Familienpakt: Kriminalroman (German Edition)
deinen Teil abhaben.«
Sophie neigte kaum merklich den Kopf, sagte aber nichts.
»Es war mir klar, dass das nicht ewig so weitergehen kann. Dass wir auffliegen würden. Anne konnte ja nie ihre Klappe halten. Von ihr weißt du es doch, ja?«
Wieder deutete Sophie ein stummes Nicken an.
Daraufhin fuhr Rolf herum, hastete zu dem Schränkchen, bückte sich nach einer Pappschachtel, die ganz unten darin lag.
Sophie fuhr erschrocken zusammen. Was hatte er da? Was befand sich in dem Karton? Eine Waffe? Ein Messer? Gar eine Pistole?
»Ja, Paps?« Burkhard beugte sich zur Seite und drückte mit dem Zeigefinger sein linkes Ohr zu, um Konrad besser verstehen zu können. »Nein, wir haben nicht alles im Griff, nein, das kann man nicht behaupten. – Sie ist verschwunden. Ihr nächster Auftritt wäre längst fällig. Aber wir können nichts unternehmen. Jochen meint, dass der Barmann uns schon aufs Korn genommen hat. Nur eine Frage der Zeit, bis die uns rausschmeißen. – Was schlägst du vor? Du hast einen Plan B? Wie sieht der aus? – Gut, ich verstehe. Die Idee kommt gar nicht von dir, sondern von Mama? Ist sie denn eingeweiht? – Ja, verstehe. Okay, alles klar. Bis dann.«
»Und?«, fragte Jochen, nachdem sein Bruder das Handy weggesteckt hatte.
Statt zu antworten, deutete Burkhard mit bangem Gesichtsausdruck nach vorn. »Ich fürchte, wir bekommen Ärger.«
Jochen musste ihm zustimmen, als er den Barmann auf ihren Tisch zukommen sah. Mit finsterer Miene.
»Na, Jungs«, sagte er mit einer außerordentlich tiefen Stimme. »Darf’s noch etwas sein?«
»Nein, danke, im Moment nicht«, antwortete Burkhard und lächelte verkrampft.
»Wisst ihr«, meinte der Barmann und stützte sich mit seinen zu Fäusten geballten Händen auf dem kleinen runden Tischchen vor ihnen ab. »Ihr seid schon eine ganze Weile hier. Ich kann das sehen von dort drüben hinterm Tresen. Ihr habt erst einmal etwas bestellt. Schmeckt euch das Bier nicht?«
»Doch, doch«, sagte Jochen schnell. »Ich nehme gern noch eins.« Er hielt ihm sein leeres Glas hin.
Der Barmann machte keine Anstalten, es entgegenzunehmen. »Schaut mal, Jungs. Da drüben an meiner Bar sitzen ein paar nette Ladys, die sich riesig freuen würden, wenn ihr zwei Hübschen einen Schampus spendiert. Diese Ladys können sehr nett zu euch sein, wenn ihr ihnen was ausgebt. Ihr seid hier ja nicht, um Löcher in die Luft zu starren, oder?«
»Löcher? Nein!«, sagte Burkhard und warf seinem Bruder einen ängstlich fragenden Blick zu.
Der wog in aller Kürze alle Optionen, die ihnen blieben, ab und entschied sich für die riskanteste: Er stand auf, schob die Ärmel seines Hemdes zurück und entblößte damit seine ebenfalls gut durchtrainierten Arme. Außerdem zeigte es sich, dass er gut einen Kopf größer war als der Barmann. »Wir möchten zahlen«, sagte Jochen in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ.
Rolf, mit gerötetem Gesicht und schweißnasser Stirn, knallte die Schachtel vor Sophies Nase auf den Tisch. Grob schob er den Deckel beiseite.
Zu Sophies großer Überraschung enthielt das Kästchen Fotos. Jede Menge Fotos! Verwaschene, größtenteils unscharfe Aufnahmen, die meisten davon wohl aus größerer Entfernung mit einem Teleobjektiv geschossen. Sie zeigten Pärchen, die schmusten, sich innig küssten, fummelten und mehr. Die zweite Überraschung für Sophie bestand darin, dass sie eine Person auf den Bildern wiedererkannte. Sie hatte sie in den Aktenkopien gesehen, die ihr Vater ihr bei der Vorbereitung dieser Aktion gezeigt hatte: Es handelte sich zweifelsfrei um Anne, die auf den vor ihr liegenden Bildern mit verschiedenen Partnern intim wurde.
»Da sind sie!«, schrie Rolf. »Das sind die Fotos, mit denen wir die reichen Säcke ausgenommen haben. Alles ehemalige Patienten, Privatversicherte, allesamt verheiratet.« Er lachte rau.
Sophie stellte sich die bange Frage, warum Rolf ihr das erzählte. Welchen Grund mochte er haben, dass er sich mit seinem verbrecherischen Geheimnis einer Wildfremden anvertraute? Fühlte er sich von Sophies vagen Andeutungen wirklich so sehr in die Ecke gedrängt?
Rolf ahnte nichts von ihren Gedanken, redete einfach weiter: »Anne spielte den Lockvogel, köderte sie schon auf der Station, indem sie die geilen Böcke unter ihren Schwesternkittel gucken ließ.«
»Ihr habt von den Männern für die Fotos Geld verlangt«, folgerte Sophie.
»Oh, wie pfiffig du bist, Schätzchen! Nun meinst du, das große Los gezogen zu
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