Family Affairs - Verbotenes Verlangen
Geschöpf, interessant, widerspenstig und nicht ganz so dumm, wie Chloe nach ihrer ersten Einschätzung angenommen hatte. Trotzdem konnte sie nicht mit Bestimmtheit sagen, ob sie Paige mochte oder nicht. Auf der einen Seite imponierten ihr die freche Art und der schlüpfrige Ton, mit dem sie sprach, andererseits fühlte sie sich davon abgestoßen.
Ross blieb während des gesamten Abends merkwürdig zurückhaltend. Ein stiller Beobachter, der nicht viele Worte verlor, während Chloe und Paige die Konversation praktisch im Alleingang bestritten. Gegen einundzwanzig Uhr erhob er sich vom Tisch und schützte Kopfschmerzen vor, um sich zurückzuziehen. Anstatt nach seinem Weggang den Abend vorzeitig zu beenden, unterhielten sich Chloe und Paige über allerlei Belanglosigkeiten, bis ihnen irgendwann die Themen ausgingen und eine peinliche Stille den Redefluss blockierte. Es war Paige, die den Mund zuerst wieder aufmachte.
„Seien Sie ehrlich, Chloe. Haben Sie was mit meinem Vater?“
Chloe, die gerade an ihrem Cocktail nippte, verschluckte sich und musste erst mal ihren Hustenanfall überwinden, ehe sie antworten konnte.
„Meinen Sie sexuell?“, keuchte sie unter fortwährendem Luftschnappen.
„Natürlich meine ich sexuell, was dachten Sie denn?“ Paige klang ein bisschen irritiert, als wäre Sex das einzige Bindeglied zwischen Mann und Frau und eine platonische Freundschaft schlichtweg unmöglich. Wahrscheinlich hatte sie damit sogar recht.
Nach einem tiefen Atemzug war Chloe in der Lage zu antworten.
„Paige, ich weiß, wie meine Bekanntschaft mit Ihrem Vater möglicherweise auf Sie wirken muss, aber Sie können mir wirklich glauben, dass die Beziehung zu ihm in rein freundschaftlichen und beruflichen Bahnen verläuft.“
„Ach du Scheiße.“
Paige schlug die Hände über dem Kopf zusammen und blinzelte Chloe mitleidig an.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“ Ein leicht ungeduldiger Unterton schwang in ihrer Stimme mit. Sie kam sich veräppelt vor.
„Lieber Himmel, Chloe! Wie alt sind Sie? Achtzig? Sie müssen doch nicht so gestelzt daherreden. Seien Sie doch mal ein bisschen locker. Wir sind hier nicht auf einem Empfang von dieser Queen Elsbeth.“
„Elizabeth“, korrigierte Chloe frostig. Sie war beleidigt. „Außerdem bin ich locker“, setzte sie noch nach und schob schmollend die Unterlippe vor. Anstatt auf den Einwand einzugehen, wechselte Paige abrupt das Thema.
„Sagen Sie mal …“, begann sie gedehnt. „Was hat es eigentlich mit diesem Victor auf sich?“
Chloe war überrascht, dass wohl doch der ältere Seymour-Bruder im Blickpunkt ihres Interesses stand. Sie hätte jede Wette gehalten, dass Paige eher auf Ryan abfuhr. Offensichtlich war Wetten nicht gerade ihre Stärke …
„Nun ja, viel kann ich Ihnen auch nicht über ihn erzählen“, sagte sie schließlich. „Ich kenne ihn kaum.“
„Aber er ist doch der künftige Schwager Ihrer Mutter, da müssten Sie doch über ihn Bescheid wissen.“
Lächelnd entkräftete Chloe den Einwand.
„Tut mir leid, aber da muss ich Sie enttäuschen. Ich weiß erst seit Kurzem von der Beziehung meiner Mutter zu Ryan. Victor habe ich bislang nur zweimal getroffen.“
„Oh …“
„Wieso interessieren Sie sich auf einmal so sehr für ihn?“, hakte Chloe neugierig nach. „Ich hatte eigentlich den Eindruck, dass Sie ihn nicht abkönnen.“
Paige zog die Nase kraus.
„Kann ich auch nicht. Aber ich muss doch wissen, mit wem ich es zu tun bekomme, sollte Dad tatsächlich auf diesen total bescheuerten Vorschlag eingehen und sich bei ihm einmieten.“
Sie schüttelte sich, als würde sie sich ekeln, doch es war nur Show. Chloe fiel auf diese Scharade nicht herein und grinste so breit, dass ihr die Mundwinkel wehtaten.
„Oh Gott, Sie mögen ihn“, rief sie aus.
Paige schüttelte protestierend den Kopf.
„Nein, nein, und nochmals nein! Er ist alt … und er sieht überhaupt nicht gut aus. Außerdem führt er sich auf, als hätte ihm jemand einen Stock in den Hintern gejagt. Bestimmt ist er prüde ohne Ende und …“ Sie hörte auf zu reden, als sie Chloes leises Gelächter wahrnahm, und gab sich geschlagen. „Na gut, ich gebs ja zu, ich finde ihn ehrlich gesagt ziemlich scharf.“
Chloe gluckste auch nach diesem kleinlauten Eingeständnis unablässig vor sich hin.
„Verraten Sie mir eines, ehe ich mich hier komplett zum Affen mache“, meinte Paige gutmütig und schien sich nicht an Chloes Belustigung zu stören. „Hat er eine
Weitere Kostenlose Bücher