sie fügte sich still in ihr Schicksal. Und wenn sie bedachte, an wessen Seite sie demnächst arbeiten würde, empfand sie die Verpflichtungen des heutigen Tages sogar als höchst angenehm.
16
Anne Petrowsky wies nach Kellers Empfinden eine frappante Ähnlichkeit mit Angelina Jolie auf, doch ließ sie das Charisma des Hollywoodstars vermissen und reagierte aufgeschreckt, ja, geradezu verängstigt, als die beiden Kriminalbeamten ihr ihre Ausweise zeigten.
»Können wir uns ungestört unterhalten?«, fragte Jasmin Stahl, woraufhin Anne sie wortlos in die Teeküche der Station geleitete. Dort angekommen wandte sie sich zielstrebig einem Getränkeautomaten zu, warf eine Münze ein und drückte auf die Auswahltaste.
»Wir kommen vom Kommissariat 11, Mordkommission«, machte Keller deutlich, der das desinteressiert scheue Verhalten der jungen Frau schwer einordnen konnte.
»Wir ermitteln im Todesfall Dr. Beierlein«, ergänzte Jasmin Stahl.
Anne Petrowsky vermied noch immer den Blickkontakt zu den Beamten und schien sich vollkommen darauf zu konzentrieren, die in einen Plastikbecher sprudelnde Cola zu beobachten.
»Uns ist zu Ohren gekommen, dass Sie eventuell über
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